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Die Eiserne Festung - 7

Die Eiserne Festung - 7

Titel: Die Eiserne Festung - 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Erzbischof eine ganze Menge zu respektieren, dachte Ahdymsyn. Sogar deutlich mehr, als es in der guten alten Zeit an mir zu respektieren gab!
    Wieder zuckten seine Lippen, denn ihm gingen Gespräche durch den Kopf, die er einst mit dem damaligen Bischof Maikel Staynair geführt hatte. Es war, so sinnierte er (und das weitaus nicht zum ersten Mal), wirklich gut, dass Staynairs Sinn für Humor ebenso ausgeprägt war wie sein Mitgefühl.
    Die Tür schloss sich, als der Privatsekretär den Raum verließ. Gairlyng widmete seine Aufmerksamkeit wieder ganz seinen Gästen. Im Laufe der letzten beiden Monate hatte er Mahkhynroh überraschend gut kennengelernt. Aber vielleicht war es auch gar nicht so überraschend. Schließlich arbeiteten sie beide eng zusammen, seit er selbst in den Primat von Corisande berufen worden war und man Mahkhynroh zum Bischof von Manchyr ernannt hatte. Sie beide als Freunde zu bezeichnen, wäre zu viel gewesen, aber gute Kollegen waren sie gewiss. Bislang zumindest. Man respektierte einander. Gairlyng wusste den beeindruckend scharfen Verstand des Bischofs, seinen tiefen Glauben und sein Mitgefühl zu schätzen. Obwohl Mahkhynroh durch eine fremde, ›ketzerische‹ Kirche in sein Amt eingesetzt worden war, hatte er bereits gezeigt, dass er den Priestern und der Laienschaft in seiner Diözese zuzuhören verstand. Ja, er verstand sie sogar davon zu überzeugen, dass ihre Sorgen und Nöte bei ihm Gehör fänden. Im Gegenzug scheute er sich nie, gegebenenfalls offen das Wort gegen seine Schäfchen zu führen. Niemand würde ihn jemals der Schwäche oder des Wankelmuts bezichtigen. Aber zugleich hätte auch kein ehrlicher Mensch ihm Intoleranz oder tyrannisches Verhalten vorzuwerfen vermocht.
    Dagegen war Ahdymsyn für Gairlyng bislang ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Der Erzbischof kannte zwar seinen offiziellen Werdegang, aber es gab zahlreiche Dinge, die offenkundig in diesem offiziellen Werdegang unerwähnt geblieben waren. Ahdymsyn war einst als Bischof-Vollstrecker in Charis für Erzbischof Erayk Dynnys tätig gewesen war. Dynnys war in Ungnade gefallen und schließlich wegen Ketzerei und Hochverrats hingerichtet worden. Ahdymsyn entstammte Gairlyngs Wissen nach einer bestenfalls respektabel zu nennenden Familie aus den Tempel-Landen. Damit verfügte er über deutlich weniger - und ungleich weniger einflussreiche - Verbindungen als Gairlyngs eigene Familie. Als Staynair noch Bischof von Tellesberg gewesen war, hatte Ahdymsyn als Bischof-Vollstrecker ihn mehr als einmal ermahnt und diszipliniert. Das war bekannt. Ebenso war bekannt, dass Ahdymsyn unter Hausarrest gestellt worden war, nachdem das Königreich Charis sich offen gegen die Kirche des Verheißenen gestellt hatte. Dann aber war Ahdymsyn zu einem der Krisenbewältiger in Staynairs Diensten aufgestiegen. Der jetzige Erzbischof vertraute und schätzte seinen ehemaligen Vorgesetzten und kirchenpolitischen Gegner. Die neu gewonnene Vertrauensposition war der Grund für Ahdymsyns Besuch in Corisande.
    Was Gairlyng nicht wusste, war, wie - und warum - Zherald Ahdymsyn die Seiten gewechselt hatte. Gairlyng wurde zunehmend bewusst, dass seine bisherigen Vermutungen in eine gänzlich falsche Richtung gelaufen waren. Einige Sekunden lang dachte er jetzt genau darüber nach. Dann kam er zu dem Schluss, Offenheit sei hier vermutlich die beste Vorgehensweise.
    »Vergeben Sie mir, Mein Lord«, sagte er nun und erwiderte Ahdymsyns festen Blick, »aber ich werde den Verdacht nicht mehr los, ich läge hinsichtlich der Frage, wie Sie ... sagen wir: in Ihre derzeitige Position gekommen sind, mit meiner ursprünglichen Vermutung vielleicht doch falsch.«
    »Diplomatisch umschrieben«, meinte Ahdymsyn trocken. »Eure ursprüngliche Vermutung dürfte doch wohl so ausgesehen haben: Ich hätte, so glaubt Ihr, irgendwann begriffen, woher in Charis der Wind weht. Da nichts, was ich zu meiner Verteidigung vorbrächte, den Großinquisitor und den Kanzler dazu bringen würde, mich mit offenen Armen im Tempel zu empfangen, hätte ich mein Mäntelchen - oder sollte man besser sagen: meine Soutane? - nach dem Wind gehängt. Trifft es das so in etwa, Eure Eminenz?«
    Das, bemerkte Gairlyng, war etwas mehr Offenheit, als er eigentlich im Sinn gehabt hatte. Bedauerlicherweise ...
    »Nun ja ... ja, eigentlich schon«, gestand er. Er hielt sich dabei an der Tatsache fest, dass er immerhin Erz bischof war, während Ahdymsyn nur das Amt eines einfachen Bischofs bekleidete.

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