Die Eiserne Festung - 7
Merlins Bestreben von Anfang an, uns nicht immer genau die beste Lösung für eines unserer Probleme auf einem Silbertablett zu liefern, nicht wahr? Er wollte, dass wir dafür arbeiten müssen ... und selbst auf noch bessere Lösungen kommen - ohne von ihm am Händchen geführt zu werden. Und er hat ganz Recht damit - wir müssen selbst denken und uns entwickeln. Aber ich frage mich, wie schwer es ihm wohl gefallen ist, uns nicht einfach zu sagen, wie wir etwas machen sollen. Vor allem, da es sich letztendlich als entscheidend herausstellen könnte!
Sein ohnehin schon gewaltiger Respekt dem Mann gegenüber, der früher einmal Nimue Alban gewesen war, stieg noch weiter. Er riss sich aber von seinen eigenen Gedanken los und konzentrierte sich wieder ganz auf Seamount.
»Das scheint mir eine ausgezeichnete Idee«, sagte er mit fester Stimme. »Und? Hat sich bereits etwas ergeben?«
»Diverses sogar, will mir scheinen! Über einiges davon muss ich zwar noch mit Admiral Lock Island und Dustyn Olyvyr reden, aber es würde mich nicht im Mindesten überraschen, wenn wir bei der nächsten Baureihe Galeonen einige Veränderungen vornähmen.« Er schüttelte den Kopf, und seine Miene verriet reumütiges Erstaunen. »Gut, es mag nicht überraschen, wenn man bedenkt, wie sehr wir doch die traditionelle Schiffsbauweise auf den Kopf gestellt haben. Aber es sieht ganz so aus - vorausgesetzt, Urvyn und der Rest der Kommission für Forschungsvorhaben liegen richtig mit ihren Annahmen -, als hätten wir ein bisschen zu viel des Guten getan, und das gleich in mehrerlei Hinsicht.
Außerdem führt die Kommission jetzt minutiös geplante Artillerieexperimente durch, die ich eigentlich schon seit anderthalb Jahren machen lassen wollte.« Wieder schüttelte er den Kopf, und dieses Mal stand unverkennbare Erschöpfung in seinen Augen zu lesen. »Das ist einer der Gründe - eigentlich sogar der Hauptgrund -, weswegen ich diese Kommission ins Leben rufen wollte, Rahzhyr. Der Tag hat einfach nicht genug Stunden: Ich kann mich einfach nicht um alles selbst kümmern. Mir ist schon vor mehreren Monaten klar geworden, dass ich mich mit dem Versuch, alles persönlich zu übernehmen, selbst zu einem gefährlichen Engpass gemacht habe. Ich hoffe, was das angeht, wird Urvyn eine große Hilfe sein.«
»Ich selbst bin durchaus dafür zu haben, Ihre Arbeitsbelastung so weit zu reduzieren, wie das irgendwie möglich ist«, erwiderte Mahklyn sanft. »Und wenn ich ein wenig darüber nachgedacht hätte - und wenn ich mir hätte vorstellen können, ich könnte Sie zu dergleichen überhaupt überreden -, hätte ich Ihnen etwas in der Art längst vorgeschlagen. Aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich darüber eben nicht nachgedacht habe.«
»Naja, es ist ja nicht so, als hätten wir nicht alle noch jede Menge andere Dinge im Kopf«, bemerkte Seamount.
»Nein, wirklich nicht«, stimmte Mahklyn zu. Und, so ging es ihm durch den Kopf, es muss außerordentlich schwierig sein, in einer solchen Situation tatsächlich ein wenig kürzer zu treten. Vor allem für jemanden, der so verdammt gut bei dem war, was er tat. Für einen fähigen Mann musste es fast unmöglich sein, jemand anderen das tun zu lassen, was er selbst so sehr liebte - wie es bei Seamount zweifellos der Fall war. Sich selbst nicht mehr um jedes Detail zu kümmern. Es jemand anderem zu überlassen, das zu tun. Nicht mehr selbst Dinge auszuprobieren.
»Nun, wir dürften dem Kaiserlichen Forschungsrat und Ihnen unseren ersten Bericht innerhalb des nächsten Fünftages vorlegen können. Das war das Erste, was ich Ihnen mitteilen wollte. Das Zweite, worüber ich mit Ihnen gern sprechen würde, hängt mit meinem Wunsch zusammen, mich mit Dr. Lywys zusammenzusetzen: Jetzt, wo Urvyn mir einen Teil meiner Arbeit abgenommen hat, ist mir ein wenig Zeit geblieben, über unsere Artillerie nachzudenken.«
»Und?« Mahklyn stellte seinen Stuhl wieder aufrecht, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen und verschränkte die Finger vor dem Bauch.
»Na ja, zunächst einmal scheint die von Dr. Lywys vorgestellte Substanz die in sie gesetzten Erwartungen tatsächlich auch zu erfüllen.«
Seamount strahlte über das ganze Gesicht. Mahklyn ertappte sich dabei, es ihm gleichzutun. Sahndrah Lywys war die Hochschul-Expertin für Chemie - allerdings wusste Mahklyn jetzt, da er auf Owls Computer-Bibliothek zugreifen konnte, dass der richtige Ausdruck wohl ›Alchemie‹ hätte lauten müssen. Schon vor
Weitere Kostenlose Bücher