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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Roane?«
    »Es ist so, als stehe man vor ständig wechselnden Bildern. Manchmal ist es gut – manchmal kann es sehr schlimm sein.«
    »War es diese Welt für dich?«
    »Nein, nein! Hier …« Sie hatte die Tuben mit der Notration gefunden und schraubte den Verschluß ab, reichte eine Nelis und behielt die andere für sich, denn sie brauchten beide nun Kraft. Die Paste war noch geschmackloser als sonst, aber sie stillte den Hunger. Die leere Tube drückte sie flach, rollte sie zusammen und schob sie unter einen Stein.
    Den Himmel hatte nun die flammende Röte des Sonnenaufgangs ganz überzogen. Hatte sich Imfry während der Nacht anders besonnen, oder wollte er doch zur Höhle gehen? Er stand da und schaute hinüber zu den Hügelwellen.
    »Wir gehen in westlicher Richtung«, sagte er. »Dort drüben ist der Donnerberg, daneben Lhangs Bart …« Er bestimmte also die markanten Punkte der Gegend. Wie sollte er sie aber drunten im Tal erkennen, wo sie von Wäldern eingeschlossen waren? Das fragte sie ihn.
    »Wir sind nicht hilflos, Roane«, erklärte er ihr. Er drückte auf die breite Gürtelschnalle und zeigte ihr ein uhrähnliches Gerät. »Damit finden wir hier auf unserer Welt jeden Pfad. Aber jetzt …« Er bückte sich und suchte den Boden ab, bis er eine flache Stelle fand. Dort kniete er nieder, setzte mit kleinen Steinen einen dichten Kreis und glättete sorgfältig den Boden innerhalb dieses Kreises. Dann grub er mit den Fingerspitzen eine Reihe von Linien und Punkten hinein.
    »Für Wuldon und die anderen«, sagte er. »Sie wissen dann, in welche Richtung wir gegangen sind und daß wir einen Treffpunkt für später vereinbaren.«
    Die Sonne wärmte schon die Felsen, als sie sich auf den Weg machten. Roane wagte es kaum, die Augen vom Boden zu heben, und sie war froh, daß sie bei Nacht hinaufgegangen waren. Der Pfad führte sie im Zickzack zur Talsohle hinunter, wo Imfry sein Gürtelgerät zu Rate zog.
    Natürlich gab es keinen geraden Weg, dem sie hätten folgen können. Manchmal mußten sie umkehren und verloren damit Zeit. Es schien, als habe man die Jagd nach ihnen noch nicht aufgenommen, oder man suchte sie nicht in dieser Gegend. Sie sahen Vögel und ein paarmal auch andere Tiere, aber Menschen begegneten sie nicht.
    Meistens schweigen sie. Die Schulterwunde schien Imfry keine Beschwerden mehr zu machen. Roane genoß den Tag, der zwischen der Vergangenheit und einer mehr als ungewissen Zukunft lag. Sie beklagte sich auch nicht, weil Imfry nie müde zu werden schien. Ein paarmal legten sie eine ganz kurze Rast ein, und dann unterhielten sie sich.
    Er beschrieb ihr Reveny und die Welt Clio, soweit er sie kannte. Er erzählte von seinem Familiensitz in den Bergen, wo sie Corbs, schafähnliche Tiere mit dichtem, langhaarigem Wollfell, züchteten und an den Steilhängen Reben pflanzten, aus denen ein gehaltvoller, scharfschmeckender Winterwein gewonnen wurde.
    »Mein Bruder, der jüngere Sohn, ist dort der Herr. Seine Mutter war die zweite Frau meines Vaters und regierte so lange, bis mein Bruder erwachsen war. Im vorigen Jahr hat er in Urkermark den Treueid geschworen. Er ist ein guter, treuer Bursche und der Tochter von der Burg Hormford versprochen, die auf der anderen Talseite steht.«
    »Erbt hier der jüngere Sohn? Auf den meisten anderen Welten ist es der älteste.«
    »Wir halten das für vernünftig. Die ältesten Söhne eines Vaters sind meistens schon erwachsen und haben sich ihre Lebensaufgabe schon gewählt, wenn er dem Tod entgegensieht. Der jüngste Sohn hat seinen Lebensweg oft erst angetreten und muß nun auf die Hilfe des Vaters verzichten. Deshalb haben wir diese Erbregelung. Ich wurde bei Hof erzogen, denn meine Mutter …« Er bohrte nachdenklich mit dem Absatz ein Loch in die weiche Erde. »Mein Vater hatte allen Grund, davon überzeugt zu sein, daß es mir einmal gut gehen würde. Meine Schwester wurde schon sehr jung an den Sohn seines besten Freundes verheiratet, dem Marschall Ereck. Und was hast du alles erlebt, Roane?«
    »Ich habe wenig zu erzählen. Meine Eltern sind lange tot, und ich wurde in einem Waisenhaus des Service erzogen, aus dem mich mein Onkel wegholte, nachdem er mich gründlich geprüft hatte. Erst dann wußte er, daß ich ein nützliches Mitglied seiner Gruppe werden könnte. Ja, so war es.«
    »Bist du vielleicht mit deinem Vetter verlobt?«
    »Mit Sandar?« Vielleicht ganz zu Anfang hatte sie einmal flüchtig an eine solche Möglichkeit gedacht oder von ihr

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