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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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mir und schaut zu mir auf. Einen Augenblick später sagt sie etwas in ihrer Eingeborenensprache und verschwindet wieder. Gelächter brandet auf, dieses Mal rau und ungezügelt. Als ich Eio anschaue, damit er mir übersetzt, was sie gesagt hat, schüttelt er nur den Kopf und wird rot.
    »Ich kann übersetzen«, bietet sich eine schwangere Frau mit glänzenden Augen an. Sie trägt traditionelle ai’oanische Kleidung. Fasziniert blicke ich auf ihren dicken Bauch. Ich habe trächtige Tiere gesehen, aber noch nie eine schwangere Frau. Ich merke, wie ich sacht über meinen eigenen Bauch streichle. Wird mir das auch passieren? Ich bin so hypnotisiert, dass ich die Übersetzung der Frau fast nicht mitbekomme. »Sie hat gesagt, ›eine hässliche Braut für einen hässlichen Jäger‹.«
    »Was?« Ich wirble herum, bis ich Eio finde, und nagle ihn mit einem wütenden Blick fest.
    Er hebt abwehrend die Hände. »Nein, nein! Es ist nicht so, wie… Ich hab nicht…«
    »In Ai’oa ist es Sitte, kleine Karaíba«, fährt die Frau fort, »dass sich ein Jäger eine Frau aus einem anderen Dorf mitbringt, allerdings nur, wenn sie ihn akzeptiert. Aber Eio ist so hässlich, dass ihn wahrscheinlich keines der Mädchen vom Stamm der Awari oder der Hatpato will. Deshalb muss er ein hässliches Wissenschaftler-Mädchen zur Frau nehmen.«
    »Ich habe überhaupt nicht vor, irgendjemandes Frau zu werden«, erwidere ich hitzig. Und Eio ist alles andere als hässlich, aber das sage ich nicht laut. Trotzdem spüre ich, dass ich rot geworden bin.
    »Nein«, bestätigt Eio, »ich habe Pia nicht als meine Frau hergebracht, Luri.«
    »Warum dann?«, fragt Luri. »Schau sie doch an. Sie will nicht wissen, wie wir Annatto und Suma verwenden. Kein Papier und kein Stift. Nichts, um mit uns zu handeln wie die anderen Wissenschaftler.«
    Eio strafft die Schultern und richtet sich zu seiner vollen Größe auf. »Ich habe sie hergebracht, weil ich gestern Nacht den Jaguar gehört habe. Und als ich mich auf die Suche nach ihm gemacht habe, fand ich sie, das Mädchen, das dem Jaguar gebietet. Seht ihr es nicht? Es ist ein Zeichen. Die Geister haben den Jaguar dazu gebracht, dass er ruft, damit ich nach ihm Ausschau halte und sie finden und hierher bringen würde.«
    Daraufhin schweigen sie erst einmal. Ich frage mich, ob sie ihn wohl wieder auslachen, doch ihre Mienen sind ernst. Dann meint Luri: »Das ist eine Sache für die Drei.«
    Die anderen murmeln ihre Zustimmung in Englisch und Ai’oanisch. Die Drei? Ich habe nicht lange Zeit, mir zu überlegen, wer sie wohl sein mögen, denn die Menge vor mir weicht zurück, bis nur noch drei Menschen nebeneinanderstehen.
    Der erste ist prachtvoll gekleidet und trägt einen schweren Kragen aus Papageienfedern, Tierzähnen und Perlen. In der Hand hält er einen Speer, der größer als er selbst und mit Federn umwickelt ist. Neben ihm steht eine untersetzte Frau mit kunstvollen Tattoos im Gesicht und Piercings in Lippen und Nase. Auch ihre Arme sind tätowiert. Sie wirkt so elegant und selbstbewusst, dass mir kaum auffällt, dass sie von der Taille aufwärts nackt ist. Der Mann neben ihr ist älter als die beiden anderen und gebeugt und seine Gesichtshaut hängt in Falten herunter. Sein schütteres Haar ist weiß. Um Schultern und Taille hat er fasrige Ranken geschlungen, an denen Kräutersträußchen, geschnitzte Holzfiguren sowie bunte Perlen und Kalebassen hängen.
    Ich weiß instinktiv, dass dies die Stammesführer sind.
    Der Älteste beobachtet mich mit Augen, die zu einem viel jüngeren Gesicht gehören müssten. Sie sind wach und durchdringend und es fällt mir schwer, seinem Blick längere Zeit standzuhalten. Ich habe das Gefühl, als könne er meine Gedanken lesen. Deshalb schaue ich lieber die Frau an. Sie wirkt sanfter und lächelt verhalten. Ihr Blick ist neugierig und fragend und wandert zwischen Alai und mir hin und her. Der Mann auf ihrer anderen Seite starrt nur unentwegt Eio an.
    Alle scheinen darauf zu warten, dass jemand etwas sagt, und ich hoffe, sie warten nicht auf mich. Ich wüsste nicht, was ich sagen sollte. Ich weiß nicht, was Eio gemeint hat. Sollen sie doch ihn fragen.
    Endlich öffnet der Älteste den Mund. Seine Stimme ist kaum lauter als ein Seufzen, doch jedes Wort ist klar und deutlich. Leider spricht er ai’oanisch, sodass ich ihn nicht verstehe. Luri tritt neben mich und übersetzt leise. »Das Zeichen des Jaguars ist ein mächtiges Zeichen. Wenn der Weitwanderer den Ruf gehört

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