Die Eiserne Festung - 7
nicht zulassen?«, fragte Sharleyan vorsichtig, und Merlin nickte.
»Ich konnte das nicht zulassen«, räumte er ruhig ein.
Wieder legte sich Schweigen über das Besprechungszimmer. Der Schnee fiel jetzt dichter, und Nahrmahn konnte sich fast einbilden, die Kälte des Morgens selbst noch hier in seinem Sessel zu spüren. Nur dass dieser eisige Schauer, der ihm gerade über den Rücken lief, nicht das Geringste mit dem Wetter zu tun hatte.
Wir vergessen nur allzu leicht, dass Merlin - Nimue Alban - eigene Pläne verfolgt, dachte Emeralds Fürst. Wir arbeiten so eng mit ihm zusammen und der Erfolg von Charis ist für seinen eigenen Auftrag so unerlässlich, dass wir immer wieder vergessen, dass er gar kein Charisianer ist. Nicht einmal ein Safeholdianer, wenn man es genau nimmt. Ich vermute, das ist das erste Mal, seit Cayleb die Wahrheit über ihn erfahren hat, dass Merlin nicht einmal mit dem Kaiser Rücksprache gehalten hat, ehe er eine derart weitreichende Entscheidung getroffen hat. Ich frage mich, wie Cayleb und Sharleyan - vor allem Cayleb - darauf reagieren werden.
»Und warum habt Ihr uns das alles nicht schon gestern berichtet?«, fragte Cayleb leise.
»Weil ich es Euch, wie gesagt, persönlich berichten wollte. Ich hatte gehofft, Ihr würdet nichts von Pater Tymahns Ermordung erfahren, bevor ich hier eintreffe. Schließlich bin ich derjenige, der sich um die Geschehnisse in Manchyr kümmert. Ich wollte es Euch persönlich sagen, nicht nur über das Kom. Und ich wollte Euch persönlich erklären, was ich unternommen habe - und warum.«
»Weil Ihr damit gerechnet habt, wir könnten verärgert darüber sein? Schließlich habt Ihr nicht einmal mit uns gesprochen, bevor Ihr unsere gesamte Strategie für Manchyr auf den Kopf gestellt habt. War es das?« Es war gänzlich unmöglich, Caylebs Tonfall zu deuten, aber seine Augen wirkten sehr wachsam.
»Nein, nicht deshalb«, erwiderte Merlin mit fester Stimme. »Aber da ich ohnehin schon gehandelt und damit Euch vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, war es ein Gebot der Höflichkeit, mich Euch persönlich zu erklären.«
Cayleb lehnte sich in seinem Sessel zurück und blickte den hochgewachsenen blauäugigen Mann nachdenklich an, der in der geschwärzten Rüstung mit dem gold-blau-silbernen Abzeichen des Kaiserreichs Charis auf der anderen Seite des Tisches stand. Nahrmahn fragte sich, was Cayleb gerade sah: den Imperialen Gardisten oder den PICA mit der Seele einer längst verstorbenen Frau?
Dann schaute der Kaiser kurz zu Sharleyan hinüber und zuckte mit den Schultern.
»Zunächst einmal, Merlin, gestattet mir zu sagen - und ich denke, ich kann hier auch in Sharleys Namen sprechen -, dass ich unter den gegebenen Umständen Eure Entscheidung ganz und gar billige.«
Sharleyan nickte nachdrücklich, und Cayleb fuhr fort: »Zweitens jedoch möchte ich Euch an ein Gespräch erinnern, das Ihr vor langer, langer Zeit mit meinem Vater geführt habt. ›Ich respektiere Euch, und in vielerlei Hinsicht bewundere ich Euch‹, habt Ihr zu ihm gesagt. ›Aber meine wahre Treue? Diese Treue gilt nicht Euch, nicht Cayleb, sondern der Zukunft. Ich werde Euch benutzen, wenn mir das möglich ist, Euer Majestät.‹«
Wieder lag Schweigen über dem Besprechungszimmer, und Cayleb lächelte schmal.
»Überrascht es Euch, dass ich weiß, was Ihr zu ihm gesagt habt?«, fragte der Kaiser nach.
»Ein wenig«, gestand Merlin nach kurzem Schweigen. »Ich hatte nicht gewusst, dass Euer Herr Vater Euch davon erzählt hat.«
»Das hat er auch nicht. Das war Charlz Gahrdaner. Vater hatte es ihm ausdrücklich untersagt. Aber als Gahrdaner bemerkte, wie eng wir beide einander allmählich standen, dachte er, ich sollte es doch erfahren. Nicht, dass er Euch misstraut hätte, Merlin. Nur dass seine Treue immer nur Charis gegolten hat. Dem Hause Ahrmahk.«
»Und seid Ihr darüber erzürnt, dass das für mich nicht gilt?«, fragte Merlin leise.
»Merlin.« Cayleb schüttelte den Kopf und lächelte unerwarteterweise, sehr sanft. Dieses Lächeln war zwar ein wenig schief, aber es war eindeutig ein Lächeln. »Merlin, ich habe das schon immer gewusst. Selbst wenn Charlz es mir nicht erzählt hätte, habt Ihr das doch selbst getan - häufig und gänzlich offen. Das hat Euch nicht davon abgehalten, Sharley und mir die Freundschaft anzubieten - sogar Eure Dienste. Um Gottes willen, ihr habt den halben Planeten umrundet, um ihr das Leben zu retten! Natürlich würde ich mir wünschen - oder
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