Die Eisprinzessin schläft
helfen?«
Erica fand, es sah ein bißchen riskant aus, wie Anna Adrian auf dem einen Arm balancierte und in der anderen Hand die Tasche trug, während Emma gleichzeitig darauf beharrte, sich ständig an ihr festzuhalten.
»Ach wo, das geht schon. Ich bin es gewöhnt.«
Anna verzog ihr Gesicht zu einem bitteren Lächeln, das Erica nur schwer zu deuten wußte.
Während Anna die Kinder hinlegte, beschäftigte sie sich damit, frischen Kaffee zu machen. Sie fragte sich, wie viele Kannen sie sich in letzter Zeit wohl zu Gemüte geführt hatte. Ihr Magen fing bestimmt bald an zu protestieren. Sie erstarrte mitten in der Bewegung, als sie gerade einen Meßlöffel Kaffee über den Filter hielt. Verdammt. Patriks Sachen lagen im ganzen Schlafzimmer verstreut, und Anna müßte bekloppt sein, wenn sie nicht zwei und zwei zusammenrechnen könnte. Annas spöttisches Lächeln, als sie ein Weilchen später die Treppe herunterkam, bestätigte ihre Vermutung.
»Ja, also, Schwester. Was hast du mir da nicht erzählt? Wer ist denn der Mann, dem es so schwerfällt, seine Sachen ordentlich aufzuhängen?«
Unfreiwillig errötete Erica. »Also das, ja das hat sich alles ein bißchen schnell ergeben, weißt du.«
Sie hörte, wie sie stotterte, was Anna noch mehr erheiterte. Ihre müden Züge glätteten sich, und einen Moment bekam Erica ihre Schwester so zu Gesicht, wie sie gewesen war, bevor sie Lucas kennenlernte.
»Nuun, und wer ist es? Hör auf zu brabbeln, und versorge dein Schwesterchen mit ein paar schnuckeligen Details. Du kannst zum Beispiel mit dem Namen anfangen. Ist es jemand, von dem ich schon gehört habe?«
»Ja, das hast du tatsächlich. Ich weiß nicht, ob du dich an Patrik Hedström erinnerst?«
Anna schrie entzückt auf und schlug sich auf die Knie. »Patrik! Klar erinnere ich mich an Patrik! Er ist dir ja immer hinterhergelaufen, wie ein Hündchen mit hängender Zunge. Hat er also endlich eine Chance bekommen …«
»Ja, ich meine, ich wußte ja, daß er, als wir jünger waren, ziemlich vernarrt in mich war, aber ich wußte wohl nicht, wie sehr .«
»Mein Gott, du mußt blind gewesen sein! Er war doch total in dich verschossen. Himmel, wie romantisch. Er hat sich also all die Jahre nach dir verzehrt, und dann guckst du ihm endlich tief in die Augen und entdeckst die große Liebe.«
Anna legte mit dramatischer Geste die Hand aufs Herz, und Erica konnte nicht anders, als über sie zu lachen. Das hier war die Schwester, die sie kannte und liebte.
»Na ja, ganz so ist es wohl nicht. Er ist nämlich in der Zwischenzeit verheiratet gewesen, aber seine Frau hat ihn vor einem guten Jahr verlassen, und jetzt ist er geschieden und wohnt in Tanumshede.«
»Was macht er? Aber sag jetzt nicht, daß er Handwerker ist. Dann werde ich so verdammt neidisch. Ich habe immer von richtigem Handwerkersex geträumt.«
Erica streckte ihr kindisch die Zunge raus, und Anna tat es ihr gleich.
»Nein, er ist kein Handwerker. Er ist bei der Polizei, wenn du es wissen willst.«
»Polizist, guck an. Mit anderen Worten ein Mann mit Gummiknüppel. Ja, das ist ja auch nicht so schlecht .«
Erica hatte fast vergessen, was für ein Lästermaul ihre Schwester sein konnte, und schüttelte nur müde den Kopf, während sie ihnen beiden Kaffee einschenkte. Anna, die hier zu Hause war, ging zum Kühlschrank, nahm die Milch heraus und goß sich und Erica einen Schluck in die Tasse. Das neckische Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, und Erica verstand, daß sie nun zu dem Grund kommen würden, weshalb die drei so plötzlich in Fjällbacka aufgetaucht waren.
»Ja, meine Liebesgeschichte ist vorbei. Endgültig. Das war sie wohl eigentlich schon seit vielen Jahren, aber erst jetzt habe ich es wirklich begriffen.« Sie verstummte und blickte traurig in ihre Tasse. »Ich weiß, daß du Lucas nie gemocht hast, aber ich habe ihn wirklich geliebt. Irgendwie ist es mir geglückt, die Tatsache, daß er mich schlug, wegzurationalisieren, er hat ja immer um Verzeihung gebeten und versichert, daß er mich liebt, früher jedenfalls. Ich habe mir wohl einreden können, daß es meine Schuld ist. Wenn ich nur ein bißchen besser sein könnte, als Frau, als Geliebte und als Mutter, würde er mich nicht schlagen müssen.«
Anna antwortete auf Ericas stumme Fragen. »Ja, ich weiß, wie absurd das klingt, aber ich war unheimlich gut darin, mich selber zu betrügen. Außerdem war er ein guter Vater für Emma und Adrian, und in meinen Augen entschuldigte das so
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