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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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gesicherten Tatortspur nach Einbruch in einen Kiosk.“
    „Wie hilfreich“, fauchte Klein. „Der große Unbekannte ist also nicht nur ein Mörder, sondern auch ein Dieb. Das dürfte die Zahl der Verdächtigen entscheidend eingrenzen.“ Wütend schlug er gegen das Handschuhfach. „Mann, haben wir ein Glück!“
    Bergmann wartete, bis die Sarkasmusattacke ihres Kollegen vorüber war. Sie wusste, dass der zweite Teil ihres Berichts seine Stimmung deutlich aufheitern würde.
    „Die Spur wurde im Jahre 1992 gesichert. Und zwar hier in Aachen.“
    Sie ließ ihn nicht aus den Augen, um jedes Detail seiner Reaktion einzufangen. Aber bis auf ein leicht gesenktes Kinn und ein minimales Verengen seiner Pupillen ließ sich Klein nichts anmerken.
    „Aachen?“
    „Aachen. 250 Meter Luftlinie entfernt vom Schlossinternat.“
    Klein ließ die angehaltene Luft geräuschvoll durch die Nase entweichen.
    „Das bedeutet, du hattest möglicherweise recht. Kohlmeyer. Lüscher. Die Verbindung. Sie könnte tatsächlich existieren.“
    „Ja“, erwiderte Bergmann. „Und es gibt noch etwas, womit wir richtiglagen.“
    Es dauerte eine Weile, doch dann funktionierten die Synapsen in seinem Gehirn. „Die nicht codierten Bereiche der DNA?“
    „Richtig, Günther.“ Auf Bergmanns Gesicht trat der Schatten eines Lächelns. „Die geschlechtsspezifischen Merkmale der Probe lassen keine Zweifel. Der Mörder ist eine Frau.“
    Die folgenden Minuten verliefen ebenso hektisch wie chaotisch. Klein rief Sperber, Helmut Boger und den Staatsanwalt an, während Bergmann mit Hecking sprach, der zumindest die Adresse von Pastor Paulsberg herausgefunden hatte. Da er seinen Wohnsitz in Bergheim hatte, einer kleinen Gemeinde nordöstlich von Aachen, entschlossen sich die Ermittler zu einem spontanen Besuch. Klein fühlte sich wie ausgewechselt. Statt von Schmerzen gelähmt zu sein, durchströmten ihn neue Energie und ein Tatendrang, von dem sich schließlich auch Bergmann anstecken ließ. Gegen 11.05 Uhr stoppte ihr Wagen in Bergheim vor einer weißgestrichenen Doppelhaushälfte.
    Als sie ins Freie traten, war der Regen stärker geworden, der Wind hatte aufgefrischt. Wenn das hier vorbei ist, dachte Klein, gönne ich mir ein paar Tage Sonne. Er sah sich bereits auf einem Felsvorsprung über einer malerischen Bucht an der Küste des Mittelmeeres sitzen. Er meinte den Duft von warmen Steinen zu riechen und das Kreischen der Vögel zu hören. Als Bergmann ihn antippte, schrak Klein aus seinen Gedanken und zog die Jacke ein Stück enger. Er versuchte, sich auf die Fragen zu konzentrieren, die zu stellen waren. Dann las er den Namen auf dem Schild, nickte Bergmann zu und drückte auf die Klingel.

Samstag, 27. November, 11.15 Uhr
    „Mein Gott, das ist ja furchtbar.“
    Der rundliche, kleine Mann lehnte sich zurück, schloss die Augen und legte die Hände vor das blasse Gesicht. Seine Bestürzung schien echt, und die andächtige Haltung seines Kopfes ließ Klein vermuten, dass der Mann ein stilles Gebet sprach. Klein gab ihm die Zeit. Schließlich öffnete der Alte die Augen, und Klein bemerkte den feuchten, rötlichen Schimmer.
    „Wie sind sie gestorben?“, fragte Paulsberg mit derart brüchiger Stimme, dass Klein sich fragte, wie dieser Mann jemals in der Lage gewesen sein konnte, das Wort Gottes zu verkünden.
    „Es tut mir leid“, sagte Klein, „darüber dürfen wir im Moment keine Angaben machen. Es würde sich ohnehin nur um Spekulationen handeln, da die Untersuchung noch aussteht.“
    Paulsberg nickte stumm, dann wandte er seinen Blick ab und betrachtete die Hände in seinem Schoß.
    „Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie es mir gesagt haben. Aber das ist nicht der Grund Ihres Kommens. Erzählen Sie mir, warum Sie hier sind.“
    „In Ordnung“, begann Klein und entschloss sich, so offen wie möglich zu sein. „Alois Weinheimer steht nicht im Zentrum unserer Ermittlungen. Er ist, ich meine, er war ein wichtiger Zeuge in den Mordermittlungen, die wir derzeit führen.“
    „Mordermittlungen? Es gibt also noch einen Toten?“
    „Ja, und ich fürchte, dass Sie auch ihn möglicherweise gekannt haben.“
    Der alte Mann musterte Klein mit ängstlicher Neugier, bereit für den nächsten schmerzlichen Schlag.
    „Es handelt sich um Herbert Lüscher“, erklärte Klein, „einen ehemaligen Lehrer am Gymnasium sowie am Schlossinternat in Aachen. Sagt Ihnen der Name etwas?“
    Paulsberg runzelte die Stirn und schloss erneut seine Augen. Ansonsten saß er

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