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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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Hand.

30
    Lauren saß im Café des Kindheitsmuseums. Nathan saß neben ihr, gegenüber saßen Julie und Ryan. In der Eingangshalle vor dem Café drängten sich mehrere Schulklassen. Einige Kinder standen brav in einer Reihe und hielten sich an den Händen, andere rannten hin und her. Gehetzte Erwachsene versuchten, sie beieinanderzuhalten.
    »Was für ein Affenzirkus!«, sagte Julie.
    Der Lärm der Kinder war laut. Gesprächsfetzen, Gelächter und einzelne laute Stimmen schwirrten durcheinander, die Lauren an die fordernden rauen Schreie der Möwen in St. Agnes erinnerten.
    »Und wisst ihr was?«, sagte Julie und drehte sich wieder zu Lauren und Nathan, »Ryan bewirbt sich zufällig auch in Nottingham! Ist das nicht super? Wir werden beide an der gleichen Uni studieren.«
    »Nottingham«, bestätigte Ryan.
    Lauren lächelte. Zwischen Julie und Ryan war kein Zentimeter Abstand, sein dunkler Arm an ihrem ließ ihre weiße Haut noch heller wirken. Merkwürdigerweise war Julie weniger auffällig gekleidet als sonst. Sie trug Jeans, eine blaue Bluse und ein blaues Band im Haar. Ihr Lippenstift war hellrot und sehr dezent. Noch sonderbarer war, dass Ryan ein weißes T-Shirt, enge Jeans und Tennisschuhe trug. Keine Spur von seinem üblichen Marken-Outfit.
    »Alles klar, Nathan?«, fragte eine laute Stimme hinter ihnen.
    Sie drehten sich um. Es war ein Junge in der Uniform des Cafés.
    »Hey Tom, wie läuft der Job?«, fragte Nathan und stand auf.
    »Ganz in Ordnung. Die Chefin ist etwas anstrengend«, sagte er und warf einen Blick auf eine Frau hinter der Theke.
    »Wenn man sie besser kennt, ist sie ganz in Ordnung. Frag sie mal nach ihren Pferden. Sie liebt es, von ihnen zu erzählen.«
    Lauren drehte sich wieder zu Ryan und Julie, während die zwei sich weiter unterhielten.
    »Wann wird dein Vater aus dem Gefängnis entlassen?«, fragte Julie.
    »Sein Berufungstermin ist am dritten September, der Termin steht noch. Aber er kann schon während des Verfahrens auf Kaution raus. Das heißt, Ende Juli müsste er aus dem Gefängnis sein.«
    »Ich kann es immer noch nicht glauben. Als du mir erzählt hast, was passiert ist, dachte ich, du willst mich auf den Arm nehmen. Das habe ich zu Ryan gesagt. Stimmt’s?«
    »Das hat sie gesagt«, bestätigte Ryan.
    Sie hatte es Julie vor einer Woche erzählt. Ihre Freundin hatte sie mit offenem Mund angestarrt, während sie ihr alles erklärte. Sie hatte sich ihr langes Tuch unentwegt ums Handgelenk gewickelt und wieder gelöst. Lauren hätte es ihr nicht erzählen müssen, aber sie wollte es. Julie war eine gute Freundin, und sie wollte nicht, dass sie es in der Zeitung las, wenn sie wieder in Cornwall war.
    »Wirst du dich mit deinem Vater treffen? Wirst du vor dem Gefängnis auf ihn warten, wie im Film?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich werde ein paar hundert Meilen weit weg in St. Agnes sein.«
    »Willst du ihn nicht sehen? Nach der langen Zeit?«
    »Doch, aber noch nicht jetzt. Der Prozess ist noch nicht vorbei, und die Presse wird sich kräftig einmischen. Ich will damit nichts zu tun haben.«
    »Mach’s gut«, sagte Nathan und setzte sich wieder.
    Sie drehte den Kopf und sah dem Jungen hinterher, der zurück zur Theke ging, wo die Frau mit miesepetrigem Gesichtsausdruck auf ihn wartete.
    Nathan legte Lauren die Hand auf den Arm. Er trug sein Cuba -Shirt. Es erinnerte sie an ihre erste Begegnung vor vielen Wochen in der Hazelwood Road. Dieser kleine Zufall, dass sie ihm in die Arme gelaufen war, hatte alles verändert. Oder vielleicht war es auch die Tatsache gewesen, dass sie wie ein Geist aus der Vergangenheit zum Haus zurückgekehrt war, die alles ins Rollen gebracht hatte.
    Jetzt würde sie London wieder verlassen und bei Jessica in St. Agnes wohnen. Sie würde ihr letztes Schuljahr in Perranporth machen. Dann würde sie sich überlegen, an welcher Uni sie sich bewerben wollte. Das Leben würde wieder so werden, wie es vor dem Umzug nach London gewesen war.
    Nur, dass alles in ihrem Leben jetzt anders war.
    Sie kannte die Wahrheit über ihre Familie. Dieses Wissen hatte sie ruhiger gemacht, sie fühlte sich sicherer und kontrollierter.
    »Ich hole uns noch etwas zu trinken«, sagte Nathan und stand auf.
    »Ich komme mit«, sagte Ryan.
    Als sie weg waren, griff Julie nach ihrer Hand.
    »Ist wirklich alles in Ordnung? Das war eine schreckliche Zeit für dich. Ryan hat gesagt, dass manche Leute so einen Schock ihr Leben lang nicht verkraften.«
    »Es geht mir gut«, sagte

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