Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
berichtet hatte. Alle Augen im Raum waren auf die Königin gerichtet; der Aufmerksamkeit des gesamten Kronrats konnte sie sich sicher sein. »Es ist wohl unvermeidlich, und so habt Ihr auch meinen Segen bei dieser Entscheidung, auch wenn da ein Nachgeschmack bleibt, der mir nicht gefällt. Doch vielleicht muss auch eine Elbenkönigin irgendwann lernen, dass es manchmal nur die Entscheidung zwischen zwei Übeln gibt.«
»Da sprecht Ihr ein weises Wort, meine Königin«, erwiderte Prinz Sandrilas überzeugt.
Aber Ruwen starrte gedankenverloren ihren Sohn Magolas an, der ihrem Blick geflissentlich auswich.
Als bereits alle gegangen waren, nutzte Ruwen die Gelegenheit, noch einmal allein mit ihrem Sohn zu sprechen.
Ihre Stimme hielt ihn zurück, als er gerade im Begriff war, wie alle anderen den Raum zu verlassen. Er drehte sich um und musterte seine Mutter fragend.
»Ich möchte noch einen Moment deiner kostbaren Zeit in Anspruch nehmen, mein Sohn«, sagte sie, und der ironische Unterton war nicht zu überhören. Viele kostbare Dinge besaßen die Elben oder stellten sie selbst her. Aber Zeit gehörte ganz gewiss nicht dazu; die hatten sie in der Regel im Überfluss. So war es natürlich unsinnig, von »kostbarer Zeit«
zu sprechen, denn in Wahrheit war sie für einen Elben das Wertloseste, was sich denken ließ. Es war Magolas sofort klar, dass Ruwens Bemerkung eine bewusste Anspielung auf das Zeitempfinden der kurzlebigen Rhagar und damit auf sein Verhältnis zu Larana war.
Dies ärgerte ihn, und deshalb entgegnete er härter, als er es beabsichtigte: »Wenn Ihr mir einreden wollt, dass das Lächeln einer Rhagar-Frau für mich gefährlicher ist als der Fall von Aratan für das Elbenreich, dann verschwendet Ihr Eure vielleicht nicht ganz so kostbare Zeit, Mutter!«
Sie hob beschwichtigend die Hände. »Ich möchte dir nur etwas sagen und mich nicht länger mit dir streiten, Magolas.«
»Gut«, brummte er, seine harschen Worte gegenüber seiner Königin und Mutter bereits zutiefst bedauernd.
»Ich mache mir nach wie vor große Sorgen um dich. Ich habe dem Bündnis mit Aratan zugestimmt, nicht weil ich überzeugt davon wäre, dass es notwendig ist, sondern in der Hoffnung, dass sich die Verhandlungen dadurch nicht weiter in die Länge ziehen und die Delegation des aratanischen Königs bald wieder abreist.«
»Das ist schade«, antwortete er ihr bitter, »denn es zeigt, dass Ihr, die Ihr doch Jahrhunderte an der Seite Eures Geliebten lebtet, mir dies nicht einmal für einen Augenblick gönnt.«
»Weder ist es meine Absicht, deinen Zorn zu provozieren, noch dich zu verletzen, lieber Magolas. Versuch einfach, mich zu verstehen.«
»Ich würde es so gern, doch es ist mir unmöglich geworden«, sagte der Königssohn.
Eine Weile herrschte Schweigen. Ruwen wusste, dass sie Magolas nicht halten konnte.
»Ich hoffe sehr, dass ich mich irre, Magolas«, sagte sie schließlich.
Einige Tage zog sich der Aufenthalt des Königs und seiner Tochter in Elbenhaven noch hin. Magolas war bemüht, den Gedanken daran, dass Larana schon bald wieder das Flaggschiff des aratanischen Königs besteigen und zurück in ihr Land segeln würde, so gut es ging zu verdrängen. Er versuchte das zu tun, was die kurzlebigen Rhagar wohl seit jeher praktizierten: den Augenblick leben, ohne sich über Gebühr mit dem Gedanken an das Morgen zu belasten.
»Ich wünschte, wir könnten für immer zusammenbleiben«, sagte der Elbenprinz einmal, während sie das Lager teilten und Larana sich an ihn schmiegte; er spürte, wie sich ihr warmer Körper gegen ihn drängte und war sich vollkommen sicher, dass er darauf nie wieder verzichten wollte.
»Ihr werdet doch sehr bald nach Aratania nachreisen«, hauchte sie. »Der Bündnisvertrag sieht vor, dass elbische Truppen uns helfen.«
»Nun, es wird noch einiger Überredungskunst bedürfen, Prinz Sandrilas davon zu überzeugen, dass nicht er diese Truppen kommandieren wird, sondern ich«, befürchtete Magolas und strich Larana über das ungebändigte Haar.
»Warum müsst Ihr Sandrilas überreden?«
»Ich verstehe nicht, was Ihr meint, Larana…«
»Seid Ihr nicht der Thronfolger?«, fragte sie.
»Nun…«
»Der Stellvertreter Eures Vaters im Fall seiner Abwesenheit?«
»Gewiss.«
»Dann lasst Euch von Prinz Sandrilas nichts vorschreiben.
Folgt Eurem Herzen, Magolas, nicht der Konvention oder den Einflüsterungen von jemand anderem oder gar der Gewohnheit. Nur um eins bitte ich Euch.«
»Um alles,
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