Die Eisbärin (German Edition)
ein Spaziergang mit Markus, Laura an der Hand in ihrer Mitte. Branca tollte in den schaumigen Ausläufern leichter Brandung herum. Sabine schmeckte die salzige Luft und spürte die Wärme auf ihren nackten Schultern. Es war ein winziger Ausblick auf das, was sie erwarten würde.
Allmählich glitt sie in einen tiefen Schlaf, nur ihr Unterbewusstsein registrierte die einsetzenden Geräusche. Es war das dumpfe Knattern zweier tieffliegender Hubschrauber.
Mittwoch, 24. November, 07.35 Uhr
„Günther, lass sie bitte nicht warten, tu mir den Gefallen.“
Der Ermittlungsleiter verzog das Gesicht und eilte geschäftig durch die Gänge des Kommissariats, dicht gefolgt von Helmut Boger, der sich nicht abschütteln ließ.
Klein erreichte den Besprechungsraum und drehte sich um.
„Hör zu, Helmut, ich verstehe den Wunsch der Präsidentin, aber wir haben jetzt andere Sorgen.“
„Wir reden hier von maximal 15 Minuten.“
Klein schüttelte den Kopf.
„Die habe ich nicht.“
„Günther, Herrgott noch mal, sie macht auch nur ihren Job. Der versammelte höhere Dienst ist in hellstem Aufruhr!“
„Wie schön zu hören, ein Puls über 50 kann euch zur Abwechslung sicher nicht schaden.“
„Jetzt ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt für …“
„Helmut, ich muss jetzt durch diese Tür. Da drin warten eine Menge Leute, die gerne ihre Arbeit aufnehmen würden.“
Boger stieg eine zornige Röte ins Gesicht, seine Stimme wurde höher und lauter.
„Der Innenminister persönlich hängt in der Leitung und will wissen, was hier los ist.“
„Das ehrt ihn, aber ich kann es nicht ändern.“
„Günther, du bist der verantwortliche Leiter in dieser Sache“, konnte Boger seine Verärgerung jetzt kaum noch bremsen. „Was stellst du dir vor? Ich kann nicht irgendeinen … Vertreter schicken. Die Sache wird in ganz Europa für Aufsehen sorgen.“
Klein warf einen hastigen Blick auf seine Armbanduhr.
„In 20 Minuten findet die Konferenz statt. Heppner ist gerade dabei, die Jungs von der Pressestelle mit Infos zu füttern. Mehr als er weiß ich auch nicht.“
„Ich fasse es nicht“, schimpfte Boger. „Kann hier eigentlich jeder machen, was er will?“
„Nein, Helmut“, antwortete Klein und legte seinem Chef eine Hand auf die Schulter. „Hier tut jeder, was er kann, und das solltest du auch. Nachher kümmere ich mich um die High Society.“
Er wandte sich ab und öffnete die Tür.
„Warte!“, beeilte sich Boger zu sagen. „Ich will wenigstens dabei sein. Es macht sich nicht sonderlich gut, wenn der Direktionsleiter dasteht wie der letzte Trottel.“
Klein lächelte versöhnlich: „Willkommen!“
Der große Besprechungsraum schien winzig und beengt angesichts der vielen Menschen, die sich hier versammelt hatten. Neben der Ermittlungsgruppe um Herbert Lüscher hatte Klein auch die restliche Mannschaft des KK11 hinzugezogen. Außerdem waren Leiter anderer Kommissariate erschienen, denn es war abzusehen, dass die Stammbesetzung die zusätzliche Aufgabenlast nicht allein bewältigen konnte. Klein bemerkte Staatsanwalt Steffen, der eingeklemmt zwischen Hecking und Klee am Fensterrahmen lehnte. Sein ungekämmtes Haar und der verknautschte Anzug verrieten, dass auch sein Tag früher angefangen hatte als geplant.
„In Ordnung, Leute“, eröffnete Klein die improvisierte Besprechung. „Die meisten wissen längst Bescheid, aber ich möchte uns alle auf einen einheitlichen Nenner bringen.“
Er warf einen fragenden Blick Richtung Bergmann, die eilig die letzten Kabel in die Anschlüsse ihres Laptops steckte. Dann dimmte sie die Raumbeleuchtung über die Fernbedienung und öffnete das Bildprogramm. Der Beamer unter der Decke warf einen Ausschnitt aus Google Earth an die Wand. Das Satellitenfoto zeigte Haus und Grundstück der Kohlmeyers aus sommerlicher Vogelperspektive. Klein ließ das Bild einen Augenblick wirken, dann begann er seine Zusammenfassung.
„Gegen 02.30 Uhr heute Nacht näherte sich ein bislang unbekannter Täter von der Waldseite aus dem Grundstück, schnitt ein Loch in den Zaun und drang durch eine Kellertür in das Haus ein. Anschließend gelangte er durch das Kellergewölbe über eine Treppe ins Erdgeschoss.“
Bergmann konzentrierte sich darauf, die jeweils zu Kleins Ausführungen passenden Fotos vom Tatort zu zeigen.
„Der Täter begab sich in das Zimmer von Jürgen Kohlmeyer, während sein Bruder und dessen Frau eine Etage höher in ihrem Bett lagen und schliefen. Es ist nicht klar, was
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