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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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noch hinter sich bringen, damit sie zu ihren vergleichsweise trivialen Sorgen zurückkehren konnte.
     
    Die Papierstapel auf dem Schreibtisch waren in beeindruckende Höhen gewachsen. Es war erstaunlich, daß eine kleine Landgemeinde wie Tanum so viele Anzeigen über Verstöße zustande brachte. Zwar ging es zum größten Teil um Kleinigkeiten, aber jeder Anzeige mußte nachgegangen werden, und deshalb saß er jetzt vor einer Verwaltungsarbeit, die der einer Oststaatenbürokratie würdig gewesen wäre. Es hätte nicht geschadet, wenn Mellberg sich beteiligt hätte, statt den ganzen Tag nur auf seinem dicken Arsch dazuhocken. So wie es jetzt aussah, war er gezwungen, auch noch die Arbeit des Chefs zu erledigen. Patrik Hedström seufzte. Ohne einen gewissen Galgenhumor hätte er nicht so lange überleben können, aber in letzter Zeit dachte er immer wieder darüber nach, ob das hier wirklich der Sinn des Lebens sein konnte.
    Das große Ereignis des Tages würde eine willkommene Unterbrechung der täglichen Routine bringen. Mellberg hatte ihn gebeten, bei dem Gespräch mit der Mutter und dem Mann jener Frau anwesend zu sein, die man in Fjällbacka ermordet aufgefunden hatte. Nicht daß er das Tragische des Ganzen nicht begriff oder mit der Familie des Opfers nicht mitfühlen konnte, aber es war einfach so, daß bei seiner Arbeit nur selten etwas Spannendes passierte. Daher spürte er jetzt im ganzen Körper ein erwartungsvolles Kribbeln.
    In der Polizeihochschule hatten sie Vernehmungen trainiert, doch bisher hatte er nur Gelegenheit gehabt, derartige Fähigkeiten bei Fahrraddiebstählen und Körperverletzungen zu erproben. Patrik schaute auf die Uhr. Es war Zeit, sich in Mellbergs Büro einzufinden, wo das Gespräch stattfinden sollte. Um ein Verhör ging es rein technisch zunächst noch nicht, dennoch war dieses heutige Zusammentreffen durchaus wichtig. Er hatte gerüchteweise vernommen, daß die Mutter die ganze Zeit erklärt hatte, die Tochter hätte sich nicht das Leben nehmen können, und er war neugierig, zu erfahren, was sich hinter dieser, wie sich jetzt herausgestellt hatte, richtigen Behauptung verbarg.
    Er griff nach seinem Notizblock, einem Stift und der Kaffeetasse und ging damit den Korridor hinunter. Da er die Hände voll hatte, mußte er Ellbogen und Füße benutzen, um die Tür aufzubekommen, und daher entdeckte er sie erst, als er seine Sachen abgelegt und sich zum Raum umgedreht hatte. Den Bruchteil einer Sekunde blieb ihm das Herz stehen. Er war wieder zehn Jahre alt und versuchte, sie an den Zöpfen zu ziehen. Im nächsten Moment war er fünfzehn und bemühte sich, sie zu überreden, auf sein Moped zu steigen und mit ihm eine Runde zu drehen. Dann, als er zwanzig und sie nach Göteborg gezogen war, hatte er die Hoffnung aufgegeben. Nach schnellem Kopfrechnen kam er zu dem Schluß, daß es wohl mindestens sechs Jahre her war, seit sie sich das letzte Mal begegnet waren. Sie hatte sich nicht verändert. War groß und kurvenreich. Die lockigen Haare reichten ihr in mehreren blonden Nuancen, die sich zu einem warmen Farbton mischten, bis auf die Schultern. Schon als Kind war Erica eitel gewesen, und er konnte sehen, daß sie noch immer großes Gewicht auf die Details ihres Aussehens legte. Ihr Gesicht hellte sich verwundert auf, als sie ihn erblickte, aber da Mellberg ihn auffordernd ansah und erwartete, daß er sich hinsetzte, formte er mit den Lippen nur ein stummes Hallo.
    Es war eine ernste Gruppe, die er vor sich sah. Alexandra Wijkners Mutter war klein und dünn, behängt mit für seinen Geschmack viel zuviel schwerem Goldschmuck. Sie war perfekt frisiert und äußerst gut angezogen, aber sie sah mitgenommen aus und hatte dunkle Schatten unter den Augen. Ihr Schwiegersohn zeigte keine solche Zeichen der Trauer. Patrik schaute in seine Papiere mit den Hintergrundinformationen. Henrik Wijkner, erfolgreicher Unternehmer aus Göteborg, mit beträchtlichem Vermögen seit mehreren Generationen in gerader absteigender Linie. Das war zu spüren. Nicht nur wegen der kostspieligen Kleidung oder des teuren Aftershave-Duftes, der im Raum hing. Da war auch noch etwas schwer Definierbares. Die selbstverständliche Überzeugung, daß man das Recht auf einen vorderen Platz in der Welt hatte, die daher rührte, daß solche Leute nie irgendwelche Vorteile im Leben vermissen mußten. Obwohl Henrik angespannt aussah, konnte Patrik spüren, daß er die ganze Zeit der Ansicht war, die Situation unter Kontrolle zu

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