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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ungehorsam gegen ihn, und er leidet.« Sie fügte hinzu. »Nicht, daß er dich nicht sehen möchte oder dich nicht liebt. Er ist ein guter Mann, hart mit anderen – aber am härtesten mit sich selbst. Als du die Gemeinde verlassen hast, hat er nicht dir die Schuld dafür gegeben.«
    Jacob schnaubte. »Das habe ich aber anders in Erinnerung.«
    »Es ist wahr. Er hat sich selbst die Schuld gegeben, weil er dein Vater ist und dich nicht so erzogen hat, daß du bleiben wolltest.«
    »Meine Freude am Lernen hatte nichts mit ihm zu tun.«
    »Das denkst du«, sagte Sarah, »aber dein Dad sieht das nicht so.« Sie legte eine Hand auf Jacobs Schulter, als wollte sie ihn nie wieder gehen lassen. »All die Jahre hat er sich selbst gestraft.«
    »Indem er mich verbannt hat?«
    »Indem er das aufgegeben hat, was ihm mehr bedeutete als alles andere«, erwiderte Sarah leise. »Seinen Sohn.«
    Jacob stand unvermittelt auf und sah Katie an. »Hast du Lust auf einen Spaziergang?«
    Sie nickte strahlend, stolz, daß die Wahl auf sie gefallen war. Sie waren schon fast an der Tür, als Sarah hinter Jacob her rief: »Bleibst du über Nacht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das werde ich dir nicht antun«, sagte er sanft. »Aber ob es ihm paßt oder nicht, Mam, ich komme jetzt öfter.«
    Manchmal, wenn ich bei den Fishers in meinem Bett lag, fragte ich mich, ob ich mich wohl je wieder an das Stadtleben würde gewöhnen können. Wie würde es sein, beim Einschlafen keine Eulen mehr zu hören, sondern dröhnende Busse? Die Augen in einem Raum zu schließen, der nie ganz dunkel wurde, weil das Licht der Neonreklamen und Straßenlampen durchs Fenster drang? In einem Gebäude zu arbeiten, das so hoch war, daß ich den Duft nach Klee und Löwenzahn unter meinen Füßen nicht mehr riechen konnte?
    In jener Nacht ging der Mond gelb wie ein Wolfsauge auf und blinzelte mir im Bett zu, wo ich darauf wartete, daß Katie von ihrem Spaziergang mit Jacob zurückkam. Ich hatte gehofft, ein bißchen mit ihm über seine Aussage reden zu können, aber er und Katie waren verschwunden und noch immer nicht wieder da, als Elam ins Groossdaadi-Haus ging, als Aaron nach einem letzten Rundgang durch den Stall wortlos nach oben stapfte, als Sarah in allen Zimmern die Gaslampen löschte.
    Es war schon weit nach zwei Uhr morgens, als Katie endlich ins Zimmer schlüpfte. »Ich bin wach«, verkündete ich. »Also bemüh dich nicht unnötig, leise zu sein.«
    Katie, die gerade ihre Schürze abnahm, stockte, nickte dann und zog sich weiter aus. Sittsam mit dem Rücken zu mir, stieg sie aus ihrem Kleid und hängte es an einen der hölzernen Kleiderhaken, dann zog sie sich ihr Nachthemd über.
    »Es war bestimmt schön, Jacob mal ganz für dich allein zu haben.«
    »Jaja«, sagte Katie halblaut, aber ganz ohne die Begeisterung, die ich erwartet hatte.
    Besorgt stützte ich mich auf einen Ellbogen. »Alles in Ordnung?«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Müde, mehr nicht. Wir haben ein bißchen über den Prozeß gesprochen, und das hat mich ziemlich angestrengt.« Nach einem Moment fügte sie hinzu. »Ich hab ihm gesagt, daß du allen erzählen willst, daß ich verrückt bin.«
    Das entsprach zwar nicht ganz meiner Ausdrucksweise, war aber in etwa korrekt. »Was meint Jacob dazu?«
    »Er hat gesagt, du bist eine gute Anwältin und weißt, was du tust.«
    »Kluger Junge. Was hat er sonst erzählt?«
    Katie zuckte die Achseln. »Alles Mögliche«, sagte sie. »Viel von sich.«
    Ich ließ mich zurücksinken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich glaube, er hat deinen Vater heute abend ziemlich aus der Fassung gebracht.«
    Als keine Antwort kam, nahm ich an, Katie wäre schon eingeschlafen, und fuhr zusammen, als sie sich ruckartig aus dem Bett schwang und die Rollos herunterzog. »Dieser Mond«, murmelte sie. »Er ist so hell, daß man gar nicht schlafen kann.«
    Die Rollos in unserem Zimmer waren jagdgrün, wie alle Rollos im Haus. An der Farbe der Rollos konnte man ein amisches Haus von einem englischen Haus unterscheiden – und daran, daß keine Stromleitungen zum Haus führten.
    »Wieso sind die Rollos eigentlich grün?« fragte ich, sicher, daß es dafür genauso eine Erklärung gab wie für jede andere Eigentümlichkeit des amischen Lebens.
    Katies Gesicht war von mir abgewandt, ihre Stimme klang belegt. Wäre meine Frage nicht so banal gewesen, ich hätte gedacht, daß sie weinte. »Weil«, sagte sie, »das schon immer so war.«
    Als ich am Tag der letzten

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