Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)
auf den Weg geschwemmt und schlägt jetzt in einer winzigen Pfütze hilflos mit den Flossen. Ich spurte zu ihm, nehme ihn hoch und werfe ihn zurück in den Teich.
Clarence und Mick arbeiten in gelben Ponchos im Hof und sammeln die Reste von der gestrigen Party auf. Angebissenes Obst, Servietten und heruntergefallenes Besteck liegen auf dem Boden herum, dazwischen Blätter und Äste, die beim Unwetter abgerissen wurden. Mit gesenktem Kopf eile ich an ihnen vorbei, froh, dass diese Arbeit nicht mir zugeteilt wurde. Bis ich zu Hause ankomme, bin ich vollkommen durchnässt.
Nachdem ich mich umgezogen und mir die Haare gefönt habe, schließe ich die Tür und lege mich vor der gläsernen Wand, die auf den Dschungel zeigt, der Länge nach auf den Boden. Ich lege den Kopf auf Alais Flanke und sein Schnurren vibriert durch meinen Körper. Die wenigen Fleckchen Himmel, die ich sehen kann, sind voller kohlschwarzer Wolken. Der Regen schüttelt die Blätter an den Bäumen so heftig wie bei einem Sturm. Obwohl die Fensterscheibe durch das überhängende Dach ein wenig geschützt ist, laufen schmale Rinnsale über das Glas. Durch sie betrachtet, sieht die Welt draußen aus wie das Bild in einem Kaleidoskop, vervielfältigt und verzerrt, eine Farbexplosion aus grünen, schwarzen und braunen Tönen.
Ein leises Klopfen an der Tür erinnert mich daran, dass ich heute Morgen vergessen habe, meine schmutzige Wäsche für Tante Nénine vor die Tür zu stellen. Als ich die Tür öffne, steht sie mit einem großen tropfenden Schirm in der Hand vor mir.
»Tut mir leid, Tante Nénine«, murmle ich und flitze durchs Zimmer, um alles, was gewaschen werden muss, zusammenzusuchen. Als ich mein Partykleid unter dem Bett hervorziehe und sehe, in welchem Zustand es ist, verschlägt es mir den Atem. Schmutz, Blätter und der eine oder andere Riss sind der Beweis für meinen nächtlichen Ausflug. In der Nacht hatte es nicht so schlimm ausgesehen, aber da war ich auch noch zu überwältigt von dem, was ich erlebt hatte, um wirklich darauf zu achten.
Es ist zu spät. Tante Nénine hat es gesehen.
»Pia! Was hast du nur mit deinem wunderschönen Kleid gemacht?« Sie nimmt es mir aus der Hand und inspiziert es erschrocken. Dann steckt sie den Finger in einen Riss und schüttelt den Kopf. »Ich kann es flicken, aber ich muss es ein paar Mal waschen, bis es sauber ist.«
»Ich…« Mein Kopf ist vollkommen leer.
»Was hast du dir denn dabei gedacht, damit ins Tierhaus zu laufen? Sieh nur, was der Jaguar mit seinen Klauen angerichtet hat!« Missbilligend schnalzt sie mit der Zunge.
»Oh… natürlich. Das Tierhaus!« Ich sacke zusammen und münze meine Erleichterung in Reue um. »Tut mir echt leid, Tante Nénine. Ich fürchte, ich habe überhaupt nicht nachgedacht.«
»Ich werde sehen, was ich machen kann.« Seufzend schlurft sie hinaus, mein Kleid und die anderen Sachen in einem Wäschesack über dem Arm.
Nachdem sie draußen ist und ich mich wieder entspanne, falte ich einen Teil meiner Karte auf und studiere den Pazifischen Ozean. Mein Gehirn speichert die Namen der Inseln, die wie Skittles auf dem Blau verteilt sind, doch nach einer Weile gehen meine Gedanken auf Wanderschaft.
Ich hole die Passionsblume aus der Nachttischschublade, wo sie in einer flachen Schale mit Wasser gelegen hat, stelle sie neben mich auf den Teppich und betrachte die kompliziert gebaute Blüte. Nur wenige Blüten sind so komplex wie die der Passionsblume und kaum eine ist schöner. Ich erinnere mich an damals, als ich Elysia in der Hand hielt, und bin mir sicher: Diese beiden Blüten sind die schönsten, die ich je gesehen habe. Die Lebensblume und die Passionsblume.
Natürlich muss ich beim Anblick der Blüte sofort an Eio denken. An seinen Jaguar-Anhänger aus Jade auf seiner nackten Brust. An seine dschungelblauen Augen.
Wieder frage ich mich, wer wohl sein Vater ist. Onkel Will habe ich von der Liste gestrichen. Es muss ja nicht einmal unbedingt ein Wissenschaftler sein. Genauso gut könnte es Clarence oder Jacques sein. Wenn ich Eio das nächste Mal sehe, will ich ihn bitten, mir seinen Papi zu beschreiben.
Falls ich ihn das nächste Mal sehe.
»Wann habe ich beschlossen ihn wiederzusehen, Alai?« In dem Moment, in dem ich es gerade eben gedacht habe? Warum habe ich das getan? Ich kann nicht noch einmal hinausgehen. Letzte Nacht war gefährlich genug…
Wovor hast du solche Angst?
Vor Onkel Paolo. Mutter. Selbst vor Onkel Antonio.
Was können sie schon
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