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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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und nahm ebenfalls nur auf dem äußersten Rand Platz, saß dort ganz still, allein die Hände bewegten sich nervös auf ihrem Schoß.
    »Es ist wichtig, daß wir jetzt auch weiter schweigen. Du verstehst das doch, oder?«
    Nellys Stimme klang fordernd. Vera nickte und hielt den Blick gesenkt.
    »Ja, ich kann nicht behaupten, daß ich diese Sache mit Alex bedauere. Sie hat bekommen, was sie verdient hat, und ich glaube, da stimmst du mir zu. Daß es diese Schlampe früher oder später erwischen würde, habe ich immer gewußt.«
    Vera reagierte auf Nellys Wortwahl, indem sie hastig aufblickte, aber sie blieb weiter schweigend sitzen. Nelly empfand große Verachtung für diese simple, fade Person, die keinen eigenen Willen mehr zu haben schien. Typisch kleine Leute mit ihrem gebeugten Nacken. Nicht, daß sie der Meinung war, es sollte anders sein. Trotzdem konnte sie nur Verachtung für diese Menschen empfinden, die weder Klasse noch Stil hatten. Am meisten brachte es sie auf, daß sie von Vera Nilsson abhängig war. Aber koste es, was es wolle, sie mußte einfach sichergehen, daß Vera schwieg. Das war früher möglich gewesen und mußte es auch jetzt sein.
    »Es ist unglückselig, daß alles so gekommen ist, aber jetzt ist es noch wichtiger, daß wir nichts Übereiltes tun. Alles muß weitergehen wie bisher. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, und es gibt keinen Grund, eine Menge oller Kamellen ans Tageslicht zu zerren.«
    Nelly öffnete die Handtasche und holte ein weißes Kuvert heraus, das sie auf den Wohnzimmertisch legte. »Hier ist ein bißchen zur Aufbesserung der Kasse. Nun nimm schon.«
    Nelly schob ihr das Kuvert hin. Vera nahm es nicht in die Hand, sondern schaute es nur an.
    »Die Sache mit Anders bedauere ich. Vielleicht aber war es ja das Beste, was ihm passieren konnte. Ich meine, im Gefängnis hat er schließlich nicht so leicht Zugang zu Alkohol.«
    Nelly verstand sofort, daß sie zu weit gegangen war. Vera stand langsam vom Sofa auf und wies mit zitterndem Finger zur Tür.
    »Raus!«
    »Aber liebe Vera, so darfst du es nicht .«
    »Raus aus meinem Haus! Mein Sohn wird nicht im Gefängnis sitzen, und du kannst dein verdammtes Scheißgeld einpacken und dich zum Teufel scheren, du elendes, verfluchtes Weibsstück! Ich weiß genau, woher Leute wie du kommen, und wenn du noch soviel Parfüm draufsprühst, der Scheißegeruch bleibt trotzdem hängen!«
    Nelly fuhr zurück vor dem blanken Haß in Veras Augen. Veras Hände waren geballt, und sie stand kerzengerade da und starrte Nelly direkt ins Gesicht. Ihr ganzer Körper schien vor jahrelang aufgestauter Wut zu vibrieren. Es gab keine Spur mehr von jener Unterwürfigkeit, die sie zuvor gezeigt hatte, und Nelly begann sich in dieser Situation äußerst unwohl zu fühlen. Wie konnte das Weib bloß so überreagieren! Sie hatte doch nur gesagt, wie es war. Ein bißchen Wahrheit muß der Mensch doch wohl ertragen. Nelly beeilte sich, zur Tür zu kommen.
    »Verschwinde von hier, und laß dich nie wieder blicken!«
    Vera jagte sie geradezu aus dem Haus, und kurz bevor sie die Tür krachend zuschlug, warf sie Nelly das Kuvert vor die Füße. Die mußte sich mühsam bücken, um es aufzuheben. Fünfzigtausend Kronen ließ man nicht einfach so auf der Straße liegen, egal, wie demütigend es sein mochte, daß die Nachbarn, die jetzt die Gardinen zur Seite zogen, sie praktisch im Dreck kriechen sahen. Was für eine undankbare Person! Nun, sie würde schon ein bißchen demütiger werden, wenn das Geld alle war und sie niemand mehr als Putzfrau nahm. Ihre Tätigkeit in der Lorentzschen Residenz war ein für allemal beendet, und es würde auch kein Problem sein, sie um die übrigen Aufträge zu bringen. Nelly würde dafür sorgen, daß Vera auf Knien zum Sozialamt rutschen mußte, bevor sie mit ihr fertig war. Niemand beleidigte Nelly Lorentz ungestraft.
     
    Ihm war, als würde er durch Wasser waten. Die Glieder waren schwer und steif nach der Nacht auf der Zellenpritsche. Der fehlende Alkohol gab ihm das Gefühl, als sei der Kopf mit Watte gefüllt. Anders blickte sich in der Wohnung um. Der Fußboden war voller Dreckspuren von den Stiefeln der Polizisten, die überall herumgetrampelt waren. Doch das kümmerte ihn wenig. Ein bißchen Dreck in den Ecken hatte ihn noch nie gestört.
    Er holte ein Sechserpack Starkbier aus dem Kühlschrank und warf sich rücklings auf die Matratze im Wohnzimmer. Öffnete das Bier mit der rechten Hand, den linken Ellenbogen als

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