Die eisblaue Spur
auf den schwarzen Felsen am
Gletscher zufahren, kommen Sie zu seinem Zelt.« Ihr Blick
wanderte von Dóra zum Auto. »Mit dem schaffen Sie das
aber nicht. Sie brauchen einen Hunde- oder Motorschlitten.«
Sie drehte sich wieder um und ging. »Viel
Glück.«
Dóra, Matthias und
Finnbogi sahen der Frau hinterher, die kerzengerade davonging. Sie
wirkte wie eine der einflussreichsten Frauen des Dorfes. Trotz
ihrer gelben Augen und der Alkoholfahne hatte sie etwas Stolzes und
Würdevolles, so als trage sie zwei verschiedene
Persönlichkeiten in sich. Ihre Vorderseite war am Leben
gescheitert, während ihre Rückseite ihren Stolz bewahrt
hatte.
»Aha. Igimaq also. Na
ja.« Finnbogi suchte den Himmel nach der Sonne ab, aber der
Nebel machte es unmöglich, den gräulichen Schein zu
entdecken. »Vielleicht sollten wir mal sehen, wo wir einen
Motorschlitten herkriegen.« Er stöhnte vernehmlich.
»Wir haben vergessen, ihr den Knochen und den Tupilak zu
zeigen.«
»Macht nichts«,
sagte Matthias. »Ich vermute mal, dass dieser Igimaq sowieso
mehr darüber weiß als die Frau.«
»Falls er überhaupt
mit uns sprechen will.« Dóra kurbelte die
Fensterscheibe wieder hoch. Sie wollte nicht länger als
nötig kalte Luft einatmen, wenn wärmere zur
Verfügung stand. Man verfügte ja leider selten über
das, was man wollte – einen Motorschlitten zum
Beispiel.
14.
Kapitel
21. März 2008
Aus dem Besuch bei dem
Jäger Igimaq wurde nichts. Es gab zwar, wie Dóra
vermutet hatte, im Camp einen Motorschlitten, aber der
funktionierte nicht. Der Rettungsmann versuchte für den Rest
des Tages vergeblich, ihn zu reparieren. Mit Eyjólfurs Hilfe
hatten sie den Schlitten in einem Container hinter den Häusern
entdeckt. Der IT-Mann war mit Matthias und Alvar
hinübergegangen, froh, eine Weile vom Kampf mit den
Satellitenschüsseln erlöst zu sein. Er kam nicht richtig
voran, denn die Schüsseln waren übel zugerichtet. Die auf
dem Bürogebäude lag auf der Seite und wurde nur von den
Drähten, mit denen sie an einem stabilen Gestell befestigt
war, daran gehindert, vom Dach zu rutschen. Das erklärte die
Schläge, die sie beim Sturm gehört hatten.
Eyjólfur hatte die Schüssel wieder befestigt, sie aber
nicht richtig in Gang bringen können. Wahrscheinlich
würde die Internetverbindung immer wieder abreißen. Die
Schüssel auf dem Dach des Wohngebäudes, an die das
Telefon angeschlossen war, war noch stärker beschädigt
und hatte sich ganz gelöst. Am Ende musste Eyjólfur
einsehen, dass über diesen Empfänger keine Telefonate
mehr möglich sein
würden.
Keiner wusste, warum die
Schüsseln so stark beschädigt waren. Eyjólfur
bezweifelte, dass es nur am Wetter lag, und vermutete, dass jemand
mit einem Brecheisen oder einem anderen schweren Gegenstand darauf
eingeschlagen hatte.
Anscheinend war der IT-Mann in
Gedanken noch ganz bei den Satellitenschüsseln, denn als er
zum Container kam, meinte er, dort sei eingebrochen worden. Der
Container war nicht abgeschlossen, und um die Klinke herum war die
Tür eingedellt und die Farbe blätterte ab. Zwischen
Reifen in allen möglichen Größen und
Ausführungen, Autoersatzteilen und Zubehör stand der
Motorschlitten. Da Eyjólfur nicht feststellen konnte, ob im
Container etwas fehlte, schenkten die anderen seiner Theorie
über den Einbruch keinen großen Glauben. Für die
Dellen an der rostigen Tür konnte es andere Gründe geben,
und vielleicht hatte schon seit Ewigkeiten kein
Vorhängeschloss mehr an dem Container gehangen. Der IT-Mann
gab zu, sich nicht besonders für Autowerkstätten zu
interessieren, und sagte, er sei nur einmal dort gewesen. Aber er
war sich sicher, dass die Tür immer sorgfältig
abgeschlossen war. Friðrikka bestätigte diese Aussage. Sie
war zwar nie in dem Container gewesen, aber einmal daran
vorbeigegangen, als er offen gestanden hatte. Sie konnte sich
jedoch nicht erinnern, was darin gewesen war. Natürlich war es
denkbar, dass jemand dort eingebrochen hatte, um den Schlitten zu
beschädigen, aber wozu? Um die Bohrmänner am Wegfahren zu
hindern?
Mitten in der Diskussion
über die Schäden an dem Schlitten und an den
Satellitenschüsseln fiel Friðrikka ein, dass die
Bohrmänner auch noch zwei Autos zur Verfügung gehabt
hatten. Die standen schon seit ihrer Ankunft auf dem Parkplatz,
aber niemand war auf die Idee gekommen, sie näher zu
inspizieren. Doch wie sich herausstellen sollte, sprangen die Autos
auch nicht an.
Dóra hatte es sich
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