Die Eissphinx
rothe Rüben, Zwiebeln, nebst Kürbissen und von Früchten Birnen, Pfirsiche und recht minderwerthige Weintrauben. Der Liebhaber der Vogelwelt hätte nichts anderes als Möven, Sturmvögel, Pinguine und Albatrosse zu jagen; weitere Vertreter hat ihm die Ornithologie von Tristan d’Acunha nicht zu bieten.
»Auf dem offenen Meere? Was meinen Sie damit?« rief der Ex-Corporal. (S. 102.)
Am Morgen des 5. September war es, als der hohe Vulcan der Hauptinsel sichtbar wurde – ein schneebedeckter Bergstock von zwölfhundert Toisen Höhe, dessen erloschener Krater ein kleines Seebecken bildet. Bei weiterer Annäherung am folgenden Morgen konnte man die breiten Ströme alter Lava unterscheiden, die einem Moränenfelde glichen.
Hier schwammen Streifen riesigen Meergrases auf der Wasserfläche, wirkliche vegetabilische Taue, die bei einer Länge von sechs-bis zwölfhundert Fuß zuweilen so dick wie eine Tonne waren.
Ich habe hier einzufügen, daß sich der Kapitän Len Guy an den drei Tagen nach dem Zusammentreffen mit der Eisscholle auf dem Verdeck nur zeigte, wenn er eine Höhenmessung der Sonne vornahm. Gleich nachher kehrte er in seine Cabine zurück, und nur beim Essen hatte ich noch Gelegenheit, ihn zu sehen. Es war unmöglich gewesen, ihn aus seiner Schweigsamkeit, die mehr völliger Stummheit gleichkam, zu erwecken. Selbst Jem West hätte hier nichts erzielt. Ich bewahrte die strengste Zurückhaltung, in der Meinung, die Stunde werde schon kommen, wo mir Len Guy von seinem Bruder William und von seinem Vorhaben, dessen und seiner Landsleute Rettung zu versuchen, sprechen würde. Diese Stunde war, wie ich hier wiederhole, in Anbetracht der Jahreszeit noch nicht gekommen, als die Goëlette am 6. September bei achtzehn Faden Tiefe Anker warf, und zwar an der Nordwestküste nahe der größeren Insel, bei »Ansiedlung«, im Hintergrunde der Falmouth-Bai, genau an der Stelle, die Arthur Pym in seinem Berichte als Ankerplatz der »Jane« bezeichnet hatte.
Ich sagte, der größeren Insel, denn die Gruppe von Tristan d’Acunha besteht auch aus noch zwei minder bedeutenden. Gegen acht Lieues im Südwesten liegt die Insel Inaccessible und etwa fünf Lieues im Südosten die Insel Nightingale. Der ganze Archipel ist etwa unter 37 Grad 8 Minuten südlicher Breite und 12 Grad 8 Minuten westlicher Länge zu suchen.
Die Inseln sind kreisrund. Auf der Karte ähnelt Tristan d’Acunha einem aufgespannten Regenschirm von fünfzehn Seemeilen Umfang, dessen nach dem Mittelpunkte zusammenlaufende Stäbe von den regelmäßigen Bergrücken dargestellt werden, die von einem centralen Vulcane ausgehen.
Die Gruppe bildet ein fast unabhängiges oceanisches Landgebiet, das von dem Portugiesen entdeckt wurde, der ihm seinen Namen beilegte. Nach einer Untersuchung durch Holländer im Jahre 1643 und einer durch Franzosen im Jahre 1767, siedelten sich hier einige Amerikaner zum Zwecke des Fanges von Seekälbern an, die an den Küsten in großer Menge vorkommen Natürlich folgten diesen bald die unausbleiblichen Engländer.
Zur Zeit, als die »Jane« hier gelegen hatte, »herrschte« ein früherer englischer Artillerie-Unterofficier über eine kleine Colonie von sechsundzwanzig Personen, die, nur im Besitze einer Goëlette von mäßigem Tonnengehalt, mit dem Cap Handelsverbindungen unterhielten. Bei unserer Ankunft hatte derselbe »Gouverneur«, namens Glaß, wohl schon gegen fünfzig »Unterthanen«, doch, wie Arthur Pym bemerkt, ganz »frei von jedem Eingriff der britischen Regierung«. Ein Meer, dessen Tiefe zwischen zwölf-und fünfzehnhundert Faden schwankt, umspült die Gruppe, neben der die südliche Aequinoctialströmung nach Westen hin verläuft. Im Allgemeinen sind hier regelmäßige Südwestwinde vorherrschend, während Stürme nur selten auftreten. Im Winter gelangen die treibenden Eisschollen oft bis zehn Grade über den Breitengrad der Gruppe hinaus, ohne St. Helena doch je zu erreichen – ebensowenig wie die großen Spritzfische (Wale u. dgl.), die zu warmes Wasser stets zu meiden suchen.
Die an den Spitzen eines Dreiecks liegenden Inseln sind von einander durch verschiedene, gegen zehn Seemeilen breite und bequem schiffbare Wasserstraßen getrennt. Ihre Küsten liegen frei, und dicht um Tristan d’Acunha hat das Meer schon hundert Faden Tiefe.
An jenen Ex-Unterofficier hatte sich nun die »Halbrane« nach ihrer Ankunft zu wenden. Der Mann erwies sich übrigens recht wohlwollend. Jem West, dem der Kapitän Len Guy
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