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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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lassen. Einige waren in ihrer Klasse und grüßten sie. Sie murmelte etwas zurück. Donny stand hinter der Fahrertür wie hinter einem Schutzschild. Er schien nicht zu wissen, was er sagen sollte. Sie hatte keine große Lust, mit ihm zu reden.
    »Ich muss los«, sagte sie.
    »Steig ein, Lolly.« Er zeigte auf den Beifahrersitz.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss noch jede Menge Hausaufgaben machen.«
    »Bitte, komm mit und lass uns irgendwo einen Kaffee trinken. Ich muss ein paar Sachen mit dir besprechen. Es ist wichtig. Bitte.«
    Sie seufzte.
    »Hier um die Ecke ist ein Café«, sagte sie.

    Sie saßen sich an einem großen Tisch gegenüber. Lauren war froh über die Entfernung zwischen ihnen. Sie hielt ihre Tasse in beiden Händen und sah zu, wie Donny sein Mineralwasser direkt aus der Flasche trank. Auf einem Teller lagen ein Donut und ein Muffin. Donny mochte beides gerne. Sie hatte den Kuchen nicht angerührt.
    »Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ich wollte gestern bei euch vorbeischauen, und es gab kein einziges Lebenszeichen. Es war wie in einem Geisterhaus. Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass ihr wegzieht? Das wäre nur fair gewesen.«
    Sie starrte ihn an. Er sprach von Fairness. Was hätte sie ihm darauf alles erwidern können?
    »Worüber wolltest du mit mir reden?«, fragte sie kühl.
    »Oh, Lolly, das ist alles so ein Mist. Wir waren doch mal so gute Kumpel.«
    Er schob seine Hand über den Tisch. Seine Fingerspitzen berührten ihre. Ein Teil von ihr wollte die Hand wegziehen, aber plötzlich wurde sie schwach. Das war Donny, den sie lieb gehabt hatte. Donny, der mit ihr segeln und surfen gegangen war. Er hatte ihr Geschichten vorgelesen und mit ihr Computerspiele gespielt. Er hatte ihr Pflaster aufs Knie geklebt, wenn sie hingefallen war, und neben ihr geschlafen, wenn sie Albträume hatte. Er hatte mit ihr gepokert, als sie pleite gewesen war, und sie so lange gewinnen lassen, bis sie genug Geld hatte, um auszugehen. Unzählige Male war er lange aufgeblieben und hatte sogar auf sein Bier verzichtet, damit er sie spätabends von einer Freundin abholen konnte.
    Dabei war er nicht mal ihr Vater .
    Plötzlich kam eine Erinnerung an ihren eigenen Vater hoch. Sie erinnerte sich, dass er bei ihr am Bett saß, als sie noch ganz klein war, und ihr eine Gutenachtgeschichte aus einem Buch vorlas, das sie selbst ausgesucht hatte. Nicht schon wieder diese Geschichte! , sagte er immer und schnitt eine Grimasse, als wäre er böse. Aber das war er nicht, das wusste sie, denn er machte alle Stimmen der verschiedenen Figuren nach. Sie hörte ihm zu und betrachtete dabei die Bordüre an ihrer Tapete, all die tanzenden bunten Luftballons. Dadurch sah ihr Zimmer fröhlich aus. Ihr Vater saß neben ihr und las ihr vor, bis ihre Augenlider schwer wurden.

    Donny redete immer noch.
    »Was zwischen Jessica und mir passiert ist, sollte nicht unsere Beziehung kaputtmachen«, sagte er.
    Sie schaute ihn an. Er wirkte verändert. Er sah nicht mehr so schick und gestriegelt aus wie vor ein paar Wochen. Er trug keine Krawatte und sein Haar war zu kurz geschnitten. Seine Haut war gerötet, als hätte er sich zu schnell rasiert.
    »Ich habe Jessie angerufen, aber sie nimmt nicht ab und ruft nicht zurück.«
    Lauren hatte ihm früher immer gerne beim Rasieren zugesehen. Es war wie Zauberei. Man drückte oben auf eine Dose und weißer Schaum kam heraus. Dann bedeckte man damit sein Gesicht, nur um alles wieder mit dem Rasierer abzuschaben, bis außer einigen weißen Flöckchen nichts mehr übrig war.
    »Wann ist sie gefahren?«, fragte er.
    »Worüber willst du mit mir reden, Donny? Ich habe wirklich nicht viel Zeit.«
    Er sah sie enttäuscht an und seufzte.
    »Zwei Sachen«, sagte er. »Heute Morgen hat eine Anwältin bei mir angerufen. Sie sagte mir, du hättest dich bei ihr gemeldet. Du würdest deinen Vater bei seiner Berufung unterstützen …?«
    Lauren schüttelte abwehrend den Kopf.
    » Sie hat sich bei mir gemeldet. Sie hat mich um ein Treffen gebeten. Ich bin nur hingegangen, um ihr zu sagen, dass Papa … dass mein Vater mich in Ruhe lassen soll. Dann hat sie mir von diesem Mann erzählt, der vor Jahren eine Frau und ihr Kind ermordet haben soll.«
    »William Doyle?«, sagte Donny und nickte.
    »Sie hat mich gefragt, ob ich mich an einen Unterhaltungskünstler erinnern könnte.«
    »Und?«
    »Ich kann mich erinnern, dass einmal ein Clown bei einer Geburtstagsparty bei den Nachbarn war. Das habe ich ihr geschrieben.

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