Die Eiserne Festung - 7
Prinz Hektors Ermordung bedeutet für Clyntahn nur eines: Er hat einen Fürsten aus der Rolle des Kriegsführers erlöst und ihn zum Märtyrer von Mutter Kirche gemacht. Für ihn selbst aber, so meint Clyntahn, entstünden dabei keinerlei Nachteile. Ich bin, so wahr ich hier sitze, davon überzeugt, dass er persönlich diese Ermordungen angeordnet hat! Beweisen aber kann ich es nicht. Noch nicht. Ich halte es sogar für möglich, dass niemand das je wird beweisen können. Aber selbst, wenn sich das eines Tages ändern sollte: Die Corisandianer wären dennoch nicht auf einen Schlag glücklich unter einer Fremdherrschaft. Dennoch werde ich auf Charis' Seite stehen, denn mir bleibt keine Wahl, als mich Clyntahn entgegenzustellen. Es geht nicht anders, nach allem, was ich über diesen Mann weiß, nach allem, was er meines Erachtens schon getan hat - und welche Mutmaßungen das hinsichtlich der Frage gestattet, was er in Zukunft noch alles zu tun bereit sein wird. Insofern darf man mich als ebenso treuen Sohn der Kirche von Charis betrachten wie jeden anderen auf dieser Welt auch.«
Zherald Ahdymsyn entspannte sich sichtlich und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Mehrere Momente lang maß er den Erzbischof von Corisande schweigend mit seinem Blick. Dann zuckte er mit den Schultern.
»Eure Eminenz, das ist genau der Punkt, an dem auch meine spirituelle Reise begonnen hat. Ich bin also der Letzte, der Euch für den von Euch gewählten Weg kritisieren dürfte. Und was die Kirche von Charis betrifft: Ihr werdet feststellen, dass Erzbischof Maikel jedem diesen Ausgangspunkt zugesteht. Für ihn spielt erst einmal keine Rolle, ob Euch dann Euer Weg dorthin führen mag, wohin er mich geführt hat. Wie Clyntahn ist auch Staynair voller Zuversicht, eines Tages Gottes Ziel zu erreichen. Von dieser Überzeugung wird keiner von beiden je abrücken. Clyntahn aber ist dafür bereit zu tun, was ihm erforderlich scheint, um das Ziel zu erreichen, das er Gott nennt. Erzbischof Maikel indes vertraut darauf, dass Gott ihn zu dem Ziel führt, das Er, unser Herr, ersehnt. Das ist der Unterschied zwischen ihnen. Aber«, der Blick des Bischofs wurde deutlich herzlicher, »Ihr solltet Erzbischof Maikel persönlich begegnen! Ihr solltet einen oder zwei Fünftage in seiner Gegenwart verbringen! Wenn Ihr dann immer noch voller Überzeugung sagt, nicht jeder Teil der Kirche, für deren Aufbau er verantwortlich ist, sei Eurer ganzen Unterstützung würdig, wäret Ihr der erste Unbekehrbare, dem ich bisher begegnet wäre!«
.III.
Königlicher Palast, Stadt Manchyr, Fürstentum Corisande
Erleichtert seufzte Sir Koryn Gahrvai. Endlich durfte er die kühlen, schattigen Räumlichkeiten des Palastes betreten und war aus der glutheißen Sonne heraus! In Manchyr war der November immer besonders warm. Aber dieser November schien fest entschlossen, einen neuen Rekord aufzustellen.
Das Letzte, was wir gebrauchen können! Nicht noch zusätzlich zu allem anderen!, dachte er, während er forschen Schrittes den Korridor hinunterging. Wir haben weiß Langhorne genug andere Dinge, die überall im ganzen verdammten Fürstentum für genügend Hitze sorgen!
Bedauerlicherweise war Gahrvai in einer deutlich besseren Position, das zu beurteilen, als ihm lieb war.
Seiner ansichtig nahmen die Wachen vor der Tür zum Ratszimmer Haltung an. Kurz nickte er ihnen zu. So ließ er sie wissen, dass er diese militärische Geste der Höflichkeit durchaus zu schätzen wusste. Er kannte die beiden Soldaten. Sie hatten zu seiner Hauptquartier-Abordnung gehört, vor den ... Unannehmlichkeiten am Talbor-Pass. Das war der Hauptgrund, weswegen man sie für die Aufgabe als Leibwachen ausgewählt hatte. Im Augenblick war die Anzahl der Leute, denen er weit genug vertraute, sie mit einer Waffe in der Hand hinter sich zu ertragen, doch recht, nun ... eingeschränkt. Gelinde gesagt. Gahrvai trat durch die Tür, durch die man in den Garten gelangte.
»Es tut mir leid, dass ich zu spät bin«, sagte er, als sein Vater von seinem Gespräch mit dem Grafen Tartarian aufblickte. »Alyks neuester Bericht ist noch reingekommen, gerade als ich mein Arbeitszimmer verlassen wollte.«
»Sei unbesorgt«, gab sein Vater ein wenig mürrisch zurück, »viel hast du nicht verpasst! Weit sind wir heute wirklich nicht gekommen.«
Gahrvai wünschte sich, der säuerliche Tonfall wäre überraschend. Doch Sir Rysel Gahrvai, seines Zeichens Graf Anvil Rock, hatte ausreichend Grund, schlechter Laune zu
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