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Die Eiserne Festung - 7

Die Eiserne Festung - 7

Titel: Die Eiserne Festung - 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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eben jenen Zylinder von Gottes Lampe makellos zu halten. Weltliches wurde ihnen wichtiger als ihre eigenen Pflichten vor Gott und den Erzengeln.«
    Stetig war Tymahns Stimme kräftiger geworden. Es schwang die unbändige, mitreißende Kraft eines echten Visionärs darin. Die dunklen Augen des Priesters blitzten.
    »Wir wurden angewiesen - ich selbst wurde angewiesen -, über all jene Dinge Stillschweigen zu bewahren. Aber dieses Stillschweigen zu bewahren bin ich nicht länger gewillt. Ich werde den Mund aufmachen und euch berichten, ja. Ja! Meine Kinder, all diese Dinge habe ich mit eigenen Augen gesehen. Vor Trauer und Enttäuschung sehen meine Augen die Dinge immer klarer. Und was ich sah, hat mich jeglicher Illusion beraubt. Ich habe das Böse gesehen, das sich hinter dem schönen Antlitz von Mutter Kirche verbirgt. Ich habe Männer gesehen, die dazu berufen wurden, das Orange zu tragen, und die sich doch von Gottes wahrer Botschaft abgewandt haben. Männer, die ihre Herzen nicht Gott gewidmet haben, sondern ihrer eigenen Macht und ihrem eigenen Ehrgeiz. Ich habe gesehen, wie Mutter Kirche in Fesseln liegt. Ich habe gehört, wie sie um Beistand fleht, und in den dunklen Nachtstunden habe ich ob ihrer Gefangenschaft getrauert. Anderen erging es ebenso, und unsere Herzen sind uns schwer geworden, schwer wie Blei, denn wenn sie, wenn unsere Mutter Kirche, zu einem Hort der Korruption und der Verderbtheit werden kann, gilt das gewiss für alles andere auf Gottes Welt auch! Wenn sie nicht Schutz vor dem Bösen bietet, vermag nichts und niemand diesen Schutz zu bieten, und dann gibt es keine Hoffnung mehr! Niemand kann uns helfen. Denn wir haben bei der großen Aufgabe, die uns die Heilige Bédard auferlegt hat, versagt, und Gottes Eigene Kirche ist beschmutzt und befleckt. Mutter Kirche selbst ist zum Portal des Bösen geworden, zum Tor, durch das uns Shan-weis dunkle Seelengifte ereilen, und wir - wir, meine Kinder! - sind diejenigen, die diese entsetzliche, furchtbare Veränderung haben geschehen lassen. Durch unser Schweigen, durch unsere stillschweigende Billigung, durch unsere Feigheit sind wir selbst zu Komplizen jener geworden, die Mutter Kirche beflecken. Und zweifelt nicht einen Moment daran, dass am Ende wir alle für unsere größten Fehler zur Rechenschaft gezogen werden!
    Und doch ...«
    Seine Stimme verklang, bis sich erneut völlige Stille über das Kirchenschiff gesenkt hatte. Diese Stille ließ Pater Tymahn wachsen, schwerer und schwerer werden, bis sie auf Sankt Kathryn lastete wie eine gewaltige Gewitterwolke, aus der schon bald Gottes Rakurai herniederfahren musste. Endlich, nach einer kleinen Ewigkeit, ergriff er wieder das Wort.
    »Oh ja, meine Kinder ... und doch. Das große, gewaltige ›Und doch‹. Das glorreiche ›Und doch‹! Denn Gott hat uns erneut Hoffnung geschenkt. Er hat sie in der unwahrscheinlichsten Verkleidung zu uns geschickt, die sich nur erdenken lässt. In den Worten der Abtrünnigen, in jener Gruppe von Schismatikern und in den Lehren der Ketzer. Ich weiß, wie entsetzt viele von euch sein müssen, das zu hören, wie bestürzt, wie verängstigt! Und doch, als ich die Lehren dieser Kirche von Charis studiert habe, da vermochte ich nichts Böses darin zu entdecken. Ich entdeckte Zorn. Ich entdeckte Aufruhr. Ich entdeckte Vorwürfe und Widerstand. Aber nichts von dem, meine Kinder - nichts davon! - ist gegen Gott gerichtet. Oder gegen die Heilige Schrift. Oder gegen das, was zu tun Mutter Kirche einst aufgetragen ward und was sie, mit Gottes Hilfe, eines Tages auch wieder tun wird!
    Ich behaupte nicht, die gottgefällige Liebe aller Kinder Gottes untereinander hätte das Kaiserreich Charis an unsere Küste getrieben. Ich werde euch nicht weismachen, weltlicher Ehrgeiz und der Streit zweier Herrscher um Tand und die Illusion der Macht hätte nicht auch eine Rolle dabei gespielt ... oder dabei, was im Darcos-Sund geschehen ist, nachdem die verderbten, korrupten Männer in Zion unsere Söhne und Brüder ausgeschickt haben, um jene zu vernichten, die sich dem Ehrgeiz eben jener korrupten Männer in Zion entgegenzustellen gewagt haben. Menschen sind Menschen. Sie sind sterblich, fehlbar, nicht ohne Makel. Ihre Herzen und ihre Seelen werden von Ehrgeiz und weltlichem Hass zerfressen. So sind die Menschen nun einmal. Und doch leben sie in Gottes Eigener Welt, und Gott kann - und wird - selbst ihre Schwächen dazu nutzen, Sein großes Ziel zu verfolgen! Wenn ich Seine Welt betrachte,

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