Die Eiserne Festung - 7
Vorbereitungen auch sein mögen, die sie getroffen hat: Die schiere Anzahl an Leuten, denen sie zu helfen versucht, ist etwas, das für sie durchaus von Nachteil sein könnte. Ich bin mir sicher, dass Clyntahn und Rayno schon jetzt herauszufinden versuchen, wo ein paar dieser Leute abgeblieben sind. Und wenn es etwas gibt, worin diese Inquisitoren gut sind, dann ist es, Leute aufzuspüren.«
»Ich verstehe.«
Staynair lehnte sich in seinem Sessel zurück. Sein Blick war sehr besorgt; mit einer Hand nestelte er an dem Szepter, das vor seiner Brust hing und deutlich zeigte, welches Amt er bekleidete. Mehrere Sekunden lang saß er nur schweigend da, dann blickte er wieder zu Merlin auf.
»Wohin genau wollt Ihr, Merlin?«
»Nach Zion, denke ich«, gab der Seijin zurück.
Dieses Mal zuckte Staynair nicht einmal mit der Wimper. Ganz offensichtlich gefiel ihm überhaupt nicht, worauf dieses Gespräch hinauslief. Doch es war ebenso eindeutig, dass es ihn nicht überraschte.
»Wie das?«, fragte er nur.
»Was mir vorschwebt, ist gar nicht so kompliziert. Ein wenig riskant vielleicht, aber nicht kompliziert.«
»Ihr erfüllt mich mit Grausen«, merkte Staynair trocken an, und wieder lachte Merlin in sich hinein.
»Darauf gebracht hat mich etwas, das Sharleyan heute Morgen gesagt hat. Cayleb und sie haben die Absicht, mich an Eurer Seite nach Corisande zu schicken, damit ich Euch im Auge behalten kann. Schließlich, so meinten die beiden, könnten wir jetzt jederzeit in Kontakt bleiben, wo auch immer ich mich gerade befände. Sie finden, es sei nachvollziehbar, dass Cayleb dem Erzbischof von Charis zum Schutz seinen persönlichen Waffenträger mitgäbe. Aber wenn man mich nach Corisande schicken kann, ohne den Kontakt zu Ihren Majestäten zu verlieren, könnte ich genauso gut auch nach Zion reisen, ohne dass der Kontakt abreißt.«
»Und da wollt Ihr dann einfach so durch die Stadt spazieren? Am besten wohl noch in Eurer Imperialen Uniform?«
»Nicht ganz.« Merlin gestattete sich ein Lächeln. »Ich kann meinen PICA rekonfigurieren, Eure Eminenz. Natürlich hat alles seine Grenzen. Ich kann zum Beispiel meine Körpergröße nicht jeden beliebigen Wert annehmen lassen. Aber ich kann meine Haarfarbe ändern, meine Augenfarbe, meine Hautfarbe.« Er zuckte mit den Schultern. »Vertraut mir, ich bin ein echter Meister der Verkleidung. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen: eine Meister in.«
Staynair nickte. Mittlerweile hatte er Archivbilder von Nimue Alban gesehen. Niemand, der Nimue sah, würde gleich eine Ähnlichkeit mit Merlin Athrawes erkennen, obwohl es eine gewisse Familienähnlichkeit schon gab.
»Es macht mich nervös, mich und damit die ganze Elektronik in meinem Inneren - und vor allem meine Energiezelle - so nah an den Tempel heranzubringen«, fuhr Merlin fort, »aber niemand, der mich sieht oder sogar mit mir spricht, wird jemals auf die Idee kommen, ich könnte etwas mit Merlin Athrawes zu tun haben. Nicht einmal dann, wenn dieser Jemand später einmal mit Merlin sprechen sollte.«
»Na gut, das verstehe ich wohl«, gab Staynair zu.
»Da ich nun schon einmal dabei bin, kann ich auch gleich eingestehen, dass ich weitestgehend werde improvisieren müssen, wenn ich erst einmal dort bin.« Wieder zuckte Merlin die Achseln. »Anders könnte es ja auch gar nicht sein. Aber ich werde mehrere Vorteile haben, die Ahnzhelyk eben nicht hat. Zudem kann ich jederzeit erklären, auch ich sei ein Seijin - ein Freund von Seijin Merlin, der nach Leuten suche, die ihm helfen könnten. Das sollte zumindest einige besagter Vorteile erklären, falls ich auf sie im Beisein von Zeugen zugreifen müsste.«
»Und wo genau wird sich Seijin Merlin aufhalten, während all das geschieht?« Staynair schüttelte den Kopf. »Ihr werdet doch zumindest einige Tage lang fortbleiben müssen - wahrscheinlich eher einige Fünftage!«
»Das ist einer der Gründe, weswegen ich Euch aufgesucht habe«, erwiderte Merlin. »Eine kurze Abwesenheit meinerseits ließe sich erklären, in dem wir uns der Legenden über Seijins bedienen. Zumindest in einigen dieser Berichte heißt es, sie müssten sich von Zeit zu Zeit aus der Welt zurückziehen, um zu meditieren. Seijin Merlin hingegen war ständig im Dienst, seit er in Charis eingetroffen ist. Zweifellos ist bei ihm ein solcher Rückzug schon lange überfällig. Nennen wir es doch: spirituelle Einkehrtage! Für die Öffentlichkeit sieht es dann so aus: Cayleb und Sharleyan bleiben auf absehbare
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