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Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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liegt, so wie die hier. Sie kann ganz leer sein oder verwüstet, egal – aber man spürt immer noch irgendwas... Ich finde, irgendwie sind solche Burgen immer noch lebendig – versteht ihr, was ich meine?«
    »Nö«, sagte Simon. Er schaute aus dem Fenster. Die Sonne stand schon sehr tief.
    »Ich glaub schon«, sagte Emily langsam. »Sie sind lebendig, weil man alles in sie hineininterpretieren kann. Mit einer Ruine kannst du irgendwie machen, was du willst. Man kann sich erträumen, wie es dort in der Vergangenheit war – als in ihr Menschen lebten, als sie noch nicht zerstört war. Und jeder kann sich was anderes vorstellen, wie es ihm gerade gefällt.«
    Marcus nickte. »Ja, aber es geht nicht nur um die Vergangenheit«, sagte er. »Es geht um uns. Wir sind jetzt hier. Wir haben die Burg erobert und müssen überlegen, was wir damit anstellen. Es gibt neue Burgherrn auf dieser Burg!«
    »Aber nicht mehr lange«, sagte Simon. »Wir haben noch’ne halbe Stunde, bevor es dunkel wird.«
    » Eine halbe Stunde? Wir haben noch nicht mal richtig angefangen, uns umzugucken!«
    »Du kannst gern länger bleiben, wenn du im Dunkeln runterklettern willst. Wie wär’s mit ein bisschen Hirn im Kopf?«
    Marcus stöhnte auf. »Warum mussten wir uns auch so spät treffen! Verdammt!«
    Simon zuckte die Achseln. »Was wir machen wollten, haben wir doch gemacht.«
    »Das war doch gerade erst der Anfang! Oh, Mann! Schaut doch mal -« Markus blätterte hastig die Broschüre durch und schlug sie in der Mitte auf. »Schaut doch mal hier auf den Plan, es gibt noch so wahnsinnig viele Räume und Treppen. Hier! Wir können noch nicht weg!«
    »Hey, Marcus, lass mal locker«, sagte Emily. »Was regst du dich so auf? Wir haben es Harris gezeigt; so was hat noch niemand gemacht -«
    »Wir hätten uns nicht so spät treffen dürfen! Daran bist du schuld, Em! Wären da nicht deine blöden Tanten gewesen, dann hätten wir uns viel früher treffen können, nicht erst um zwei, als es schon mitten am beschissenen Nachmittag war.«
    »Was kann ich für meine Tanten? Aber andere brauchen ewig, bis sie die Mauer hochkommen! Wenn Simon nicht gewesen wäre, dann hättest du immer noch wie ein Affe am Seil gebaumelt, als Harris um die Ecke bog, und er hätte uns alle geschnappt.«
    »Was fantasierst du dir da zusammen? Ich bin ganz allein hochgekommen.«
    »Du musstest praktisch hochgezogen werden!«
    »Zicke!«
    »Verpiss dich doch!«
    Simon stand unruhig am Fenster. »Hört auf«, sagte er genervt. »Lasst uns weg von hier. Macht jetzt keinen Spaß mehr.«
    Emily und Marcus atmeten tief durch. »Ich mein ja nur«, sagte Marcus mit ruhigerer Stimme und deutete auf den Grundriss der Burg, »schaut doch mal, da sind Gusslöcher eingezeichnet und all so was.«
    »Gusslöcher?«, fragte Simon.
    »Gusslöcher. Im Eingangsbereich. Die Verteidiger konnten da siedendes Öl herabschütten oder Feuerpfeile abschießen, wenn ein Feind das Tor gestürmt hatte. Stellt euch das mal vor! Die saßen ruhig da oben, im Raum darüber, und haben gewartet. Wenn einer kam, hat man einfach den Bottich mit Öl ausgekippt und tot war er!«
    Simon gab einen brummenden Laut von sich. »Das würde dir auch gefallen, was? Und wo sind sie, diese Löcher?«
    »Über dem Eingang. Wir müssten etwas suchen...«
    »Keine Zeit. Tut mir leid. Gehen wir, Em?«
    »Was?« Emily hatte den Kamin mit seinem nagelneuen Metallrost angestarrt. »’tschuldigung«, sagte sie langsam. »Ich hab grad nachgedacht. Wir... wir könnten es wirklich machen – hierbleiben, meine ich.«
    »Ja!«, rief Marcus. »Endlich habt ihr’s kapiert. Wir haben noch mindestens eine Stunde Zeit, um uns alles anzuschauen.«
    »Ich meine nicht heute…« Emily redete in demselben Tonfall weiter. »Wir würden uns im Dunkeln den Hals brechen. Ich meine beim nächsten Mal. Wir könnten Schlafsäcke mitbringen und Taschenlampen und was zum Essen und -«
    »Es ist mitten im Winter«, erklärte Simon.
    »Wir machen ein Feuer. Wofür gibt es den Kamin?«
    Ein verblüfftes Schweigen. Marcus und Simon mussten erst einmal verarbeiten, was sie da gehört hatten. Dann runzelte Simon die Stirn. »Man wird sehen, dass aus dem Kamin Rauch aufsteigt, und dann kommen alle hergerannt«, sagte er. »Ziemlich blöder Einfall, Em. Könnte glatt von ihm stammen.«
    Emily lächelte. »Wenn wir das Feuer erst nach Einbruch der Dunkelheit anzünden, wird kein Rauch zu sehen sein«, sagte sie. »Wir benutzen unsere Taschenlampen, dann machen

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