Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
euer edles Ross zu schonen.«
Auf einmal wurden die grässlichen und für ein Elbengehör durchdringenden Schreie nahezu unerträglich laut, und plötzlich schälten sich dunkle Umrisse aus dem Nebel hervor.
Es waren die flügellahmen Riesenvögel!
An der Schrittfolge der Riesenvögel konnten die Elben hören, dass die Tiere sehr schnell liefen. Aber sobald sie das Elbenheer bemerkten, hielten sie inne.
Sie näherten sich vorsichtig und pickten ab und zu eine der Flügelschlangen aus dem Gras, die sich zischend wanden, aber wehren konnten sich die Reptilien nicht, denn gegen ihr Gift schienen die Riesenvögel immun zu sein. Zwar packten deren Schnäbel die Flügelschlangen nach Möglichkeit kurz hinter dem Kopf, aber nicht immer gelang dies, und dann bissen die Schlangen zu. Die schnabelbewehrten Räuber nahmen dies jedoch ausgesprochen gelassen hin; es schien, als wäre so ein Biss für sie noch nicht einmal schmerzhaft.
Die Riesenvögel überragten auch den größten Elben um eine ganze elbische Körperlänge. Die Schnäbel waren gewaltig und beherrschten optisch den gesamten Kopf. Man konnte sich gut vorstellen, dass die gefiederten Räuber damit ein ganzes Pferd packen und in der Mitte durchbeißen konnten. Der Schnabel war fast so groß wie der gesamte Kopf, die Augen befanden sich seitlich am Schädel, sodass diese Tiere nicht nach vorn sehen konnten, wenn sie den Kopf gerade hielten.
Sie stießen Laute aus, die wie schrille und sehr verzerrte Schreie von Elben oder Menschen klangen. Schreie, die den Elben durch Mark und Bein gingen.
Insgesamt ein halbes Dutzend dieser riesigen Tiere war aus dem Nebel aufgetaucht. Zögerlich wagten sie sich näher. Im hohen Gras zischte es laut; die Flügelschlangen hatten die Anwesenheit jener Geschöpfe, die offenbar gnadenlos und bei jeder Gelegenheit Jagd auf sie machten, bemerkt und suchten panikartig das Weite. Es mussten Tausende von Flügelschlangen unterschiedlichster Größe sein, die überall durch das hohe Gras krochen. Es machte fast den Eindruck, als würde der Boden lebendig.
Keandir bedeutete den Elben und Zentauren, sich nicht von der Stelle zu rühren. Er wollte eine Konfrontation mit den Riesenvögeln vermeiden, aber gleichzeitig ging von den über den Boden kriechenden Flügelschlangen eine erhebliche Gefahr aus, sodass es besser war, erst einmal abzuwarten, wohin sich dieses Getier wendete. Eigenartigerweise flohen sie alle in eine Richtung. »Als ob sie sich verständigt hätten«, raunte Siranodir mit den zwei Schwertern.
»Vielleicht haben sie das«, meinte Eónatorn der Kriegsheiler.
»Was wissen wir schon über die Sinne dieser Geschöpfe. Sie sind uralt und mit nichts zu vergleichen, was man im Rest des Zwischenlandes finden kann.«
»Da kann ich Euch nur zustimmen«, sagte Damaxos. »Und deshalb sucht man dieses Gebiet auch besser nicht auf, es sei denn, man hat einen triftigen Grund dafür.«
Die Elben und Zentauren hatten die Hände an den Waffen und warteten ab. Hauptmann Rhiagon beorderte eine Kompanie von zwei Dutzend Einhandschützen nach vorn und ließ sie in einer Reihe Aufstellung nehmen. Thamandor zog seinen Flammenspeer aus dem Sattelfutteral und nahm alle notwendigen Einstellungen an der Waffe vor, um sie sofort einsetzen zu können, falls sich die Situation weiter zuspitzte.
»Ein Wort von Euch, mein König, und wir bekommen ein paar riesige Brathühnchen, mit denen wir das gesamte Heer sättigen könnten!«
»Haltet Euch ruhig bereit, aber wartet noch ab, werter Thamandor.« Die Riesenvögel wurden indessen immer mutiger. Vorsichtig näherten sie sich und pickten dabei die wenigen auf ihrer Flucht zurückgebliebenen Flügelschlangen vom Boden auf. »Da wir nicht wissen, wie lange uns der Flammenspeer mit seiner jetzigen Ladung zur Verfügung steht, sollten wir seinen Einsatz möglichst vermeiden«, erklärte Keandir. »Aber falls eine der Bestien angreifen sollte, so habt Ihr meine Erlaubnis, sofort Euren Flammenstrahl abzuschießen.«
Thamandor hob den Flammenspeer etwas an und meinte leichthin: »Ich weiß nicht, ob ich mir nicht wünschen sollte, dass einer dieser Riesenvögel angreift, damit ich ihm und all seinen Artgenossen eine Lektion erteilen kann.«
Thamandor hatte diese Bemerkung scherzhaft gemeint, doch den Humor des Königs schien er damit nicht getroffen zu haben, denn er erntete von Keandir dafür einen tadelnden Blick.
Der vorwitzigste der Riesenvögel machte noch einen Schritt nach vorn und verharrte
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