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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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    Sie überquerten die Straße und gingen in ein Lokal, das ein Schild als die Black Bear Lounge auswies. Die kaputte Neonreklame für Schaffer Bier über der massigen, von Holzwürmern zerfressenen Eichentür hätte Maura bereits einen Hinweis darauf geben müssen, was sie in dieser Bar vorfinden würden. Es handelte sich um eine dieser düsteren und muffigen Spelunken, die sich als Restaurant verkleiden und die man in jeder amerikanischen Kleinstadt findet: enge Sitznischen mit klobigen Holzblöcken als Tische, kitschige Tiffany-Lampen und Erdnussschalen auf dem Fußboden. Einige Kronleuchter aus Geweihen und über Kreuz angebrachte Schneeschuhe an den Wänden sorgten in der Black Bear Lounge für Lokalkolorit. Hauptsächlich war es ein Lokal für Collegestudenten, die hier ein paar Bier stemmen wollten.
    Okuda erwartete sie bereits am Eingang. Grove bat um einen Tisch im hinteren Teil der Bar. Eine füllige Blondine führte das Trio durch das malzbraune Interieur, während im Hintergrund die Rolling Stones in gewaltiger Lautstärke darüber nachdachten, warum brauner Zucker so besonders gut schmeckte.
    Sie setzten sich in eine Nische weitab von dem übrigen Publikum und bestellten ein Bier vom Fass für Okuda, ein Glas Pinot Grigio für Maura und einen Single Malt pur für Grove. Nachdem die Kellnerin die Getränke gebracht hatte, fragte Maura Grove rundheraus, wie lange er sie noch im Ungewissen lassen wollte. Wann würde er ihnen endlich von seinen Erkenntnissen berichten? Er trank einen Schluck und antwortete ihr, dass die Informationen, die er ihnen nun geben würde, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Dabei wandte er sich direkt an Maura. Ermittlern des FBI sei es eigentlich streng verboten, Tatsachen aus einer noch anhängigen Ermittlung weiterzugeben. Maura fühlte sich in die Defensive gedrängt. Sie war professionell und schützte ihre Quellen. Außerdem war es ziemlich abwegig, dass jemand von den Strafverfolgungsbehörden einen ihrer Artikel im Discover Magazine las.
    Nach einer langen Pause erzählte Grove ihnen schließlich von einer Mordserie, die er untersuchte. Anders als die meisten Serienmörder – in deren Taten psychosexuelles Zwangsverhalten oder Fetischismus erkennbar sind – war ihm dieser Täter auch nach sieben Morden ein völliges Rätsel. Der Fall war ohne Zweifel einer der schwierigsten, mit denen Grove es je zu tun gehabt hatte. Grove beschrieb die Art und Weise, wie der Killer seine Zufallsopfer jagte und sie dann mit einer scharfen Waffe, einem Speer oder einem Schwert ins Jenseits beförderte. Dann erklärte er – beinahe wie ein Lehrer, der seine Schüler über ihre ungenügenden Leistungen unterrichtet – in gedämpftem Tonfall minuziös, wie die Opfer nach ihrem Tod in Positur gebracht worden waren.
    «Mein Gott…», stöhnte Maura.
    «Das ist nur Zufall», platzte es aus Okuda heraus. Er fixierte Grove mit einem Funkeln in seinen dunklen Augen.
    Ulysses hob zweifelnd die Schultern. «Ich werde Ihnen die forensischen Fotos vom letzten Tatort zeigen. Sie werden sehen, dass die Positur des Opfers – der erhobene Arm, die Rückenlage und die Wunde im Nacken – genau mit jener der Mumie übereinstimmt. Und dann sagen Sie mir, ob das alles Zufall ist.»
    «Das ist doch nicht möglich, oder?», fragte Maura.
    Grove hob nur die Augenbrauen.
    «Wovon reden wir eigentlich?», wollte Okuda wissen.
    «Was meinen Sie?» Grove wusste nicht, worauf er hinaus wollte.
    «Na ja… Sie erzählen uns, dass Sie eine Reihe von Morden untersuchen, die alle ein ähnliches – wie sagen Sie noch dazu?»
    «Wir nennen es Signatur oder Muster», schob Grove ein.
    «Die Taten weisen also eine ähnliche Signatur auf, richtig? Das soll heißen, dass die Opfer so ähnlich aussehen wie Keanu.»
    «Nein, nicht ‹ähnlich›», korrigierte Grove den jungen Asiaten. «Die Art, wie die Opfer zugerichtet worden sind, ist identisch.»
    Ein kalter Schauer lief Maura über den Rücken. Seit Jahren hatte sie Rückhalt und manchmal auch Zuflucht in der sicheren Sphäre der Geschichte gefunden. Schmerz und reale Grausamkeit waren nur Abstraktionen für sie gewesen. Diese Recherche konfrontierte sie nun mit einer anderen Wirklichkeit; es ging nicht mehr nur um versteinerte Knochen und antike Funde. Die Geschichte der Mumie war mit grausamen Ereignissen im Hier und Jetzt verbunden. Das brachte die Journalistin aus der Fassung.
    Sie

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