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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Stütze auf der Unterlage, und trank gierig in langen Zügen, bis kein Tropfen mehr in der Büchse war. Dann flog sie in weitem Bogen durch den Raum und landete mit einem Scheppern in der hintersten Ecke auf dem Boden. Nachdem das größte Verlangen für den Moment gestillt war, verschränkte er die Hände hinterm Kopf. Seine Augen starrten blicklos zur Decke, als er für ein Weilchen in einer weit zurückliegenden Zeit versank. Nur in der Vergangenheit konnte er hin und wieder etwas Ruhe finden. Zwischen den kurzen Momenten, in denen er sich in besseren Zeiten befand, schnitt ihm der Schmerz mit nicht nachlassender Intensität ins Herz. Es verwunderte ihn, daß ihm jene Augenblicke so fern und gleichzeitig so nah erschienen.
    In seiner Erinnerung strahlte immer die Sonne. Der Asphalt war warm unter den nackten Füßen, und die Lippen schmeckten ständig salzig vom Baden im Meer. Merkwürdigerweise erinnerte er sich nur an die Sommer. Nie an Winter. An keine grauen Tage. Keinen Regen. Nur an Sonne vom strahlend blauen Himmel und an eine leichte Brise, die den blanken Spiegel des Meeres zerbrach.
    Alex in sommerleichten Kleidern, die sich um ihre Beine schmiegten. Das Haar, das man ihr nicht abschneiden durfte und das ihr deshalb hell, glatt und lang auf den Rücken fiel. Manchmal war ihm sogar ihr Duft so stark in Erinnerung, daß er ihn in der Nase spürte: Erdbeeren, Salzwasser und Shampoo mit Wiesenlieschgras. Hin und wieder vermischt mit einem überhaupt nicht unangenehmen Schweißgeruch, wenn sie wie die Irren um die Wette geradelt oder auf den Felsen herumgeklettert waren, bis ihnen die Glieder kaum noch gehorchten. Dann legten sie sich rücklings auf den Kamm des Veddeberget, die Füße zum Meer zeigend und die Hände auf dem Bauch gefaltet. Alex in der Mitte zwischen ihnen, die Haare gelöst und die Augen zum Himmel gerichtet. Einige seltene, kostbare Male nahm sie ihrer beider Hände, und einen Augenblick lang war es, als wären sie alle eine einzige Person und nicht drei.
    Sie waren sorgfältig darauf bedacht, daß niemand sie zusammen sah. Das würde die Magie zerstören. Die Verzauberung wäre gebrochen, und die Wirklichkeit ließe sich nicht länger verdrängen. Die Wirklichkeit war etwas, das um jeden Preis ferngehalten werden mußte. Sie war grau und häßlich und hatte nichts mit der sonnendurchtränkten Traumwelt zu tun, die sie errichten konnten, wenn sie zusammen waren. Die Wirklichkeit war nichts, über das sie redeten. Statt dessen waren die Tage angefüllt mit simplen Spielen und trivialen Gesprächsthemen. Nichts durfte ernst genommen werden. So konnten sie sich einreden, daß sie unverwundbar, unüberwindlich und unerreichbar waren. Jeder einzelne für sich war ein Nichts. Zusammen waren sie »Die Drei Musketiere«.
    Die Erwachsenen waren nur periphere Traumgestalten, Statisten, die sich in ihrer eigenen Welt bewegten, ohne jeden Einfluß auf sie drei. Deren Münder bewegten sich, aber kein Laut war zu hören. Ihre Gesten und Mienen sollten wohl einen Inhalt haben, wirkten aber unecht und sinnlos. Aus dem Zusammenhang gerissen.
    Anders lächelte still bei der Erinnerung, aber langsam mußte er aus seinem katatonischen Traumzustand aufsteigen. Ein natürliches Bedürfnis machte sich bemerkbar, und zurückgekehrt in die eigene Angst, stand er auf, um dem Problem abzuhelfen.
    Das Toilettenbecken befand sich unterhalb eines mit Staub und Schmutz bedeckten Spiegels. Als er sich erleichterte, bekam er sich selbst zu Gesicht, und zum erstenmal seit Jahren sah er sich, wie ihn andere sahen. Die Haare waren fettig und verfilzt. Das Gesicht war bleich, die Haut hatte einen ungesunden, fahlen Ton. Jahre der Vernachlässigung hatten ein paar Lücken in die Zahnreihen gerissen, wodurch er um Jahrzehnte älter wirkte, als er tatsächlich war.
    Der Entschluß war da, ohne daß er sich eigentlich im klaren darüber war, ihn gefaßt zu haben. Während er unbeholfen den Hosenstall seiner Jeans schloß, wußte er, wie der nächste Schritt auszusehen hatte. Der Blick seiner Augen war unbeirrt, als er die Küche betrat. Nach kurzem Suchen in den Kästen fand er ein großes Küchenmesser, das er am Hosenbein abwischte. Dann ging er ins Wohnzimmer und nahm methodisch die Bilder von den Wänden. Eins nach dem anderen stellte er die Gemälde, die Resultate vieler Jahre Arbeit, auf den Boden. Er hatte nur jene Bilder behalten und hier aufgehängt, mit denen er wirklich zufrieden war. Viele andere hatte er ausgemustert,

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