Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Meerenge zwischen Elralon und Hochgond, die Hoch-Elbiana von West-Elbiana trennte. Aus dem Hafen von Elralon liefen weitere zehn Schiffe aus, um Magolas’ Flotte zu unterstützen, und aus Mittelhaven machte sich zur gleichen Zeit eine Flotte von vierzig Schiffen auf den Weg, die an der gesamten Küste Mittel- und Nieder-Elbianas zusammengezogen worden waren.
Der Wind stand günstig, und so erreichte Magolas mit seiner Flotte schon bald Burg Candor, die Residenz des Herzogs von Elbara. Die Elbenstadt, die sich um die Burg herum gebildet hatte und deren Stadtmauern ständig erweitert wurden, hatte inzwischen ganze von Rhagar bewohnte Viertel – Menschen, die sich auf der elbischen Seite der Aratanischen Mauer niedergelassen hatten.
Magolas legte mit seinen Schiffen im Hafen an, und man bemühte sich von Herzog Branagorns Seite her sehr, es den Gästen an nichts fehlen zu lassen. Branagorn selbst empfing den Kronprinz bereits an der Kaimauer, wie es sich gehörte.
Natürlich war der Herzog über die aktuellen Entwicklungen durch Boten genauestens informiert worden. So wusste er auch, dass König Keandir nach wie vor als verschollen galt und man annehmen musste, dass er während eines Feldzugs zum Schutz der nördlichen Herzogtümer vermutlich Richtung Wilderland gezogen war, um den Überfällen der Trorks ein für alle Mal ein Ende zu bereiten.
»Seid gegrüßt, Magolas«, sagte der Herzog mit einer Herzlichkeit, die durchaus etwas aufgesetzt wirkte. Branagorn hatte als einziger Elb den König bis in die geheimnisvollen, lichtlosen Höhlen begleitet, in denen damals der Augenlose Seher gehaust hatte. Und so hatte er nicht nur einmal mitbekommen, wie die finstere Kraft des Sehers in Keandir gefahren war und was in bestimmten Situationen mit den Augen des Königs geschah.
Er hatte seit dem Tod seiner geliebten Cherenwen keine neue Gefährtin mehr genommen, obwohl es viele Töchter aus guten elbischen Häusern gegeben hätte, die sich vom ihm angezogen fühlten. Doch der Herzog von Elbara hatte es vorgezogen, sich ganz seiner Aufgabe zu widmen, die darin bestand, sein Herzogtum gut zu regieren.
»Gibt es Neuigkeiten aus dem Süden?«, erkundigte sich Magolas.
Branagorn nickte. »In Aratan rüstet man sich für den Krieg, aber niemand glaubt dort daran, dass man die Südwestländischen wird abwehren können. Außerdem munkelt man von einem Komplott innerhalb der norischen Garde mit dem Ziel, den greisen König zu entmachten und einen der Offiziere an dessen Stelle zu setzen. Andere wiederum warten begierig darauf, dass der König stirbt.«
»Wir sind mit ihm verbündet und werden dafür sorgen, dass er auf dem Thron bleibt, solange genug Leben und Verstand in ihm sind, um Aratan regieren zu können«, erwiderte Magolas.
»Habt Ihr Euch schon einmal Gedanken darüber gemacht, was geschieht, wenn der König nicht mehr ist?«, erkundigte sich Branagorn.
Doch darauf blieb Magolas ihm die Antwort schuldig.
Stattdessen bot er Branagorn an, Gast zu sein auf seinem Flaggschiff und mit ihm gen Süden zu reisen, um sich an dem Feldzug zu beteiligen. »Der Seeweg ist einfach schneller und weniger beschwerlich, werter Herzog.«
»Ich danke für Euer Angebot, doch ich ziehe es vor, an Bord eines meiner eigenen Schiffe nach Aratania zu reisen«, erwiderte Branagorn höflich, aber bestimmt. »Was die Reise über Land betrifft, so habt Ihr recht – die sollte man sich nicht zumuten, wenn es zu vermeiden ist.«
Magolas’ Lächeln blieb dünn. Für einige Augenblicke herrschte Schweigen. Dann fragte der Königssohn plötzlich:
»Werden zu Eurem Truppenkontingent auch Rhagar gehören?
Rhagar, die in Elbara siedeln?«
»Aber gewiss. Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen einzuwenden.«
»Nein, natürlich nicht.«
»Die Rhagar von Elbara bevorzugen es übrigens, wenn man sie als Elbareaner bezeichnet. Ich würde an Eurer Stelle jede Geringschätzung ihnen gegenüber vermeiden, denn wir sind dringend auf sie angewiesen. Und obwohl sie nicht Jahrhunderte oder gar Jahrtausende Zeit haben, das Kriegshandwerk perfekt zu erlernen, beherrschen sie es doch ganz gut.«
Magolas blieb nur einen Tag in Candor; länger hielt es ihn nicht in der Residenzstadt des Herzogs von Elbara. So befahl er der versammelten Elbenflotte, nach Süden aufzubrechen.
Der stete Westwind ermöglichte eine gleichmäßige Fahrt, während die über hundert Schiffe über das zwischenländische Meer segelten.
Eine gewaltige Menschenmenge empfing die Elbenflotte
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