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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sagte Coop, »aber was mache ich solange mit dem Jungen?«
    »Halt ihn fern von Katie.« Ich seufzte und überlegte schon, ob ich es ihm nicht besser erst nach dem Prozeß sagen sollte; schließlich hatte Katie zur Zeit Vorrang. Aber ein einziger Blick auf Adam Sinclair hatte mir den Schmerz vor Augen geführt, der daraus entstehen konnte, wenn man schwieg, selbst wenn man beste Absichten hegte.
    Adam nahm mir die Entscheidung ab. Er kam mit rotgeränderten Augen und frisch nach Seife riechend von der Toilette zurück und blieb linkisch vor dem Tisch stehen. »Wenn es nicht zu große Umstände macht«, sagte er, »könnten Sie mich vielleicht zum Grab meines Sohnes bringen?«
    Coop parkte vor dem amischen Friedhof. »Nehmen Sie sich soviel Zeit, wie Sie möchten«, sagte er. Adam stieg aus, die Schultern gegen den Wind hochgezogen, und ich führte ihn durch das kleine Tor.
    Wir wirbelten kleine Wolken von Laub auf, als wir zu dem frischen Grab gingen. Der Stein, der von Katie beschädigt worden war, hatte eine winterliche Farbe. Adam schob die Hände in die Taschen und sagte, ohne mich anzusehen. »Die Beerdigung … waren Sie dabei?«
    »Ja. Es war würdevoll.«
    »Hat es eine Trauerfeier gegeben? Blumen?«
    Ich dachte an das kurze, bemühte Gebet, das der Bischof gesprochen hatte, daran, daß nach amischem Brauch keinerlei Grabschmuck erlaubt war, geschweige denn Blumen oder ausgefallene Grabsteine. »Es war würdevoll«, wiederholte ich.
    Adam nickte, dann setzte er sich auf den Boden neben dem Grab. Er streckte die Hand aus, fuhr behutsam mit den Fingern über die abgerundete Kante des Grabsteins, wie ein frischgebackener Vater vielleicht ehrfürchtig eine weiche Babywange berührt. Mit brennenden Augen wandte ich mich abrupt ab und ging zurück zu Coops Wagen.
    Als ich auf den Beifahrersitz glitt, beobachtete Coop Adam durchs Fenster. »Der arme Kerl. Das muß furchtbar sein.«
    »Coop«, sagte ich. »Ich bin schwanger.«
    Er sah mich an. » Was bist du?«
    Ich faltete die Hände über meinem Bauch. »Du hast richtig gehört.«
    Die Tatsache, daß es dieses Baby gab, hatte mich durcheinandergebracht. Ich hatte Coop einmal aus falschen Gründen verlassen; ich wollte jetzt nicht aus falschen Gründen bei ihm bleiben. Ich starrte ihm ins Gesicht, wartete, beschwor mich, daß seine Reaktion meine Entscheidung für die Zukunft nicht im geringsten beeinflussen würde, fragte mich, warum ich denn dann so sehnsüchtig auf seine Reaktion wartete. Zum ersten Mal, seit ich mich erinnern konnte, war ich mir seiner Gefühle für mich nicht sicher. Klar, er hatte mich gefragt, ob ich bei ihm einziehen würde, aber das hier war etwas ganz anderes. Vielleicht wollte er ja wirklich mit mir zusammenleben, aber einen so folgenschweren Auftakt hatte er bestimmt nicht erwartet. Er hatte nie von Heirat gesprochen. Er hatte nie von Kindern gesprochen.
    Ich hatte Coop den besten Grund dafür geliefert, aus meinem Leben zu verschwinden und mir den Freiraum zu lassen, den ich immer gewollt hatte – doch jetzt wurde mir klar, daß ich nicht wollte, daß er ging.
    Als er nicht lächelte oder mich berührte oder überhaupt irgendwas tat, sondern nur wie erstarrt dasaß, packte mich Panik. Vielleicht hatte Katie recht gehabt; vielleicht hätte ich besser noch ein paar Tage warten sollen, oder noch länger. »Na«, sagte ich mit zitternder Stimme. »Was meinst du dazu?«
    Er griff über den Sitz und zog meine Hand weg. Er schob mein Sweatshirt ein Stück weit hoch, beugte sich vor, und dann spürte ich, wie er meinen Bauch küßte.
    Ich stieß die Luft, von der ich gar nicht gewußt hatte, daß ich sie anhielt, mit einer mächtigen Welle der Erleichterung aus. Ich wiegte seinen Kopf in den Händen und strich ihm durchs Haar, während Coop die Arme um meine Hüften schlang und mich festhielt, uns beide festhielt.
    Er bestand darauf, mich zur Tür der Fishers zu begleiten. »Ich bin nicht behindert, Coop«, wandte ich ein. »Bloß schwanger.« Aber die Feministin in mir gab nach, insgeheim entzückt, wie Zuckerwatte behandelt zu werden.
    Auf der Veranda nahm er meine beiden Hände und drehte mich so, daß ich ihn ansah. »Ich weiß, das kommt normalerweise, bevor man ein Baby zeugt, aber du sollst wissen, daß ich dich liebe. Ich liebe dich schon so lange, daß ich gar nicht mehr weiß, wann es angefangen hat.«
    »Ich aber. Das war auf der College-Party, irgendwann nachdem du dich sinnlos betrunken hattest und bevor der Strip-Poker

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