Die Eisprinzessin schläft
etwas aus ihrem Leben gemacht haben.«
Patrik fand, das klang mager. Es würde schwer werden, das, was Jan gesagt hatte, zu widerlegen, aber er glaubte ihm kein Wort. »Ich vermute, du hast von den erwähnten Anrufen nichts mehr auf dem Band?«
»Nein, leider.«
Jan legte die Stirn in tiefe Falten, um sein Bedauern auszudrücken. »Das ist von anderen Telefonaten überspielt. Leider, ich hätte gewünscht, dir helfen zu können. Aber wenn er wieder anruft, werde ich das Band selbstverständlich aufheben.«
»Du kannst sicher sein, daß Anders kein weiteres Mal hier anruft.«
»Ach ja, und wieso?«
Patrik konnte unmöglich feststellen, ob die verwunderte Miene echt war oder falsch. »Weil man Anders ermordet aufgefunden hat.«
Ein Stück Zigarrenasche fiel auf Jans Schoß. »Ist Anders ermordet worden?«
»Ja, er wurde heute morgen gefunden.« Patrik blickte Jan forschend an. Wenn er nur hören könnte, was jetzt in dessen Kopf vorging. Wieviel einfacher dann doch alles wäre. War dieses Erstaunen echt, oder war er nur ein hervorragender Schauspieler?
»Ist es derselbe Täter wie bei Alex?«
»Es ist noch zu früh, um darauf zu antworten.« Er wollte Jan noch nicht von der Angel lassen. »Du bist dir also ganz sicher, daß du weder Alexandra Wijkner noch Anders Nilsson kanntest?«
»Ich weiß nun wirklich recht gut darüber Bescheid, mit wem ich Umgang habe und mit wem nicht. Ich kannte die beiden vom Sehen, mehr nicht.« Jan war wieder er selbst, lächelte ganz ruhig.
Patrik beschloß, einen anderen Weg einzuschlagen. »In der Wohnung von Alex Wijkner wurde ein Artikel über das Verschwinden deines Bruders gefunden, den sie aus der >Bohuslän Tidning< ausgeschnitten hatte. Weißt du, warum sie interessiert gewesen sein könnte, einen Artikel darüber aufzubewahren?«
Wieder hob Jan die Hände und riß die Augen auf eine Weise auf, die besagte, daß ihm das völlig unverständlich war. »Hier in Fjällbacka war das vor ziemlich vielen Jahren das große Gesprächsthema. Vielleicht hat sie den Artikel aus reinem Interesse an Kuriositäten aufgehoben?«
»Vielleicht, ja. Was hältst du von diesem Verschwinden? Es gibt ja eine Reihe verschiedener Theorien.«
»Ja, ich glaube, daß Nils es sich in irgendeinem warmen Land gutgehen läßt. Mutter ihrerseits ist vollkommen davon überzeugt, daß ihm ein Unglück zugestoßen ist.«
»Standet ihr einander nahe?«
»Nein, das kann ich nicht behaupten. Nils war soviel älter als ich, und er war wohl auch nicht sonderlich begeistert, einen neuen Bruder zu bekommen, mit dem er sich Mamas Aufmerksamkeit teilen mußte. Aber wir waren auch keine Feinde, ich glaube, wir waren uns in erster Linie gleichgültig.«
»Es war nach Nils’ Verschwinden, daß du von Nelly Lorentz adoptiert worden bist, nicht wahr?«
»Ja, das stimmt. Ein Jahr später ungefähr.«
»Und damit bekamst du auch das halbe Königreich.«
»Ja, so kann man es vielleicht ausdrücken.«
Von der Zigarre war nur ein Stummel übrig und drohte, Jan die Finger zu verbrennen. Er drückte ihn abrupt in einem pompösen Aschenbecher aus.
»Daß es auf Kosten eines anderen geschah, ist nicht sehr angenehm, aber ich kann wohl behaupten, daß ich im Laufe der Jahre meinen Teil dafür getan habe. Als ich die Leitung der Konservenfabrik übernahm, ging es mit ihr bergab, aber ich habe den Betrieb von Grund auf umstrukturiert, und jetzt exportieren wir Konserven mit Fisch und Krustentieren in die ganze Welt, in die USA, nach Australien, Südamerika …«
»Was glaubst du, warum hat sich Nils ins Ausland abgesetzt?«
»Ich sollte das hier wohl eigentlich nicht erzählen, aber es war so, daß aus der Fabrik, kurz bevor Nils verschwand, eine ganze Menge Geld abhanden gekommen war. Außerdem fehlte einiges an Kleidung, ein Koffer und sein Paß.«
»Warum hat es wegen des verschwundenen Geldes keine Anzeige bei der Polizei gegeben?«
»Mutter hat sich geweigert. Sie behauptete, es müsse ein Irrtum sein und daß Nils so etwas nie tun könnte. Mütter, du weißt ja. Es ist schließlich ihre Aufgabe, nur Gutes von den Kindern zu denken.«
Eine neue Zigarre wurde angesteckt. Patrik fand, daß die Luft in dem kleinen Zimmer ziemlich verräuchert war, aber er sagte nichts.
»Übrigens, du möchtest nicht vielleicht eine? Es sind kubanische. Handgerollt.«
»Nein, danke. Ich bin Nichtraucher.«
»Schade. Du weißt nicht, was dir entgeht.« Jan studierte die Zigarre voller Genuß.
»Ich habe in unserem Archiv von
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