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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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niemals aus eigenem Antrieb. Sie blickte über die Schulter zu ihrer Mutter, so daß ihre Kapp verrutschte. »Ich möchte keinen«, sagte sie leise.
    »Wissen Sie, was das heißt, Miss Fisher? Sagen Sie das auf Anraten Ihrer Eltern?« Katie senkte den Blick. »Die Anschuldigungen gegen Sie sind äußerst schwerwiegend, und ich denke, Sie sollten sich einen Rechtsbeistand nehmen. Wenn Sie die Voraussetzungen für einen Pflichtverteidiger erfüllen –«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    Wie alle anderen im Gerichtssaal wandte sich auch Katie zu der selbstbewußten Stimme um, die von der Tür her zu vernehmen war. Eine Frau in einem maßgeschneiderten blauen Kostüm und hochhackigen Schuhen, die Haare so kurz geschnitten wie ein Mann, kam mit energischen Schritten auf ihren Tisch zu. Ohne Katie eines Blickes zu würdigen, stellte die Frau ihre Aktentasche ab und nickte dem Richter zu. »Ich bin Eleanor Hathaway, die Verteidigerin der Angeklagten. Ms. Fisher benötigt keinen Pflichtverteidiger. Ich entschuldige mich für meine Verspätung, Richter Gorman. Dürfte ich mich fünf Minuten mit meiner Mandantin beraten?«
    Der Richter signalisierte seine Zustimmung mit einer Handbewegung, und bevor Katie richtig verstanden hatte, was eigentlich vor sich ging, zog diese Fremde, diese Eleanor Hathaway, sie auch schon hoch. Katie hielt ihre Kapp fest und hastete hinter der Anwältin den Mittelgang hinunter. Sie sah Tante Leda weinen und ihr zuwinken, und sie wollte schon zurückwinken, als sie merkte, daß die Begrüßung Eleanor Hathaway galt, nicht ihr.
    Die Anwältin dirigierte Katie in ein kleines Zimmer, in dem Büromaterial lagerte. Sie schloß die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme. »Ich möchte mich für meinen überraschenden Auftritt entschuldigen. Ich bin Ellie Hathaway, und ich hoffe inständig, daß du Katie bist. Wir werden später noch reichlich Zeit haben, uns zu unterhalten, aber jetzt muß ich erst mal wissen, warum du eine anwaltliche Vertretung abgelehnt hast.«
    Katies Mund öffnete und schloß sich einige Male, bevor sie ihre Stimme wiederfand. »Mein Dad hätte etwas dagegen.«
    Ellie verdrehte die Augen, offenbar unbeeindruckt. »Du wirst heute auf nicht schuldig plädieren, und danach unterhalten wir uns ein bißchen. So, wenn ich mir die Anklagepunkte ansehe, gibt’s für dich keine Kaution, wenn wir nicht um die Beweislage- und Schuldvermutungsklausel herumkommen.«
    »Ich … ich verstehe nicht.«
    Ohne von dem Packen Unterlagen aufzublicken, den sie rasch durchsah, antwortete Ellie: »Das heißt, wenn du wegen Mordes angeklagt wirst und die Beweislage klar oder die Schuldvermutung groß ist, dann gibt es keine Kaution. Dann sitzt du ein Jahr im Gefängnis, bis dein Fall verhandelt wird. Verstanden?« Katie schluckte, nickte. »Wir müssen hier also irgendeine kleine Lücke finden.«
    Katie starrte die Frau an, die mit Worten sprach, scharf wie eine Schwertspitze, und gekommen war, um sie zu retten. »Ich hab kein Kind bekommen.«
    »Verstehe. Und das, obwohl zwei Ärzte und das ganze Krankenhaus, von den Cops mal ganz zu schweigen, das Gegenteil behaupten?«
    »Ich hab kein Kind bekommen.«
    Ellie hob langsam den Blick. »Also gut«, sagte sie. »Dann werde ich diese Lücke wohl selbst finden müssen.«
    Richter Gorman war dabei, sich die Fingernägel zu schneiden, als Ellie und Katie wieder in den Gerichtssaal traten. Er fegte die Nagelschnipsel auf den Boden. »Ich glaube, wir waren gerade bei ›Worauf plädieren Sie?‹«
    Ellie erhob sich. »Meine Mandantin plädiert auf nicht schuldig, Euer Ehren.«
    Der Richter blickte zur Staatsanwaltschaft. »Mr. Callahan, gibt es von seiten des Staates eine Kautionsempfehlung?«
    George stand rasch auf. »Euer Ehren, meines Wissens sieht die Kautionsverordnung des Staates Pennsylvania vor, daß Personen, die des Mordes angeklagt sind, nicht gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt werden dürfen.«
    »Euer Ehren«, wandte Ellie ein, »ich gebe zu Bedenken, daß eine Kaution, wenn Sie sich den Wortlaut der Verordnung genau durchlesen, nur dann verweigert werden kann, wenn ›die Beweislage klar oder die Schuldvermutung groß‹ ist. Es gibt also durchaus Ausnahmen. Vor allem in diesem Fall ist die Beweislage nicht klar und die Schuldvermutung nicht groß, daß es sich um einen Fall vorsätzlicher Tötung handelt. Es gibt einige Indizienbeweise – insbesondere die Aussagen der Ärzte, daß Ms. Fisher ein Kind geboren hat, und

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