Die Eissegler von Tran-ky-ky
dem Hafen selbst. Dann entdeckte er, was der Große meinte.
Auf halbem Wege zwischen der Eisfläche und der abgelegenen Hafenseite lag das eingedrückte Wrack ihres Rettungsbootes.
»Wie.?« begann Ethan.
September lächelte. »Balavere hat gesagt, daß er sich darum kümmern würde. Ich hab' ihm gesagt, das wäre eine vernünftige Vorsichtsmaßregel, wenn sie es behalten wollten. Also hat er ein halbes Dutzend Handelsflöße hinausgeschickt, um es herzuschleppen. Muß verdammt schwierig gewesen sein, es loszubekommen. Als es dann einmal frei war, ist es vermutlich ganz gut auf dem Eis gerutscht. Dem Himmel sei Dank für dieses Eis! Wenn sie es über raues Terrain hätten ziehen müssen, hätten sie es keinen halben Kilometer weit bekommen.«
»Ich frage mich«, meinte Ethan und wich einer langen Stange aus, die dazu bestimmt war, Belagerungsleitern von der Mauer zu stoßen, »ob Sagyanak überhaupt etwas davon weiß.«
»Nun, überraschen würde es mich nicht«, erwiderte September. »Man müßte meinen, die Sofoldianer hätten versucht, es vor den Augen des Gesandten zu tarnen. Aber wahrscheinlich meinen sie, daß es auf lange Sicht nichts ausmacht.«
»Sie meinen also, daß Olox es gesehen hat?«
»Lassen Sie sich bloß nicht von Äußerlichkeiten täuschen, Jungchen. Mag sein, daß der Bursche wie ein seniler Grizzlybär aussieht, aber Augen hat er wie ein Luchs. Ich habe ihn beobachtet. Während der Landgraf ihm Beleidigungen an den Kopf warf, hat er sich die Panzerung und die Haltung eines jeden einzelnen Ritters und Adeligen in der Halle angesehen. Wahrscheinlich hatte er sogar Zeit, den Prozentsatz von Metallwaffen zu zählen. Das ist ein Vorteil, den die Sofoldianer haben, vernünftige Vorräte an Bronze- und Eisenwaffen. Wenn wir das überstehen.« Er hielt inne. »Ich höre, Sie haben sich die Gießerei angesehen.«
Ethan nickte. Langsam bekam er von dem langen Marsch Atemnot. September schien das nichts auszumachen. Den Jüngeren ärgerte das unsinnigerweise, und er bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen.
»Dann wissen Sie ja, daß die genügend Hitze zur Verfügung haben. Viel mehr, als ich angenommen hatte. Guter Zugang zu Vulkanschloten und dann noch diese Windmühlen. Ich glaube, man könnte hier eine elektrische Schmiede aufbauen, hol's der Teufel! Man brauchte nur ein paar Teile aus dem Boot. Ja, wenn wir das hier überleben, dann hinterlassen wir den Sofoldianern vielleicht eine Methode, um Duralum zu bearbeiten. Ah, da ist er ja.«
Sie verlangsamten ihre Schritte. Hunnar lehnte an einer Zinne und starrte über das Eis. Sie überquerten vorsichtig den Eispfad, der mitten in der Mauerkrone verlief. Hunnar drehte sich zu ihnen um.
»Nun, meine Freunde, nicht mehr lange, dann werden wir ja sehen.«
»Schau nicht so betrübt. Was machen die denn?« fragte September.
Hunnar wandte sich ab. »Seht selbst.« Er trat zur Seite und bot den beiden Menschen ungestörten Ausblick auf das Eisfeld.
Zwischen den Flößen der Barbaren war wenig Weiß zu sehen. Das Eis war von hin und her laufenden glitzernden, vielfarbigen, pelzigen Körpern bedeckt. Schwerter, Schilde, Kürasse und Helme blitzten im Licht der Sonne wie der Nachthimmel. Die Horde verließ die Flöße.
»Vom Süden kommt Wind auf«, teilte Hunnar ihnen mit und blickte zum Himmel. »Ich rechne damit, daß ihre Hauptstreitmacht aus der Richtung kommt. Sie werden nach Westen abbiegen und uns angreifen. Der Hauptangriff wird hier stattfinden.«
Und tatsächlich begannen sich immer mehr Nomaden von der Hauptmasse zu lösen und gegen den Wind zu kreuzen.
Ethan sah, daß sie fast am Ende der Mauer standen. Der große Turm des Hafentores ragte unmittelbar links von ihnen auf, ein weiterer Wehrturm zu ihrer Rechten. Er sah sich um und blickte auf den Weg zurück, den sie gekommen waren. An der ganzen Mauer, die wie eine graue Schlange bis zur eigentlichen Burg reichte, herrschte Bewegung. Ritter postierten ihre Männer entsprechend der Bewegungen der Feinde, trafen letzte Vorbereitungen und erteilten Befehle.
»Werden sie nur diesen Mauerabschnitt angreifen?« fragte Ethan etwas besorgt.
»Das wäre unsinnig. Da sie uns zahlenmäßig so weit überlegen sind, werden sie die ganze Hafenbreite angreifen, in der Hoffnung, einen Punkt zu finden, wo wir uns zurückgezogen haben oder zumindest geschwächt sind. Sonst könnten wir ja unsere gesamten Streitkräfte hier konzentrieren und damit unsere Chance verbessern, sie zurückzuschlagen.
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