Die Eiserne Festung - 7
und auch Sie selbst Mutter Kirche dienen können«, sagte der Großinquisitor. Die Betonung lag unverkennbar auf ›Sie selbst‹. »Ich bin zuversichtlich, wir werden uns ebenso auf Ihre Intelligenz und Ihre Sorgfalt verlassen können, wie das Prinz Hektor getan hat.«
Und das sollte verdammt noch mal auch besser so sein, was, Eure Heiligkeit? Meint Ihr das?, dachte Coris beißend. So intelligent Clyntahn tatsächlich in Wahrheit sein mochte, in zumindest mancherlei Hinsicht ließ er sich leicht durchschauen. Natürlich: wenn ein Mann über sämtliche Schalthebel der Macht verfügte, wie sie zum Amt des Großinquisitors gehörten, konnte er es sich vermutlich leisten, zumindest in einem gewissen Maße durchschaubar zu sein - wenigstens dann, wenn es seinen eigenen Zielen dienlich war, gleich auf den Punkt zu kommen.
»Ich werde gewiss mein Bestes geben, um das in mich gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen, Eure Heiligkeit«, entgegnete Coris.
»Dann werden Sie, so hoffe ich, auch verstehen, dass ich mit dem, was ich jetzt sage, mitnichten einen Mangel an Vertrauen andeuten will, was Sie persönlich betrifft, Mein Lord«, erklärte Trynair. Coris richtete den Blick wieder auf den Kanzler, und sein Gegenüber zuckte kaum merklich mit den Schultern. »Unter den gegebenen Umständen hält es der Großvikar für das Beste, formal das Vikariat als Prinz Daivyns Regenten einzusetzen, nicht einen weltlichen Adeligen. Sein Vater wurde zum Märtyrer - zum Märtyrer gemacht durch die wahrhaft abtrünnigen Krieger gottloser Ketzerei. Der Großvikar ist der Ansicht, es obliege Mutter Kirche, Prinz Hektors Erben offen - und ganz ausdrücklich - ihren Schutz anzubieten.«
»Sehr wohl, Eure Heiligkeit«, erwiderte Coris.
Er war zuversichtlich, Trynair werde annehmen, der Graf sehe diese Erklärung, was Großvikar Erek betraf, als reine juristische Fiktion an. Trynair hatte den derzeitigen Großvikar schon vor Jahren eigenhändig aus einer Liste geeigneter Marionetten ausgewählt. Falls Erek jemals einen einzigen unabhängigen Gedanken ausgeformt haben sollte, seit er den Thron des Großvikars bestiegen hatte, war dieser Gedanke mittlerweile gewiss an Einsamkeit gestorben.
»In vielerlei Hinsicht«, fuhr Trynair fort, »wird diese Veränderung kaum mehr sein als eine reine Formsache. Wie ich vorhin bereits angedeutet habe, besteht keinerlei Grund, das Leben des jungen Daivyn derzeit noch weiter zu destabilisieren. Es ist am besten, wenn er dort bleibt, wo er sich derzeit aufhält: unter dem Schutz von jemandem, dem er vertraut und von dem er weiß, dass er sich für den Schutz seiner Interessen einsetzt.«
Vor allem, wenn derjenige, dem Daivyn vertraut, die Interessen der Kirche vertritt - oder zumindest die Interessen der ›Vierer-Gruppe‹, dachte Coris.
»Um ganz offen zu sein, Mein Lord«, ergriff nun wieder Clyntahn das Wort, »sind wir der Ansicht, es werde ganz gewiss nicht schaden, wenn ein Mann mit Ihren Fähigkeiten und Ihrer Erfahrung über ihn wacht.« Coris blickte den Großinquisitor an, und Clyntahn zuckte mit den fleischigen Schultern. »Schließlich hat Cayleb ja bereits den Vater des Jungen ermorden lassen. Man kann nicht vorhersagen, wann jemand wie er - oder wie dieses Miststück Sharleyan - zu dem Schluss kommt, es sei ein guter Zeitpunkt gekommen, mit dem ganzen Hause Daykyn ein für alle Mal aufzuräumen. Ich habe erfahren, dass die beiden es derzeit in Corisande mit beachtlichen Unruhen in der Bevölkerung zu tun haben. Es ist daher durchaus möglich, dass sie es für eine gute Idee halten, den jungen Daivyn aus dem Weg zu räumen. Schließlich bietet der rechtmäßige Erbe von Corisande ja einen guten Fokus für die unruhigeren Elemente in der Bevölkerung des Fürstentums.«
»Ich verstehe, Eure Heiligkeit.« Coris hoffte, dass keiner der beiden Vikare den Eiszapfen bemerkt hatte, der ihm gerade über den Rücken getanzt war. »Natürlich habe ich mit König Zhames über Prinz Daivyns Sicherheit gesprochen, bevor ich Talkyra verlassen habe. Wie Ihr schon sagtet, kann man sich hinsichtlich Daivyns Sicherheit gar nicht vorsichtig genug sein. Ich versichere Euch, dass ich, sobald ich wieder in Delferahk bin, jegliche Sicherheitsvorkehrungen für den Prinzen persönlich beaufsichtigen werde.«
»Gut!« Clyntahn lächelte über das ganze Gesicht. »Ich bin zuversichtlich, dass unsere Entscheidung, uns auf Sie und Ihr Urteilsvermögen zu verlassen, sich als gänzlich berechtigt herausstellen wird,
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