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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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der Aufschrift »Tanumshede IF« an den Füßen trug.
    Plötzlich erschien ihm die Sache ungeheuer eilig, und er zog sich mit ungeschickten Fingern an. Beim ersten Versuch, das Hemd zuzuknöpfen, ging alles schief, und er fluchte, als er die Knöpfe wieder aufmachen und von vorn anfangen mußte. Dann begriff er mit einemmal, wie sein überstürzter Aufbruch gedeutet werden konnte, und setzte sich auf die Bettkante, nahm Ericas Hände in die seinen und sah ihr fest in die Augen.
    »Es tut mir leid, daß ich jetzt so losstürze, aber ich muß es einfach tun. Ich möchte nur, daß du weißt, das hier war die wunderbarste Nacht meines Lebens und ich kann es kaum erwarten, dich das nächste Mal zu sehen. Willst du, daß wir uns wiedersehen?«
    Was zwischen ihnen bestand, war noch immer sehr zerbrechlich, und er hielt die Luft an, um auf ihre Antwort zu warten. Sie nickte nur.
    »Dann komme ich wieder her, wenn ich mit der Arbeit fertig bin?«
    Erica nickte erneut zur Antwort. Er beugte sich vor und küßte sie.
    Als er aus der Schlafzimmertür ging, saß sie mit hochgezogenen Knien auf dem Bett, die Decke lose um ihren Körper geschlungen. Die Sonne schien durch das kleine runde Fenster der Dachschräge und schuf die Illusion eines Heiligenscheins um ihren blonden Kopf. Es war das Schönste, was er je gesehen hatte.
     
    Der Schnee war naß und drang hartnäckig durch seine dünnen Loafers. Die Schuhe waren besser für den Sommer geeignet, aber Alkohol war eine effektive Weise, die Kälte zu lindern, und bei der Wahl, ein Paar Winterschuhe oder eine Flasche Klaren zu kaufen, fiel ihm die Entscheidung nicht schwer.
    Die Luft war so frisch und rein und das Licht so spröde an diesem frühen Mittwochmorgen, daß Bengt Larsson ein Gefühl empfand, das er seit langem nicht verspürt hatte. Es glich beunruhigend dem Gefühl von Ruhe und Frieden, und er fragte sich, was an einem normalen Mittwochmorgen einen solch sonderbaren Eindruck hervorrief. Er blieb stehen und sog die Morgenluft mit geschlossenen Augen ein. Man stelle sich vor, das Leben könnte voll von solchen Morgen sein! Er wußte noch genau, wann er am Scheideweg gestanden hatte. Er konnte den Tag bestimmen, an dem sein Leben eine unglückliche Wendung genommen hatte. Wußte sogar die Uhrzeit zu nennen. Eigentlich hatte er alle Voraussetzungen besessen. Es gab keine Mißhandlung, auf die er es hätte schieben können. Auch keine Armut, keinen Hunger oder irgendwelchen gefühlsmäßigen Mangel. Schuld war ganz allein seine eigene Dummheit und sein viel zu großes Vertrauen in die eigene Vortrefflichkeit. Natürlich spielte auch ein Mädchen eine Rolle.
    Er war damals siebzehn Jahre alt, und da gab es nichts, was er tat, bei dem nicht irgendein Mädchen eine Rolle spielte. Aber dieses Mädchen war etwas Besonderes. Maud, mit ihrer üppigen Blondheit und ihrer angeblichen Bescheidenheit. Die auf seinem Ego wie auf einer gut gestimmten Geige spielte. »Bengt, Lieber, ich brauche nur …«, »Bengt, Lieber, könntest du mir nicht das besorgen …«. Sie hatte die Leine in der Hand, und er war gehorsam am Gängelband gegangen. Nichts war für sie zu schade. Er sparte alles Geld, was er verdiente, und kaufte ihr schöne Kleider, Parfüm, einfach alles, worauf sie zeigte. Aber sobald sie das bekam, worum sie so eifrig gebettelt hatte, warf sie es beiseite und bettelte um das nächste, was allein sie glücklich machen konnte.
    Maud war wie ein Fieber in seinem Blut, und ohne daß er es merkte, drehten sich die Räder immer schneller, bis er nicht mehr wußte, was oben und was unten war. Als er achtzehn wurde, beschloß Maud, daß sie mit ihm unbedingt in einem Cadillac Convertible herumfahren wollte. Der kostete mehr, als Bengt in einem ganzen Jahr verdiente, und er lag nächtelang wach und grübelte, wie er das Geld nur zusammenbringen sollte. Während er Qualen ausstand, machte Maud einen Schmollmund und gab ihm deutlich zu verstehen, daß er das Auto zu beschaffen habe, denn sonst gäbe es wahrhaftig andere, die sie so behandeln würden, wie sie es verdiente. Jetzt quälte ihn die Eifersucht in den angsterfüllt durchwachten Nächten, und am Ende ertrug er es nicht mehr.
    Am 10. September 1954, genau um 14.00 Uhr, betrat er die Bank in Tanumshede, mit einem Nylonstrumpf über dem Gesicht und ausgerüstet mit einer alten Armeepistole, die sein Vater all die Jahre zu Hause aufbewahrt hatte. Nichts lief so, wie es sollte. Das Bankpersonal hatte zwar eilig Geld in die Tasche

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