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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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weinte und hatte die Arme nach ihrer Mutter ausgestreckt, als einer der beiden Polizisten eine Hand auf ihre Kapp legte und sie in den Streifenwagen schob. »Sie können uns zum Bezirksgericht folgen, Ma’am«, sagte er höflich zu Sarah, dann stieg er ein.
    Als der Wagen abfuhr, schlang Leda die Arme um ihre Schwester. »Sie haben mein Kind mitgenommen«, schluchzte Sarah. »Sie haben mein Kind mitgenommen.«
    Leda wußte, wie unwohl Sarah dabei war, mit ihr in einem Auto zu fahren, aber besondere Umstände erforderten Kompromisse. Mit jemandem zu fahren, der unter Bann stand, war nicht so beängstigend, wie in einem Gericht mit anhören zu müssen, wie gegen die eigene Tochter wegen Mordes Anklage erhoben wurde. Und das stand Sarah als nächstes bevor.
    »Du wartest hier«, sagte Leda und bog in ihre Einfahrt ein. »Ich hole Frank.« Sie ließ Sarah auf dem Beifahrersitz sitzen und rannte ins Haus.
    Frank war im Wohnzimmer und sah sich die Wiederholung einer Sitcom an. Ein Blick in das Gesicht seiner Frau genügte, und er sprang auf. »Alles in Ordnung?«
    »Es geht um Katie. Sie wird gerade zum Bezirksgericht gebracht. Sie haben sie wegen Mordes verhaftet.« Leda brachte gerade noch den letzten Satz heraus, bevor sie die Fassung verlor und ihrem Kummer in den Armen ihres Mannes so freien Lauf ließ, wie sie es vor Sarah niemals getan hätte. »Ephram Stoltzfus hat bei den amischen Geschäftsleuten zwanzigtausend Dollar für Katies Verteidigung gesammelt, aber Aaron will keinen Penny annehmen.«
    »Sie wird einen Pflichtverteidiger bekommen, Schatz.«
    »Nein – Aaron erwartet, daß sie auch die andere Wange hinhält. Und nach dem, was er mit Jacob gemacht hat, wird Katie sich ihm nicht widersetzen.« Sie barg das Gesicht im Hemd ihres Mannes. »Sie kann nicht gewinnen. Sie hat die Tat nicht begangen und wird trotzdem ins Gefängnis kommen.«
    »Denk an David und Goliath«, sagte Frank. Mit dem Daumen wischte er Leda die Tränen ab. »Wo ist Sarah?«
    »Sie wartet im Auto.«
    Er schlang einen Arm um ihre Taille. »Laß uns gehen.«
    Gleich nachdem sie gegangen waren, kam Ellie in Jogginghose und ärmellosem T-shirt ins Wohnzimmer. Sie hatte sich nebenan ihre Laufschuhe angezogen, während Leda mit Frank gesprochen hatte – und sie hatte jedes Wort gehört. Mit unbeweglicher Miene trat Ellie an das große Fenster und schaute Ledas Wagen nach, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Katie mußte ihre Hände unter dem Tisch verstecken, damit niemand sah, wie sehr sie zitterten. Irgendwie hatte sie im Polizeiwagen die Nadel verloren, mit der ihre Kapp festgesteckt war. Die saß ihr nun schräg auf dem Kopf und verrutschte bei jeder Bewegung. Aber sie wollte sie nicht abnehmen – gerade jetzt nicht –, da sie ihren Kopf bedeckt haben mußte, wenn sie betete, und das tat sie unablässig, seit der Wagen vom Krankenhaus abgefahren war.
    Ein Mann saß etwas entfernt an einem Tisch, der genauso aussah wie ihrer. Er blickte sie finster an, obwohl Katie sich nicht erklären konnte, womit sie ihn so verärgert hatte. Ein anderer Mann saß vor ihr hinter einem erhöhten Pult. Er trug einen schwarzen Umhang und hielt einen hölzernen Hammer in der Hand, den er genau in dem Moment niedersausen ließ, als Katie ihre Mutter, ihre Tante und ihren Onkel in den Gerichtssaal schlüpfen sah.
    Der Mann mit dem Hammer musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Verstehen Sie unsere Sprache?«
    »Ja«, sagte Katie mit hochrotem Kopf.
    »Sie, Katie Fisher, werden im Staate Pennsylvania des Mordes beschuldigt. Ihnen wird zur Last gelegt, am 11. Juli 1998 entgegen den Gesetzen des Staates Pennsylvania auf der Fisher-Farm in East Paradise von Lancaster County vorsätzlich den Tod des Neugeborenen Fisher verursacht zu haben. Sie werden zudem des Totschlags beschuldigt, da Sie …«
    Die Worte rieselten über sie hinweg wie ein Regenschauer, und alle Silben verschmolzen miteinander. Katie schloß die Augen und schwankte leicht hin und her.
    »Verstehen Sie die gegen Sie erhobenen Beschuldigungen?«
    Sie hatte schon den ersten Satz nicht richtig verstanden. Aber der Mann schien auf eine Antwort zu warten, und sie hatte schon als Kind gelernt, daß die Englischen es gern hatten, wenn man mit Ihnen einer Meinung war. »Ja.«
    »Haben Sie einen Anwalt?«
    Katie wußte, daß ihre Eltern, wie alle Amischen, nichts von Rechtsstreitigkeiten hielten. Hin und wieder wurde mal ein Amischer per Vorladung zum Gericht zitiert, um als Zeuge auszusagen … aber

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