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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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mir war.« Er sah seine Schwester an. »Für mich war es etwas ganz Besonderes, sie bei mir zu haben. Es war ein Stück Zuhause, das den weiten Weg zu mir gefunden hatte. Ich wollte sie unter keinen Umständen abschrecken.«
    »Das hört sich an, als hätten Sie sie sehr gern.«
    »Das stimmt«, sagte Jacob. »Sie ist meine Schwester.«
    »Beschreiben Sie Katie für uns.«
    »Sie ist lieb, freundlich, gut. Rücksichtsvoll. Uneigennützig. Sie tut, was getan werden muß. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß sie mal eine wunderbare Ehefrau und eine wunderbare Mutter wird.«
    »Trotzdem steht sie heute wegen Mordes an einem Neugeborenen vor Gericht.«
    Jacob schüttelte den Kopf. »Das Ganze ist verrückt. Wer sie kennt, wer weiß, wie sie erzogen worden ist, muß schon allein den Gedanken, daß Katie einen Menschen ermordet, für lächerlich halten. Früher hat sie Spinnen, die an den Wänden im Haus hochkrabbelten, nicht getötet, sondern gefangen und draußen ausgesetzt.« Er seufzte. »Ich kann Ihnen unmöglich verständlich machen, was es bedeutet, amisch zu sein, weil die meisten Leute nur die Kutschen und die seltsame Kleidung sehen und nicht die Überzeugungen, die die Amischen wirklich ausmachen. Aber eine Mordanklage – nun ja, das gehört in die englische Welt. In der amischen Gemeinde gibt es weder Mord noch Gewalt, weil die Amischen von Kindesbeinen an lernen, auch die andere Wange hinzuhalten, wie Christus, statt die Vergeltung in die eigenen Hände zu nehmen.«
    Jacob beugte sich vor. »In der Grundschule wird den amischen Kindern eine bestimmte Reihenfolge eingetrichtert: Jesus kommt an erster Stelle, dann die anderen und zuletzt man selbst. Die Kinder lernen zuallererst, daß es stets eine höhere Autorität gibt, der sie sich fügen müssen – seien es die Eltern, das Wohl der Gemeinde oder Gott.« Jacob sah seine Schwester an. »Wenn Katie in einer schwierigen Situation gewesen wäre, hätte sie sie akzeptiert. Sie hätte nicht versucht, sich auf Kosten eines anderen Menschen zu retten. Katie hätte nicht mal im Traum daran gedacht, in der Tötung des Babys eine Lösung zu sehen, weil sie nun mal nicht so eigennützig sein könnte.«
    Ellie verschränkte die Arme. »Jacob, sagt Ihnen der Name Adam Sinclair etwas?«
    »Einspruch«, sagte George. »Inwiefern relevant?«
    »Euer Ehren, darf ich vortreten?« fragte Ellie. Die Richterin winkte die beiden Anwälte zu sich. »Wenn Sie mir ein bißchen Spielraum geben, wird klar, worauf ich hinauswill.«
    »Ich lasse die Frage zu.«
    Ellie stellte die Frage ein zweites Mal. »Er ist mein Vermieter«, antwortete Jacob. »Ich habe in State College ein Haus von ihm gemietet.«
    »Kannten Sie ihn persönlich, bevor Sie das Mietverhältnis eingingen?«
    »Wir waren Bekannte.«
    »Welchen Eindruck hatten Sie von Adam Sinclair?«
    Jacob zuckte die Achseln. »Ich mochte ihn sehr. Er war älter als die meisten meiner Kommilitonen, weil er schon promovierte. Er ist ein heller Kopf. Aber ganz besonders hat mir an ihm gefallen, daß er – wie ich – in erster Linie studieren wollte, statt sich zu amüsieren.«
    »Hat Adam Ihre Schwester kennengelernt?«
    »Ja, er war ein paarmal mit uns zusammen, bevor er zu Forschungszwecken ins Ausland ging.«
    »Wußte er, daß Katie amisch ist?«
    »Natürlich«, sagte Jacob.
    »Wann haben Sie zuletzt mit Adam Sinclair gesprochen?«
    »Vor etwa einem Jahr. Soweit ich weiß, ist Adam noch immer weit weg in Schottland.«
    Ellie lächelte. »Danke, Jacob. Keine weiteren Fragen.«
    George schob die Hände in die Taschen und blickte finster auf die offene Akte, die auf seinem Tisch lag. »Sie sind heute hier, um Ihrer Schwester zu helfen, ist das richtig?«
    »Ja«, sagte Jacob.
    »So gut Sie können?«
    »Natürlich. Ich möchte, daß die Geschworenen die Wahrheit über sie erfahren.«
    »Auch wenn Sie sie dafür belügen müssen?«
    »Ich würde nicht lügen, Mr. Callahan.«
    »Natürlich nicht«, sagte George überschwenglich. »Jedenfalls nicht wie Ihre Schwester.«
    »Sie hat nicht gelogen!«
    George runzelte die Stirn. »Das scheint ein typisches Muster in Ihrer Familie zu sein. Sie sind nicht amisch, Ihre Schwester verhält sich nicht amisch; Sie haben gelogen, sie hat gelogen –«
    »Einspruch«, sagte Ellie kühl. »Wo bleiben die Fragen an den Zeugen?«
    »Stattgegeben.«
    »Sie haben Ihren Vater belogen, bevor Sie aus der Gemeinde ausgeschlossen wurden, nicht wahr?«
    »Ich habe die Tatsache verschwiegen, daß ich

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