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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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vor die Linse gefallen war. Es konnte alles Mögliche sein.
    Alice hielt das Foto von sich weg, aus dieser Entfernung glich der Fleck einer menschlichen Gestalt mit Pluderhose, weißem Gesicht … Das konnte nicht wahr sein. Der Clown. Der Fleck auf dem Foto blieb verschwommen, und Alice erklärte sich das Phänomen damit, dass das menschliche Gehirn eben dazu neigte, aus der Unordnung Formen zu bilden. Es suchte nach vertrauten Bildern, die wir dann in völlig unzusammenhängenden Formen erkannten. Nur so war es möglich, dass wir in zufälligen Wolkenformationen Delphine und Gesichter erkannten. In Wirklichkeit existierten diese Formen nicht. Nur der Mensch baute sich diese Formen zurecht. Seine ganze Welt waren zusammengebastelte Formen. Wie die Natur dahinter aussah,das wusste kein Mensch. Hinter den Schleier der Maya konnte niemand blicken, schrieb Schopenhauer. Der Fleck auf dem Bild war nur ein Schleier, nur ein Schleier … Sie überlegte sich, ob sie Schopenhauer schon einmal begegnet war, ohne zu wissen, dass der berühmte Philosoph vor ihr stand, der seinen Hund »Mensch« schimpfte, wenn er etwas angestellt hatte.
    »Was gefunden?«, fragte eine laute Stimme aus der dunklen Ecke im Wohnzimmer. Alice hatte die Gestalt nicht bemerkt. Erst jetzt, als sie aus dem Halbdunkel vor dem Kachelofen trat, erkannte Alice den Kommissar. Sie fühlte sich wie eine Einbrecherin. Doch was hatte Engelhardt mitten in der Nacht im Haus ihres Großvaters zu suchen?
    »Du schaust so überrascht, kleines Mädchen, hast du jemand anders erwartet?«
    Alice schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich dachte ich, dass niemand im Haus von meinem Opa ist.«
    »Da hast du dich getäuscht. Ich bin noch hier, und wie ich sehe, habe ich nicht umsonst gewartet. Ich meine, es gibt doch einen Grund, warum du so spät in der Nacht in das Haus deines Großvaters kommst, oder?«
    »Es ist das Haus meines Großvaters. Ich brauche doch keinen Grund dazu. Warum sind Sie hier?«
    »Weil ich einen Mörder überführen will.«
    »Dann glauben Sie also nicht, dass mein Großvater das Mädchen umgebracht hat?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass ich einen Mörder überführen will.«
    »Sie haben die Sachen von meinem Großvater so durchwühlt und einfach auf den Boden geschmissen?«
    »Glaubst du, dass die Polizei so unordentlich ist?«
    »Keine Ahnung. Ich ziehe nur meine Schlüsse.«
    »Du bist ein kluges Mädchen«, sagte er und kam ins Licht.Er nahm das Fotoalbum in die Hand. »Kennst du die Leute auf dem Foto?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen antworten soll. Sie sind ja fest davon überzeugt, dass mein Großvater das Mädchen getötet hat. Daher ist es besser, wenn ich schweige.«
    »Wir sind hier nicht vor Gericht.«
    »Aber Sie sind Polizist.«
    »Wenn ich von der Schuld deines Großvaters hundertprozentig überzeugt wäre, glaubst du, ich wäre dann hier? In zwei Tagen ist Silvester. Meine Frau hat heute Abend Gäste eingeladen, Verwandte aus Hamburg, zum Käsefondue. Ich vertrage kein Käse-Fondue. Das liegt mir Tage im Magen. Dazu noch diesen süßen italienischen Wein. Da bleibe ich lieber im Büro, sagte ich mir. Ich hatte eine Unterhaltung mit deinem Großvater. Doch was er mir erzählte, klingt wie ein Hirngespinst auf einem Motorrad mit Düsenantrieb.«
    »Aber Sie sind trotzdem hier.«
    Engelhardt lächelte. Der Mann, der kein Käsefondue vertrug, konnte lachen. Doch Alice war weit davon entfernt, ihn sympathisch zu finden. Unfreundliche Menschen fand man leichter sympathisch, wenn sie plötzlich lächelten. So als hätte man unter der harten Schale plötzlich etwas Seltenes entdeckt. Man vergaß dabei, dass die widerliche Schale den Großteil des Menschen ausmachte. Engelhardt war so ein Schalentier. Ein Flusskrebs mit fetter Panzerung, riesigen Scheren, Knopfaugen und winzigem Gehirn.
    »Die Indizien sprechen gegen deinen Großvater. Sie sind schlichtweg erdrückend, so erdrückend, dass ich mich frage, wie diese Indizien gleich so plötzlich auftauchen konnten. Und die Sache wird auch nicht besser, dass ein anonymer Anrufer uns gestern über diese Dinge informiert hat und wo wir sie finden können.«
    Alice atmete auf. Der Flusskrebs mit Minihirn hatte offenbar weitergedacht als die Polizei und ganz Hintereck zusammen. Sie musste ihre Meinung über Flusskrebse revidieren.
    »Sie glauben also, dass Großvater in eine Falle gelockt wurde?«
    »Ich glaube noch gar nichts. Ich beobachte nur. Ich zähle nur

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