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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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du unbedingt mußt. Aber ich bringe eine sehr viel überzeugendere Verteidigung zustande, wenn wir dieses Gespräch jetzt nicht führen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, daß du diese Lüge über mich erzählst.«
    »Es ist keine Lüge, Katie. Du weißt selbst nicht, was passiert ist, nicht genau. Du hast Coop und Dr. Polacci erzählt, daß es Dinge gibt, an die du dich nicht erinnerst.«
    Katie beugte sich vor. »Ich erinnere mich wohl.«
    Mein Pulsschlag dröhnte mir gegen die Schläfen. »Deine Erinnerung ändert sich ständig, Katie. Seit ich dich kenne, hat sie sich mindestens dreimal geändert.«
    »Der Vater des Kindes heißt Adam Sinclair. Ihm gehört das Haus, das Jacob in State College gemietet hat. Er ist ins Ausland gegangen, bevor er hätte erfahren können, daß ich … ein Baby erwartete.« Ihre Stimme war weich, ihr Gesicht noch weicher. »Zuerst hab ich das völlig ignoriert. Und als ich mir dann schließlich doch eingestehen konnte, was passiert war, war es zu spät. Also hab ich weiter so getan, als wäre alles so wie immer.
    Nachdem ich das Kind bekommen hatte, bin ich im Stall eingeschlafen. Ich wollte ins Haus gehen und das Baby zu meiner Mutter bringen, Ellie, aber meine Beine waren zu zittrig, ich konnte nicht aufstehen. Ich wollte mich bloß einen Moment ausruhen. Und dann bin ich wieder aufgewacht.« Sie sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Und das Baby war verschwunden.«
    »Wieso hast du es nicht gesucht?«
    »Ich hatte solche Angst. Noch mehr Angst als davor, daß meine Eltern es herausfinden könnten, weil ich während der ganzen Zeit, in der ich mir gesagt habe, daß das der Wille des Herrn war, glaube ich, gewußt habe, was ich entdecken würde. Und das wollte ich nicht.«
    Ich starrte sie eindringlich an. »Du könntest das Kind trotzdem getötet haben, Katie. Vielleicht bist du schlafgewandelt. Vielleicht hast du es erstickt, ohne es zu wissen.«
    »Nein.« Inzwischen weinte sie wieder, und ihr Gesicht war rot und fleckig. »Das hätte ich nicht gekonnt, Ellie. Sobald ich den Kleinen sah, wollte ich ihn behalten. Ich wollte ihn so sehr.« Ihre Stimme wurde ganz leise. »In meinem ganzen Leben war dieses Baby das Beste – und das Schlimmste –, was ich je getan habe.«
    »War das Baby noch am Leben, als du eingeschlafen bist?«
    Sie nickte.
    »Wer hat es dann getötet?« Wütend stand ich auf. Geständnisse in letzter Minute waren nicht gerade der Stoff, aus dem erfolgreiche Verteidigungen gemacht sind. »Es war zwei Uhr morgens, das Kind kam zwei Monate zu früh, und niemand wußte, daß du schwanger warst. Wer zum Teufel ist da reingekommen und hat den Kleinen getötet?«
    »Ich weiß es nicht«, schluchzte Katie. »Ich weiß es nicht, aber ich war’s nicht, und du kannst nicht vor Gericht gehen und denen sagen, daß ich es war.« Sie blickte zu mir hoch. »Siehst du denn nicht, was passiert ist, seit ich angefangen habe zu lügen? Meine ganze Welt ist in Scherben gegangen, Ellie. Ein Kind ist gestorben. Alles ist schiefgelaufen.« Sie ballte die Fäuste. »Ich will meine Angelegenheiten in Ordnung bringen.«
    Schon allein bei dem Gedanken wurde mir schwindelig. »Hier geht es nicht um eine Beichte vor ein paar Predigern, Katie. Das bringt dir vielleicht die Vergebung deiner amischen Gemeinde, aber in einem Gerichtssaal bringt dir das fünfzehn Jahre bis lebenslänglich.«
    »Ich verstehe nicht –«
    »Nein, tust du auch nicht. Deshalb hast du mich ja als Anwältin engagiert – um dich durch dieses System zu führen. Die einzige Möglichkeit, einen Freispruch für dich zu erreichen, besteht darin, daß ich mit einer guten Verteidigung da reingehe. Und die beste, die wir haben, ist nun mal Unzurechnungsfähigkeit. Kein Gericht der Welt würde dir glauben, wenn du im Zeugenstand aussagst, du seist eingeschlafen und wieder wach geworden und, da schau her, das Baby war weg. Und praktischerweise auch noch tot.«
    Katies Mund verhärtete sich. »Aber das ist die Wahrheit.«
    »Der einzige Ort, wo die Wahrheit dich vor einer Verurteilung wegen Mordes bewahren würde, wäre eine vollkommene Welt. Und ein Gerichtssaal ist weit davon entfernt. Da geht es vom ersten Augenblick an nicht darum, was wirklich passiert ist, sondern darum, wer die beste Geschichte hat, die er den Geschworenen überzeugend verkaufen kann.«
    »Mir ist egal, ob das eine vollkommene Welt ist oder nicht«, sagte Katie. »Es ist jedenfalls nicht meine Welt.«
    »Wenn du im Zeugenstand die

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