Die Eisprinzessin schläft
Fischauflauf und Cidre. Im Müll war die Auflaufverpackung der Firma Findus gefunden worden, und auf dem Spültisch stand eine leere Cidreflasche. Das also scheint zu stimmen. Ein bißchen merkwürdig war allerdings, daß im Kühlschrank zwei ansehnliche Stücke Rinderfilet lagen und im Herd ein Kartoffelauflauf stand. Der Herd war allerdings nicht eingeschaltet, so daß die Kartoffeln noch immer roh waren. Auf der Spüle befand sich auch eine Flasche Weißwein. Die war geöffnet, und eineinhalb Deziliter fehlten. Das entspricht ungefähr einem Glas.« Patrik gab die Menge zwischen Daumen und Zeigefinger an.
»Aber in Alex’ Magen war kein Wein gefunden worden?«
Erica beugte sich interessiert vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie.
»Nein, genau. Weil sie schwanger war, hat sie statt Wein wohl Cidre getrunken, aber die Frage ist, für wen der Wein dann war?«
»Stand irgendwas in der Spüle?«
»Ja, ein Teller, eine Gabel und ein Messer, an denen Reste des Fischauflaufs klebten. Dann gab es zwei Gläser im Becken, die man ausgespült hatte. Das eine war voller Fingerabdrücke. Sie stammten von Alex. An dem anderen befand sich kein einziger.«
Patrik blieb hin und wieder stehen und setzte sich dann in den Sessel, der Erica zugewandt war, streckte die langen Beine aus und verschränkte die Finger vor dem Bauch.
»Was bedeuten muß, daß jemand die Fingerabdrücke abgewischt hat.«
Erica fühlte sich ungemein intelligent, als sie diese Schlußfolgerung zog, und Patrik war höflich genug, sich nicht anmerken zu lassen, daß er bereits daran gedacht hatte.
»Ja, so sieht es aus. Da die Gläser ausgespült worden sind, haben wir keine Reste des Schlafmittels finden können, aber ich vermute, daß Alex es mit dem Cidre aufgenommen hat.«
»Aber warum hat sie allein einen Fischauflauf gegessen, wenn sie in der Küche eine Supermahlzeit mit Rinderfilet für zwei in Arbeit hatte?«
»Ja, genau das ist die Frage. Warum überläßt eine Frau ein Festessen seinem Schicksal und wärmt sich statt dessen irgendwas in der Mikrowelle?«
»Weil sie ein romantisches Abendessen für zwei geplant hat, aber der Erwartete nicht gekommen ist.«
»Das ist auch meine Vermutung. Sie hat gewartet und gewartet, aber zum Schluß hat sie aufgegeben und nur rasch was aus dem Tiefkühler in die Mikrowelle gestopft. Ich verstehe sie, es macht nicht gerade Spaß, Rinderfilet allein zu essen.«
»Aber Anders ist doch zu Besuch gekommen, also kann sie kaum auf ihn gewartet haben. Was hältst du vom Kindsvater?« fragte Patrik.
»Ja, das ist wohl das wahrscheinlichste. Puh, wie tragisch. Da hat sie eine Supermahlzeit vorbereitet und Wein kalt gestellt, vielleicht, um die Sache mit dem Kind zu feiern, was weiß ich, und dann kommt er nicht, sie sitzt da und wartet und wartet. Die Frage ist nur, wer statt dessen gekommen ist?«
»Wir können den Erwarteten nicht ganz ausschließen. Er ist vielleicht noch gekommen, wenn auch spät.«
»Ja, das stimmt. Oh, ist das frustrierend! Wenn doch die Wände reden könnten!« Erica blickte bedeutsam im Zimmer umher.
Es war ein sehr schöner Raum. Er wirkte neu und frisch gestrichen. Als sie ein bißchen schnüffelte, konnte sie sogar noch den schwachen Geruch von Malerfarbe spüren. Die Wände waren in einer von Ericas Lieblingsfarben gehalten, einem hellen Blau mit einem Stich ins Graue. Davor hoben sich die weißen Fenster und weißen Möbel deutlich ab, und das Zimmer strahlte eine Ruhe aus, die sie verlockte, den Kopf an die Rückenlehne des Sofas zu legen und die Augen zu schließen. Das Sofa hatte sie bei House in Stockholm gesehen, doch bei ihrem Einkommen konnte sie von so was nur träumen. Es war groß und kuschelig, quoll irgendwie an allen Kanten über. Neue Möbel gingen in diesem Raum eine außerordentlich geschmackvolle Verbindung mit den Antiquitäten ein. Bestimmt hatte Alex die schönen alten Sachen gefunden, als sie damit beschäftigt war, das Göteborger Haus zu restaurieren. Die meisten der antiken Möbel waren im gustavianischen Stil gehalten. Erica hatte es Ikea zu verdanken, daß sie diesen Stil identifizieren konnte. Schon lange hatte sie den Wunsch, ein paar Möbel in diesem Stil aus deren neu produzierter Serie zu kaufen. Sie seufzte tief und neiderfüllt, bevor ihr wieder einfiel, weshalb sie in diesem Haus waren. Das ließ den Neid rasch verschwinden.
»So, du meinst also, daß jemand, der sie kannte, hergekommen ist - ihr Liebhaber oder sonstwer -, und sie haben
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