Die Eistoten: Thriller (German Edition)
Wunderland.«
»Ach ja, entschuldige, wie komme ich nur auf Lisa?«
»Was machen Sie hier? Wirtshausschlägereien fotografieren?«
»Nicht direkt. Ich schreibe an einem Artikel über ein paarspektakuläre Todesfälle.« Sie grinste und zog ein Notizbuch aus ihrer Tasche. »Ich bin der Sache mit den Toten vom 23. Dezember nachgegangen. Jakob Mulder war in der Tat auf etwas gestoßen.«
»Das habe ich Ihnen ja gesagt.«
»Nur brauche ich mehr Fakten.«
»Die bekommen Sie, mehr als Ihnen lieb sein wird, wenn Sie länger in Hintereck bleiben.«
»Keine Angst, ich bin eine wehrhafte Frau.« Die Redakteurin zog einen Pfefferspray aus ihrer Handtasche und einen Schlagring. »Den habe ich von meinem Bruder. Der hat als Türsteher gearbeitet, da braucht man so etwas.«
»Wo wollen Sie übernachten?«
»Na, im Hotel, wo sonst? Mit Blick aufs Tal. Das Zimmer habe ich schon. Als ich den Schlüssel an der Rezeption holen wollte, versperrten mir heute ein paar Polizisten den Weg. Da muss wohl ein Gast geklaut oder die Rechnung nicht bezahlt haben. Von den anderen Gästen erfuhr ich, dass es einen Toten gegeben haben soll. Eine Eifersuchtsaffäre, meinten die Gäste im Bademantel, die man nicht mehr auf ihr Zimmer ließ. Absperrband überall und so weiter … Von einem der Opfer habe ich ein richtig schönes Foto gemacht. Das wird mein Aufhänger für die Story. Leider war aus den Polizisten vor Ort nichts rauszubekommen. Weißt du, was da los war?«
»Wahrscheinlich ein Taschendieb.«
Ene mene muh und tot bist du …
Tom lag mit eingeschlagenem Schädel im Koma, und keinen schien es zu stören. Der Pfarrer verkroch sich hinter dem Beichtgeheimnis, und diese Journalistin wollte ihre Karriere mit dieser Story vorantreiben. Letztendlich sind wir nur Figuren in einer Geschichte für sie, unkenntliche Namenskürzel in einem Zeitungsartikel.
»Oder so … ja, so was wird es gewesen sein. Und wer hat dich auf das Muster gebracht, das den Morden seit über zehn Jahren zugrunde liegt?«
»Einfache Anwendung von Logik.«
»Logik … Aha, hast du das in der Schule gelernt?«
»So ist es … Was haben Sie herausgefunden?«
Die Journalistin holte einen Notizblock aus ihrer Tasche. »Sag mir, ob du einen der Namen kennst. Julia Zentner, Marta Blattner, Michaela Pfänder, Diana Momp, Helena Mirko, Irma Teffel, Lilo Boltner, Angelika Weginger, Ina Zugl und Emma Bratschneider.«
»Ina Zugl kam aus Hintereck.«
»Kannst du mir etwas über sie sagen?«
»Ina starb vor vier Jahren, erfroren. Man fand sie bei der Kirche.«
»Wart ihr Freundinnen, habt ihr zusammen gespielt?«
Habt ihr zusammen gespielt, äffte Alice in Gedanken nach. Ein paar Sätze für die Tränendrüsen der Leser. Die wollen so etwas hören. Sie sind erschüttert. Schlimm ist das, oh, so schlimm, und wechseln das Programm im Fernsehen, wenn es zu schlimm wird.
»Ich war sieben, als das mit ihr passierte. Was weiß ich, was vor vier Jahren war.«
Außer dass am 23. Dezember vor vier Jahren deine Mutter nicht nach Hause gekommen ist. Er hat sie dir genommen, einfach so, und keiner hat es gemerkt. Tragischer Unfall …
»Hätte ja sein können. Schließlich starb in diesem Jahr nicht nur Ina Zugl, sondern auch deine Mutter, oder?«
»Darüber will ich nicht reden.«
»Glaubst du, es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Tod von Ina Zugl und dem deiner Mutter?«
»Sind Sie taub oder was? Ich sagte, dass ich darüber nicht reden will.«
»Hör zu, Alice, ich glaube, dass Mulder da einer unheimlichen Mordserie auf der Spur war, und ich glaube außerdem, dass ihn seine Nachforschungen das Leben gekostet haben.«
»Ach, wie kommen Sie darauf?«
»Jakob Mulder war ein erfahrener Bergsteiger. Er war auf dem Mont Blanc, kletterte regelmäßig in den Dolomiten und verbrachte praktisch jedes Wochenende an irgendeinem Klettersteig. Und da soll er auf dem Grünten abgestürzt sein? Ich habe mir die Stelle angesehen, wo er abgestürzt ist. Das war unmöglich.«
»Vielleicht hat er Selbstmord begangen?«
»Über diese Möglichkeit habe ich auch nachgedacht, doch das passte nicht zu Mulder. In seinen alten Sachen, die er noch im Büro hatte, fand ich unter anderem einen Terminkalender. An seinem Todestag war er verabredet, und zwar auf dem Gipfel des Grünten.«
»Mit wem wollte er sich treffen?«
»Tja, das ist ja das Seltsame. Da stand der Name Georg Zugl. Doch Georg Zugl war zu diesem Zeitpunkt schon tot. Mulder wusste, was mit dem Vater von Ina Zugl geschehen
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