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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ihr bestimmt heiraten.«
    »Na ja«, sagte ich, »das weiß ich noch nicht so recht.«
    »Ich wette, er will dich heiraten.«
    Ich wandte mich ihr zu. »Coop ist nicht derjenige von uns beiden, der Bedenken hat.«
    Ich rechnete damit, daß sie mich verständnislos ansehen und sich fragen würde, warum ich vor dieser naheliegenden und bequemen Lösung zurückschreckte. Ich hatte einen Mann, der mich liebte, der der Vater dieses Kindes war, der dieses Kind wollte. Ich verstand mein Zögern ja selbst nicht.
    »Als ich gemerkt habe, daß ich schwanger war«, sagte Katie leise, »hab ich daran gedacht, es Adam zu sagen. Er war fort, aber ich hätte ihn bestimmt ausfindig machen können, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Und dann wurde mir klar, daß ich es Adam in Wahrheit gar nicht sagen wollte. Nicht, weil er ärgerlich gewesen wäre – ach, nein, im Gegenteil. Ich wollte es ihm nicht erzählen, weil ich dann nicht mehr die Möglichkeit gehabt hätte, mich zu entscheiden. Ich hätte die Verantwortung übernommen. Aber ich hatte Angst, daß ich das Baby vielleicht eines Tages ansehen würde ohne zu denken, ich liebe dich …«
    Ihre Stimme erstarb, und ich wandte den Kopf, um ihren Blick aufzufangen. »Daß ich mich fragen würde, wie nur alles so hatte kommen können.«
    Katie starrte auf die glatte Oberfläche des Teiches in der Ferne. »Genau«, sagte sie.
    Sarah ging zum Hühnerstall. »Du mußt das nicht tun«, sagte sie zum dritten Mal zu mir.
    Aber ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich den ganzen Morgen verschlafen hatte. »Das macht mir wirklich nichts«, sagte ich. Die Fishers hielten vierundzwanzig Legehennen. Katie und ich versorgten morgens die Hühner, das heißt, wir fütterten sie und sammelten die Eier ein. Zu Anfang hatten sie heftig auf mich eingehackt, doch inzwischen hatte ich gelernt, die Hand unter einen warmen Hühnerhintern zu schieben, ohne irgendwelche Verletzungen davonzutragen. Und jetzt bot sich mir Gelegenheit, Sarah zu demonstrieren, daß ich doch etwas gelernt hatte.
    Sarah wiederum wollte die Gelegenheit nutzen, um mich über Katies Prozeß auszufragen. Da Aaron außer Hörweite war, erkundigte sie sich nach dem Staatsanwalt, den Zeugen, der Richterin. Sie fragte, ob Katie vor Gericht aussagen müßte. Ob wir gewinnen würden.
    Diese letzte Frage stellte sie vor der Tür zum Hühnerstall. »Ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Ich tue mein Bestes.«
    Ein Lächeln breitete sich über Sarahs Gesicht aus. »Ja«, sagte sie freundlich. »Du machst das gut.«
    Sie schob die Holztür auf, und Federn wirbelten durch die Luft, als die Hühner aufgescheucht gackerten und wild durcheinander rannten. Aus irgendeinem Grund mußte ich hier im Hühnerstall an ältere Damen denken, die beim Friseur miteinander klatschen und tratschen, und ich mußte schmunzeln, als eine aufgeregte Henne mir um die Beine fegte. Ich fing an, nach Eiern zu suchen.
    »Nein,« gebot Sarah mir Einhalt, als ich die Hand nach einer rostbraunen Henne ausstreckte. »Die ist noch nicht so weit.« Ich sah zu, wie sie sich ein Huhn unter den Arm klemmte und mit den Fingern zwischen die am Hinterteil vorstehenden Knochen drückte. »Aha, die hier hat aufgehört, Eier zu legen«, sagte sie und hielt mir das Tier an den Füßen hin. »Halt mal, ich brauche noch eine.«
    Das Huhn in meiner Hand zappelte verzweifelt, um freizukommen. Verwirrt hielt ich die knotigen Beine noch fester, bis Sarah sich eine zweite Henne geschnappt hatte. Auf dem Weg zur Tür scheuchte sie andere Hühner vor sich her. »Was ist denn mit ihren Eiern?« fragte ich.
    »Die legen keine Eier mehr. Deshalb gibt’s sie heute abend zum Essen.«
    Ich blieb wie vom Schlag getroffen stehen, sah zu der Henne hinunter und hätte sie fast losgelassen. »Nun komm«, sagte Sarah und verschwand hinter dem Stall.
    Dort standen schon ein Hackblock, eine Axt und ein Eimer voll kochendheißem Wasser bereit. Mit einer geschmeidigen Bewegung hob Sarah die Axt, schwang das Huhn auf den Block und schlug ihm den Kopf ab. Als sie seine Beine losließ, machte das enthauptete Huhn einen Purzelbaum und tanzte in einer Pfütze aus seinem eigenen Blut. Entsetzt sah ich, wie Sarah nach dem Huhn in meiner Hand griff; ich spürte noch, wie sie es aus meiner festen Umklammerung zog, dann fiel ich auf die Knie und erbrach mich.
    Einen Moment später glitt Sarahs Hand tröstend über mein Haar. »Ach, Ellie«, sagte sie, »ich hab gedacht, du wüßtest Bescheid.«
    Ich schüttelte den

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