Die Eisprinzessin schläft
gesprochen, aber dann hat niemand sie vor Sonntag angerufen, es kann also auch am Samstag passiert sein. Ich habe sie zwar gegen halb zehn am Freitagabend zu erreichen versucht, aber Alexandra hat abends, bevor sie sich schlafen legte, oft einen Spaziergang gemacht, also könnte sie ebensogut unterwegs gewesen sein.«
»Der Gerichtsmediziner kann nicht mehr sagen, als daß sie seit ungefähr einer Woche dort tot gelegen hat. Wir werden selbstverständlich Ihre Angaben zu den Anrufen kontrollieren, aber es gibt einen Hinweis, der vermuten läßt, daß sie am Freitagabend irgendwann vor neun gestorben ist. Gegen sechs, was ziemlich umgehend nach ihrer Ankunft in Fjällbacka gewesen sein muß, rief sie einen Lars Thelander wegen des nicht funktionierenden Heizkessels an. Er konnte nicht sofort kommen, versprach aber, spätestens um neun am selben Abend vorbeizuschauen. Nach seiner Aussage war es Punkt neun, als er an der Tür klopfte. Niemand kam öffnen, und nachdem er eine Zeitlang gewartet hatte, fuhr er wieder nach Hause. Unsere Arbeitshypothese ist daher, das sie irgendwann im Laufe des ersten Abends nach ihrer Ankunft in Fjällbacka gestorben ist. Es ist schließlich unwahrscheinlich, vor allem wenn man bedenkt, wie kalt es im Haus gewesen sein muß, daß sie den Monteur, der nach dem Heizkessel sehen wollte, vergessen hat.«
Die Haare glitten wieder in Richtung seiner linken Schulter, und Patrik sah, daß Erica kaum den Blick von diesem Zirkus lösen konnte. Vermutlich beherrschte sie sich, um nicht zu ihm hinzustürzen und die Sache in Ordnung zu bringen. Jeder einzelne auf dem Revier hatte diese Phase durchlaufen.
»Um welche Zeit haben Sie mit ihr gesprochen?« Mellberg richtete die Frage an Birgit.
»Jaaa, ich weiß nicht genau.« Sie überlegte. »Irgendwann nach sieben. Etwa Viertel oder halb acht, glaube ich. Wir haben nur ganz kurz geredet, denn Alex sagte, sie hätte Besuch.« Birgit erbleichte. »Kann das … gewesen sein?«
Mellberg nickte feierlich. »Wirklich nicht unmöglich, Frau Carlgren, wirklich nicht. Aber das herauszufinden ist eben unsere Arbeit, und ich kann Ihnen versichern, daß wir all unsere Ressourcen einsetzen werden. Da es jedoch eine der wichtigsten Aufgaben bei unserer Arbeit ist, Verdächtige auszuschließen, seien Sie so nett und stellen Sie eine Liste über Ihren Zeitablauf am Freitagabend zusammen.«
»Wollen Sie, daß ich auch ein Alibi beibringe?« fragte Erica.
»Das ist wohl nicht nötig. Aber wir möchten, daß Sie genau über alles berichten, was Sie an jenem Tag, als Sie die Tote fanden, im Haus bemerkt haben. Sie können Ihre schriftlichen Aussagen an Assistent Hedström senden.«
Alle Blicke richteten sich auf Patrik, und der nickte bestätigend. Einer nach dem anderen erhob sich.
»Wirklich eine tragische Sache. Besonders auch im Hinblick auf das Kind.«
Die Blicke aller gingen zurück zu Mellberg.
»Das Kind?« Birgit schaute erstaunt zwischen Mellberg und Henrik hin und her.
»Ja, laut Gerichtsmedizin war sie im dritten Monat schwanger. Das kann ja wohl nicht direkt überraschend kommen.«
Mellberg grinste und zwinkerte Henrik schelmisch zu. Patrik schämte sich unglaublich für das taktlose Benehmen seines Chefs.
Henriks Gesicht erbleichte langsam, bis es der Farbe weißen Marmors entsprach. Birgit schaute ihn verwundert an. Erica war wie versteinert.
»Habt ihr ein Kind erwartet? Warum habt ihr das nicht erzählt? O Gott.«
Birgit drückte das Taschentuch gegen den Mund und weinte hemmungslos, ohne auch nur einen Gedanken an die Schminke zu verschwenden, die in Strömen über ihre Wangen lief. Henrik legte erneut beschützend den Arm um sie, doch über ihrem Kopf begegnete er Patriks Blick. Offensichtlich hatte er nicht die leiseste Ahnung gehabt, daß Alexandra ein Kind erwartete. Nach Ericas verzweifeltem Gesicht zu urteilen, war es indes genauso klar, daß sie es gewußt hatte.
»Wir reden darüber, wenn wir zu Hause sind, Birgit.« Henrik wandte sich Patrik zu. »Ich werde mich darum kümmern, daß Sie unsere schriftlichen Aussagen in bezug auf den Freitagabend erhalten. Sie werden uns wohl sicher etwas ausführlicher befragen wollen, sobald Ihnen die Angaben vorliegen.«
Patrik nickte erneut. Dann sah er Erica an und hob fragend die Brauen.
»Henrik, ich komme gleich. Ich möchte nur ein paar Worte mit Patrik wechseln. Wir kennen uns von früher.«
Sie blieb auf dem Korridor stehen, während Henrik Birgit zum Auto geleitete.
»Dich hier zu
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