Die Eiserne Festung - 7
frische Uniform.«
»Was für eine Besprechung?«
»Es ist in Manchyr zu einigen ... unerwarteten Entwicklungen gekommen.« Staynair kniff die Augen zusammen, als Merlins Stimme mit einem Mal sehr grimmig klang. »Einer der Gründe, Euch aufzusuchen, ist, Euch zu bitten, sich zu weiteren Beratungen zu den dreien zu gesellen. Allerdings soll die Besprechung aus mehreren Gründen nach Eurem Frühstück stattfinden.«
»Dann sind diese ›unerwarteten Entwicklungen also eher unschöner Natur?«, fragte Staynair leise.
»Leider ja. Sie werden sich wohl auch auf Euren Gemeindebesuch auswirken.«
»Ich verstehe.« Staynair legte sein Buch beiseite und wollte sich gerade schon aus dem bequemen Lehnsessel erheben.
»Wartet noch einen Moment, Eure Eminenz, bitte!«
Wieder wölbte der Erzbischof die Brauen, als Merlin ihm mit einer Handbewegung bedeutete sitzen zu bleiben. Also lehnte er sich wieder zurück und neigte den Kopf zur Seite.
»Ja?«, forderte er seinen Besucher zum Weitersprechen auf.
»Ich sagte, einer der Gründe für mein Kommen sei es, diese Einladung auszusprechen«, setzte Merlin an. »Aber ich habe noch einen weiteren Grund. Einen Grund, den ich mit Euch besprechen muss, bevor ich den drei anderen gegenüber dieses Thema anschneide.«
»Hat das etwas mit dem zu tun, was sich in Manchyr ereignet hat?«
»Nein, Eure Eminenz. Zumindest nicht direkt. Es hat mit einem Gespräch zu tun, das Ihr mit Baron Wave Thunder geführt habt, vor Eurem Aufbruch nach Emerald.«
»Wie bitte?« Staynair blinzelte ihn erstaunt an, und Merlin warf ihm ein schiefes Grinsen zu.
»Bevor Ihr Tellesberg verlassen habt, Eure Eminenz, habt Ihr dafür gesorgt, dass Pater Bryahn mehrere Kisten mit Dokumenten zum Baron bringen ließ. Dokumente, die Euch aus Zion geschickt wurden ... von Madame Dynnys.«
Staynair erstarrte. Einen Moment lang sorgten die Überraschung - und der Schock - dafür, dass er reglos im Sessel sitzen blieb. Nur seine Augen weiteten sich vor Erstaunen. Dann verfinsterte sich sein sonst so sanftes Gesicht. Die Augen, eben noch geweitet, kniff er zusammen, und sein ganzer Körper schien zu erschauern, so entrüstet war er.
»Merlin ...!«, setze er mit harter, zorniger Stimme an.
»Bitte, Eure Eminenz!«, fiel der ihm rasch ins Wort und hob beschwichtigend die Hand. »Ich habe nicht die Absicht, dafür zu sorgen, dass Ihr Vertraulichkeiten preisgebt!«
»Das habt Ihr doch schon!« So zornig hatte Merlin Staynair noch nie erlebt. »Mir ist wohl bewusst, dass die ganze ›Kirche des Verheißenen‹ eine einzige Farce ist, und noch nicht einmal eine sonderlich gute«, fuhr er in scharfem Ton fort. »Aber Gott ist es nicht, und daher nehme ich meine priesterlichen Pflichten sehr ernst! Madame Dynnys hat sich unter dem Schutze des Beichtgeheimnisses an mich gewandt!«
»Ja. Ja, ich weiß«, sagte Merlin, selbstbewusst und gelassen. »Ich weiß davon auch nur, weil Owl mir die entsprechenden Informationen im Rahmen eines routinemäßigen Speicherauszuges gegeben hat. Es tut mir leid, dass ich damals noch keinen Filter eingerichtet hatte. Sonst wäre Eure Privatsphäre so weit geschützt gewesen, dass die Vertraulichkeit Eurer Gespräche mit Gläubigen gewahrt geblieben wäre. Vertraut mir, seit besagtem Zwischenfall habe ich das entsprechend geändert!«
Staynair schaute ihn finster an, und Merlin erwiderte diesen Blick, ruhig und ungerührt.
»Ihr dürft das gerne bei Owl überprüfen, Eure Eminenz«, sagte er sehr leise.
Kurz hing angespanntes, bedrohliches Schweigen in der Luft. Dann zitterten Staynairs Nasenflügel, so tief atmete er durch.
»Das wird nicht nötig sein.« Nun sprach er ebenso leise wie Merlin. »Euer Wort ist mir mehr als genug, Seijin Merlin. Das war es schon immer.«
»Ich danke Euch«, sagte Merlin und meinte es auch so.
»Aber ich muss annehmen«, fuhr Staynair mit der Miene eines Mannes fort, der sich ganz bewusst von einem bedrohlichen Abhang abwandte, »dass Ihr einen guten Grund habt, mich auf Euer ... Wissen um diese spezielle Situation aufmerksam zu machen?«
»Durchaus.«
Merlin trat ans Fenster und starrte auf die schneebedeckte Landschaft hinab. Mehrere Sekunden lang schwieg er, dann wandte er den Kopf und blickte den Erzbischof an.
»Eure Eminenz, der Zufall wollte, dass ich über Mistress Ahnzhelyks Akten Bescheid weiß. Ich weiß auch, warum Madame Dynnys die Identität der Dame und die Dame selbst um jeden Preis beschützt wissen will. Derartige Dinge dürfen
Weitere Kostenlose Bücher