bearbeitet hatte. Hier waren unsichtbare Kräfte am Werk, die jede Logik ad absurdum führten.
Das Schwindelgefühl begleitete Grove, seit er in der vorherigen Woche den Mord an dem Müllmann in Colorado untersucht hatte. Am Tatort war ihm gleich mehrere Male übel geworden. Er hatte es gegenüber den Ärzten in Denver verschwiegen – nicht nur aus Eitelkeit, sondern weil etwas Seltsames diese Anfälle begleitet hatte, das über einen gewöhnlichen Schwindel weit hinausging. Vor seinem inneren Auge hatte er eine Reihe von Bildern gesehen, die wie fremdgesteuert in seinen Kopf gelangten. Vielleicht waren es Fragmente seiner eigenen Erinnerungen gewesen. Grove wusste es nicht. Und genau das bereitete ihm große Sorgen. Das Gleiche hatte sich abgespielt, als er zum ersten Mal einen Blick auf den Eismann geworfen hatte. Wieder hatte ihn eine Flut von Bildern überfallen, die aus dem Nichts zu kommen schienen. Das Rätsel von Sun City enthüllte sich allmählich Schicht für Schicht. Ulysses spürte, dass etwas Unerklärliches den Ereignissen zugrunde lag. Mit jedem Geheimnis, das er löste, tat sich ein neues Mysterium auf. Ja, es gab eine Wahrheit, doch unter dieser Wahrheit verbarg sich ein anderes, dunkles Phänomen.
Ein Klopfen an der Tür riss Grove aus den Gedanken.
«Ja, herein!»
Terry Zorn betrat den Raum.
«Der Junge hat gesagt, ich würde Sie hier finden», sagte er in leicht verlegenem Ton.
Grove hatte seinen Partner nicht erwartet. Er brauchte eine Sekunde, um sich von der Überraschung zu erholen.
«Was zum Teufel machen Sie denn hier?», brachte Ulysses schließlich heraus.
«Wir müssen uns unterhalten.»
Grove stand auf. «Ich dachte, Sie sind in Vegas, um an dem Kenly-Fall zu arbeiten.»
«Ja, aber… ich habe… ich habe mir Gedanken gemacht.»
«Sie haben sich Gedanken gemacht. Tatsächlich?»
«Das, was ich zu Ihnen gesagt habe… dass Sie nur noch ein Witz seien, ausgebrannt und fertig und so weiter…» Zorn stockte, benetzte die Lippen mit der Zungenspitze und ließ den Blick durch den Raum schweifen, als hätte er Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden. «Ich wollte nur, dass Sie wissen… Ich habe jedes einzelne gottverdammte Wort absolut so gemeint, wie ich es sagte.»
Der Texaner brach in Gelächter aus.
Grove verdrehte die Augen.
Schließlich hatte sich Zorn wieder unter Kontrolle und sagte: «Okay, Sie brüten da also in Ihrem überschlauen Kopf etwas aus, das uns dem Täter näher bringen könnte?»
«Was wollen Sie, Terry?»
«Ich möchte nur helfen. Ich möchte an dem Fall mitarbeiten.» Zorn wurde wieder ernst. «Tut mir Leid, dass ich den Großkotz rausgehängt habe. Das war ein Fehler. Aber jetzt bin ich auf Ihrer Seite. Und ich würde diesen verdammten Fall genauso gerne abschließen wie Sie.»
Grove blickte ihn an. «Sie meinen das offensichtlich ernst.»
Zorn hob die Schultern. «Wenn Sie eine Theorie haben: Ich bin ganz Ohr.»
«Also gut. Aber nur unter einer Bedingung: Ich leite noch immer den Sun-City-Fall. Ich bestimme die Marschrichtung.»
«Einverstanden.»
«Sie werden mir Rückhalt geben, und zwar auf der ganzen Linie?»
«Ich freue mich, dass ich mit Ihnen zusammenarbeiten darf, Ulysses, wirklich.»
Nach einer längeren Pause deutete Grove auf das Aktenregal. «Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass sich der Hinweis auf den Sun-City-Täter irgendwo in diesen Ordnern befindet. Ich will Ihnen nichts vormachen, Terry, vor uns liegt eine Menge Schreibtischarbeit. Aber ich glaube, dass sich unser Mann in diesen Akten versteckt.»
Zorn setzte ein scharfes Grinsen auf. «Dann sollten wir uns an die Arbeit machen und diesem Hurensohn die Hölle heiß machen.»
Kapitel 7
Licht ins Dunkel
Maura County saß am frühen Morgen alleine in ihrem Hotelzimmer und blätterte durch die neuen Nachrichten in ihrem E-Mail-Postfach. Dabei stieß sie auf eine Nachricht ihrer Mutter:
Von:
[email protected] An:
[email protected] Datum: 17.3.05,10:12:57 a. m.
Betreff: Hallo, Liebling
Mein Schatz.
Ich möchte gerne an das Gespräch anknüpfen, das wir letzte Woche hatten (du erinnerst dich sicherlich daran; es ging darum, dich mit einem netten Mann zu verbandeln). Im Supermarkt habe ich gestern Roger Simonton getroffen, und der erzählte mir, dass sein Junge, Carl, jetzt schon fast das Jurastudium abgeschlossen hat. (Hört, hört!) Soweit ich verstanden habe, studiert Carl an der Loyola University in Chicago und hat den