Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
standen, in der sogenannten Vorzeit Athranors. Es galt als eines von vielen Zeichen, zu dem auch die nicht mehr zu leugnende spirituelle Schwäche der elbischen Magier und Schamanen zählte.
»Es freut mich, Euch zu sehen, werter Magolas«, begrüßte sie den Elbenprinzen. »Es ist lange her, seit Ihr mich das letzte Mal aufsuchtet, was ja wohl nur bedeuten kann, dass Ihr bei guter Gesundheit wart.«
Magolas kam gleich zur Sache und sprach die Hofheilerin von Elbenhaven auf den Fall Eónatorn an.
»Es ist wahr, ich habe Eónatorn gegen Altersschwäche behandelt«, bestätigte die Heilerin. »Dazu gehörte die Einnahme verschiedener Essenzen ebenso wie die Anwendung von Heilmagie. Das Resultat war zufriedenstellend, und Kriegsheiler Eónatorn hat seitdem auch nicht mehr über irgendwelche Symptome dieser Art geklagt.«
»Wärt Ihr auch in der Lage, eine Menschenfrau von dieser Krankheit zu heilen?«
Die Heilerin sah ihn wissend an. Auch sie hatte an vielen der Empfänge und Bankette teilgenommen, die man für den König von Aratan und sein Gefolge auf Burg Elbenhaven abgehalten hatte. Allerdings hatte sie sofort bemerkt, dass zwischen Prinz Magolas und der Rhagar-Prinzessin zarte Bande geknüpft worden waren.
»Die Liebe zu einer Rhagar-Frau bringt Euch auf einen gefährlichen Weg, Magolas!«, sagte sie, noch ehe der Elbenprinz davon überhaupt ein einziges Wort hatte verlauten lassen.
»Aber es ist mein Weg, werte Nathranwen. Und das ist, wie ich mittlerweile erkannt habe, das Einzige, was zählt!«
Nathranwen sah ihn lange an und nickte schließlich. »Der Grund für Euer Begehr ist mir durchaus klar. Aber Ihr solltet Euch eins klarmachen: Eónatorn litt unter einer Krankheit, weil sein Körper einem für Elben unnatürlichen Maß des Verfalls unterworfen war. Die Rhagar-Prinzessin, für die Ihr in Liebe entflammt seid, ist nicht dafür geschaffen, länger als siebzig oder achtzig Jahre zu leben. Ganz wenige Rhagar erreichen das hundertste Lebensjahr, und kaum einem von diesen gelingt dies bei klarem Verstand. Es ist nicht nur eine Frage der körperlichen Verfassung oder einer Straffung der Gesichtshaut, sondern vor allem auch eine Anforderung an den Geist – eine Anforderung, der eine Rhagar-Frau kaum gewachsen sein dürfte.«
»Ihr meint, dass man nichts tun kann, weil sie sonst dem Wahnsinn verfiele?«
»Wir sind Elben, Magolas. Und für uns ist unsere lange Lebensspanne etwas Normales. Aber schau dich um!
Zentauren, Rhagar, Tagoräer… Wir sind die Ausnahme!«
»Es muss doch eine Möglichkeit geben! Und Ihr kennt die Literatur der Heilerzunft besser als irgendjemand sonst…«
»Ich bin gern bereit, Eure Prinzessin einer Behandlung zu unterziehen und nach Möglichkeiten zu forschen, wie man ihr helfen könnte. Aber ehrlich gesagt, bin ich in dieser Hinsicht wenig optimistisch.«
»Ich habe unsere Heilmagie immer für sehr mächtig gehalten«, sagte Magolas bekümmert. »Offenbar war das ein Irrtum.«
»Es tut mir leid, Magolas.«
»Das braucht es nicht, werte Nathranwen.«
5
IM LAND DER BESTIEN
Das Heer der Elben und Zentauren überquerte den Fluss Nor, der die Westgrenze Wilderlands darstellte. Die Tiere überschritten den Fluss an jener seichten Stelle, an der das Heer in der letzten Nacht gelagert hatte.
Der dichte Nebel verzog sich auch nach Sonnenaufgang nicht. Er schien wie eine dunstige Glocke über dem gesamten Land zu liegen. Die teilweise sehr eigenartigen Laute, die aus dieser grauen Wand hervordrangen, beunruhigten vor allem die Elbenkrieger, während die Zentauren das meiste davon aufgrund ihres nicht so empfindlichen Gehörs gar nicht mitbekamen.
Siranodir mit den zwei Schwertern wiederum beunruhigte vor allem der Umstand, dass die anderen Elben offenbar Laute vernahmen, die er selbst nicht mehr hören konnte. Jede aufgeschreckte Reaktion eines Elbenkriegers führte ihm deutlich vor Augen, wie sehr ihn die Verwundung behinderte, die er in der Schlacht um Turandir erlitten hatte.
Er ritt an der Seite des Königs. Gleich dahinter folgten Thamandor und Hauptmann Rhiagon, hinter ihnen wiederum die Zentauren Sokranos und Damaxos.
Mirgamir führte den Zug an, flankiert von den Bogenschützen Adrasir und Fadranon und gefolgt von Eskidor dem Hornbläser.
»Gebt ein Signal, dass die Krieger dicht beisammen bleiben sollen«, befahl König Keandir dem Hornbläser. »Der Nebel ist so dicht, dass wir uns ansonsten verlieren könnten.«
»Sehr wohl, mein König«, erwiderte Eskidor
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