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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Erzgang seine Anziehungskraft unterhielten.
    Eigentlich nur durch Instinct war ich auf diese ziemlich annehmbare Art der Erklärung der merkwürdigen Erscheinungen gekommen. Es unterlag keinem Zweifel, daß wir uns in unmittelbarer Nähe eines Magneten befanden, dessen Anziehungskraft die ebenso schrecklichen wie natürlichen Wirkungen hervorbrachte.
    Ich theilte meinen Gedankengang den Andern mit, und auch ihnen schien dieser die nothwendige Erklärung der physikalischen Thatsachen, deren Zeugen wir waren, zu bieten.
    »Ich glaube, wir können uns ohne Gefahr dem Fuße des Bergstockes nähern, sagte der Kapitän Len Guy.
    – Ohne jede Gefahr, erwiderte ich.
    – Dort… ja… dort!«
    Ich vermag kaum den Eindruck zu schildern, den diese drei Worte auf uns machten, die Worte, die wie ein dreifacher verzweifelter Aufschrei – würde Edgar Poe sich ausdrücken – aus der übersinnlichen Welt herüberzutönen schienen.
    Dirk Peters war es, der sie ausgestoßen hatte, und sein Körper streckte sich dabei nach der Sphinx hin aus, als ob er, selbst zu Eisen verwandelt, von dem Magnete angezogen würde.
    Sofort stürmte er nach dieser Richtung zu und die Uebrigen folgten ihm über einen Erdboden hin, der mit schwärzlichen Steinen, Moränenschutt und vulcanischen Trümmern aller Art bedeckt war.
    Das scheinbare Ungeheuer wuchs noch, je mehr wir uns ihm näherten, ohne etwas von seiner mythologischen Gestalt zu verlieren. Ich vermag kaum die Wirkung zu schildern, die es, so allein über die ausgedehnte Ebene emporragend, auf Alle hervorbrachte. Es giebt eben Eindrücke, die weder Feder noch Worte wiederzugeben im Stande sind. Uns schien es – natürlich war das nur eine Täuschung – als würden wir durch die Kraft seiner magnetischen Anziehung buchstäblich nach ihm hingezerrt.
    Als wir den Fuß des seltsamen Bergstockes erreichten, gewahrten wir verschiedene eiserne Gegenstände, bezüglich der sich seine unsichtbare Kraft geltend gemacht hatte. Waffen, Werkzeuge, der Wurfanker von der »Paracuta« hingen, richtiger gesagt, »klebten« an seinem Abhange. Hier fanden wir auch die wieder, die aus dem Boote der »Halbrane« herrührten, wie die Nägel, Pflöcke, Dollen, den Beschlag des Kiels und die Eisentheile des Steuerruders.
    Die Ursache der Zerstörung des Bootes, das Hearne und seine Begleiter getragen hatte, konnte jetzt nicht mehr zweifelhaft sein. Von mächtiger Kraft aus seinem Curs abgelenkt, war es durch den Anprall an die Uferfelsen zertrümmert worden, und dasselbe Loos hätte die »Paracuta« ereilt, wenn sie nicht durch die Art ihrer Construction der unwiderstehlichen magnetischen Anziehung entgangen wäre.
    Auf die Wiedererlangung der Gegenstände, die am Abhange des Bergstockes hafteten, der Gewehre, Pistolen, Werkzeuge u. s. w. mußten wir von vornherein verzichten, weil sie hier viel zu fest gehalten wurden. Hurliguerly wurde ganz wüthend, sein Messer, das in einer Höhe von etwa fünfzig Fuß am Berge hing, nicht wiederbekommen zu können, und ballte die Fäuste, während er mit Stentorstimme dem »unbarmherzigen Ungeheuer« ein.
    »Spitzbube von Sphinx!« zurief.
    Es kann wohl niemand Wunder nehmen, daß sich hier keine anderen Gegenstände als die vorfanden, die entweder von der »Paracuta« oder von dem Boote der »Halbrane« herrührten. Jedenfalls war vorher noch kein Schiff bis zu dieser Breite des Antarktischen Meeres vorgedrungen. Hearne und seine Genossen zuerst, der Kapitän Len Guy und seine Gefährten nachher – das waren die Einzigen, die auf diesen Punkt des südlichen Continents den Fuß gesetzt hatten. Unbedingt wäre ja jedes Schiff, das in die Nähe dieses kolossalen Magnets kam, seiner völligen Zerstörung entgegengegangen, und unsere Goëlette hätte dasselbe Schicksal gehabt, wie ihr Boot, von dem nur noch formlose Trümmer übrig waren.
    Inzwischen erinnerte Jem West daran, daß es unklug wäre, unsern Aufenthalt auf dem »Sphinx-Lande« – diesen Namen sollte es behalten – unnöthig zu verlängern. Die Zeit drängte und die Verzögerung von nur wenigen Tagen konnte uns schon in die Zwangslage bringen, am Fuße der Packeiswand zu überwintern.
    Es erging also die Mahnung, nach dem Ufer zurückzukehren, doch da ertönte nochmals die Stimme des Mestizen. Dirk Peters stieß noch einmal die drei Worte oder den Aufschrei wie vorher aus.
    »Dort… ja… dort!«
    Als wir, dadurch verlockt, nach der andern Seite der rechten Tatze des Ungeheuers geeilt waren, sahen wir Dirk

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