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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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oben an einer der Straßen, die steil zu den Bootshäusern am Wasser abfielen. Es war ein schönes altes Haus, aber es sah aus, als wäre es viele Jahre vernachlässigt worden. Bevor er an die Tür klopfte, atmete er tief durch, aber sobald seine Finger an das Holz gepocht hatten, war nur noch Professionalität gefragt. Keine persönlichen Gefühle durften sich einmischen. Er war Kriminalbeamter, und als solcher war er gezwungen, seine Arbeit zu machen, egal, wie der private Patrik sich zu der Aufgabe verhielt.
    Vera öffnete fast umgehend. Sie schaute ihn fragend an, aber trat gleich zur Seite, als er darum bat, hineinkommen zu dürfen. Sie ging ihm in die Küche voraus, und beide setzten sich an den Küchentisch. Patrik fiel auf, daß sie nicht fragte, was er wünsche, und einen Moment dachte er, daß sie es vielleicht schon wußte. Wie dem auch sein mochte, er mußte jedenfalls eine Möglichkeit finden, das, was er sagen wollte, so schonend wie möglich vorzubringen.
    Ruhig sah sie ihn an, aber er bemerkte dunkle Ringe unter ihren Augen, ein Zeichen der Trauer nach dem Tod des Sohnes. Auf dem Tisch lag ein altes Fotoalbum, und er vermutete, wenn er es öffnete, würde er Bilder aus Anders’ Kindheit sehen. »Vera, als wir uns das letzte Mal begegnet sind, geschah das unter äußerst traurigen Umständen, und ich möchte zu Anfang sagen, daß ich den Tod Ihres Sohnes wirklich bedaure.«
    Sie nickte nur zur Antwort und wartete schweigend, daß er weitersprach.
    »Aber auch wenn ich nachfühlen kann, wie schwer es für Sie ist, habe ich doch die Aufgabe, zu ermitteln, was mit Anders geschehen ist. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
    Patrik sprach deutlich wie zu einem Kind. Warum, wußte er nicht genau, aber er fühlte, daß es für ihn wichtig war, daß sie wirklich verstand, was er meinte.
    »Wir haben Anders’ Tod als Mord angesehen und auch nach einem Zusammenhang mit dem Mord an Alexandra Wijkner gesucht, einer Frau, die, wie wir wissen, eine Beziehung zu ihm hatte. Wir haben keine Spuren eines möglichen Mörders gefunden und sind auch nicht dahintergekommen, wie der Mord selbst abgelaufen ist. Wenn ich ehrlich sein soll, hat uns das großes Kopfzerbrechen verursacht, und keiner hat eine vernünftige Erklärung für den Hergang gefunden. Aber dann habe ich das hier in Anders’ Wohnung entdeckt.«
    Patrik legte die Fotokopie des Blattes vor Vera auf den Küchentisch, so daß sie den Text lesen konnte. Ein Ausdruck der Verwunderung glitt über ihr Gesicht, und ihr Blick ging mehrmals zwischen Patrik und dem Papier hin und her. Dann nahm sie es auf und drehte es um. Befühlte die Buchstaben mit den Fingern und legte es wieder auf den Tisch, noch immer voller Verblüffung.
    »Wo haben Sie das gefunden?« Ihre Stimme war ganz heiser vor Trauer.
    »Zu Hause bei Anders. Sie sind erstaunt, weil Sie dachten, Sie hätten das einzige Exemplar dieses Briefes mitgenommen, nicht wahr?«
    Sie nickte. Patrik sprach weiter: »Das haben Sie auch, eigentlich. Aber ich habe den Block gefunden, auf dem Anders den Brief geschrieben hat, und als er den Stift aufdrückte, hat dieser Abdrücke auf dem darunter liegenden Blatt hinterlassen. Die haben wir jetzt sichtbar machen können.«
    Vera lächelte bitter. »Ja, daran habe ich nicht gedacht, natürlich nicht. Pfiffig von Ihnen, daß Sie das herausgefunden haben.«
    »Ich glaube, ich weiß ungefähr, was passiert ist, aber ich möchte es gern von Ihnen hören, mit Ihren eigenen Worten.«
    Sie tastete einen Moment an dem Papier herum und befühlte die Worte mit den Fingerspitzen, als lese sie eine Blindenschrift. Ein tiefer Seufzer, und dann folgte sie Patriks freundlicher, aber bestimmter Aufforderung.
    »Ich bin mit einem Beutel voll Lebensmittel zu Anders gegangen. Die Tür war nicht abgeschlossen, aber das war sie fast nie, also habe ich nur ein bißchen gerufen und bin reingegangen. Es war still, totenstill. Ich habe ihn sofort gesehen. Es war, als würde mir in dem Moment das Herz stehenbleiben. Genauso hat es sich angefühlt. Als würde das Herz aufhören zu schlagen und in der Brust nur Stille herrschen. Er schwang leicht hin und her. Als gäbe es Wind im Zimmer, was, wie ich wußte, ja völlig unmöglich war.«
    »Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen? Oder den Krankenwagen?«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Mein erster Impuls war, zu ihm hinzustürzen und ihn irgendwie da runterzuholen, aber als ich ins Wohnzimmer kam, sah ich, daß es zu spät war. Mein

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