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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zu sagen, was er am allerwenigsten erwartete.
    »Wieso steckt sie in Schwierigkeiten?« fragte Adam Sinclair, und beugte sich über den Tisch des Schnellrestaurants. »Etwa weil sie nicht verheiratet war, als sie das Kind bekommen hat? Mein Gott, wenn sie mir doch nur geschrieben hätte, dann wäre das nicht passiert.«
    »Sie konnte Ihnen nicht schreiben«, sagte ich sanft. »Jacob hat Ihre Briefe nicht an sie weitergeleitet.«
    »Wieso nicht? Dieser Mistkerl –«
    »– hat das getan, was seiner Ansicht nach für seine Schwester am besten war«, sagte ich. »Er hat geglaubt, daß sie mit dem Stigma nicht hätte leben können, ihre Familie und Gemeinde zu verlassen, und das hätte sie tun müssen, wenn sie Sie geheiratet hätte.«
    Adam schob seinen Teller weg. »Hören Sie. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mich verständigt haben und daß Sie mich vom Flughafen hierhergebracht haben. Ich bin Ihnen sogar für die Einladung zum Mittagessen dankbar. Aber ich bin sicher, daß Katie inzwischen mit dem Baby zu Hause ist, und ich muß wirklich persönlich mit ihr sprechen.«
    Ich betrachtete seine Hände, die auf dem Tisch lagen, und stellte mir vor, wie sie Katie berührten, sie streichelten. Und mit einem großen und jähen Zorn verabscheute ich den Mann, den ich kaum kannte, dafür, daß er Katie, ohne es zu wollen, in diese Lage gebracht hatte. Wie hatte er sich anmaßen können zu meinen, daß seine Zuneigung zu Katie stärker war als alles, woran Katie glaubte? Wie hatte er sich anmaßen können, ein achtzehnjähriges Mädchen zu verführen, wo er es doch eindeutig besser hätte wissen müssen.
    Etwas davon mußte sich wohl auf meinem Gesicht gespiegelt haben, denn Coop legte mir unter dem Tisch warnend eine Hand auf den Oberschenkel. Ich blinzelte und konnte Adam wieder klar sehen: seine hellen Augen, seinen wippenden Fuß, seine hektischen Seitenblicke, immer wenn die Glocke über der Tür bimmelte, als erwartete er, daß Katie und sein Sohn jeden Augenblick hereinkämen.
    »Adam«, sagte ich, »das Baby hat nicht überlebt.«
    Er erstarrte. Mit präzisen Bewegungen faltete er die Hände auf dem Tisch, die Finger so fest ineinandergekrallt, daß die Spitzen weiß wurden. »Was …«, sagte er leise, und die Stimme versagte ihm. »Was ist passiert?«
    »Wir wissen es nicht. Es kam zu früh und ist gleich nach der Entbindung gestorben.«
    Adams Kopf sank herab. »In den letzten drei Tagen seit ihrem Anruf habe ich an nichts anderes mehr gedacht als an das Baby. Ob es wohl ihre Augen hat oder mein Kinn. Ob ich ihn sofort erkennen würde. Gott. Wenn ich hier gewesen wäre, vielleicht hätte ich irgendwas tun können.«
    Ich sah Coop an. »Wir wollten es Ihnen nicht am Telefon sagen.«
    »Nein. Nein, natürlich nicht.« Adam blickte auf und wischte sich rasch über die Augen. »Katie muß verzweifelt sein.«
    »Das ist sie«, sagte Coop.
    »Haben Sie das mit den Schwierigkeiten gemeint, in denen sie steckt? Wollten Sie, daß ich komme, weil sie todtraurig ist?«
    »Wir brauchen Sie, damit Sie vor Gericht für sie aussagen«, sagte ich ruhig. »Katie ist angeklagt, das Baby ermordet zu haben.«
    Er fuhr zurück. »Niemals.«
    »Nein, ich glaube es auch nicht.«
    Adam sprang auf und warf seine Serviette auf den Tisch. »Ich muß sie sehen. Sofort.«
    »Es wäre mir lieber, wenn Sie noch warten würden.« Ich trat vor ihn, verstellte ihm den Weg zum Ausgang.
    Adam sah mich finster an. »Es interessiert mich einen Scheißdreck, was Sie möchten!«
    »Katie weiß nicht mal, daß Sie hier sind.«
    »Dann wird es höchste Zeit, daß sie es erfährt.«
    Ich legte ihm eine Hand auf den Arm. »Als Katies Anwältin bin ich der Meinung, daß die Geschworenen von Katies Gefühlen gerührt sein werden, wenn sie miterleben, wie sie bei eurem Wiedersehen reagiert. Sie werden denken, daß jemand, dem man seine Empfindungen so deutlich ansieht, nicht in der Lage sein kann, sein eigenes Kind kaltblütig umzubringen.« Ich trat zurück. »Wenn Sie Katie jetzt sehen wollen, bringe ich Sie zu ihr, Adam. Aber überlegen Sie es sich gut. Denn als Katie Sie das letzte Mal brauchte, waren Sie nicht da, um ihr zu helfen. Diesmal könnten Sie es.«
    Adam blickte von mir zu Coop und sank dann langsam wieder auf seinen Sitz.
    Als Adam zur Toilette ging, sagte ich zu Coop, daß wir miteinander reden müßten.
    »Ich bin ganz Ohr.« Coop fischte sich eine Pommes von meinem Teller und schob sie sich in den Mund.
    »Ungestört.«
    »Mit Vergnügen«,

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