Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
verliert, werde ich nichts ändern können.«
»Ich erwarte nicht von Euch, dass Ihr einen Elb aus mir macht«, erwiderte der König von Aratan mit einer überraschenden Leichtigkeit in der Stimme.
»Ihr solltet Anstrengungen meiden und mehr Staatsgeschäfte delegieren«, schlug Nathranwen vor.
Der König lachte heiser. »Nein, das Einzige, was mich noch am Leben hält und daran hindert, einfach die Augen zu schließen und für immer einzuschlafen, ist die Tatsache, dass an meiner Existenz zurzeit die Existenz des ganzen Reiches hängt. Ich darf der Agonie nicht nachgeben und mich einfach zur Ruhe betten und nie wieder aufwachen.«
»So habt Ihr keine Angst davor?«, fragte die Elbenheilerin erstaunt.
»Nein.«
»Wir kennen ein Phänomen, das vergleichbar ist und früher sehr verbreitet war: den Lebensüberdruss. Die Erkrankten stürzten sich meist irgendwann in die Fluten des Meeres, um den Qualen des Lebens zu entgehen.«
Da schüttelte der alte Mann den Kopf. »Nein, dieser Vergleich trifft nicht zu. Mit Lebensüberdruss hat das, was in mir vor sich geht, nichts zu tun. Es ist die Pflichterfüllung trotz fortschreitender Schwäche. Aber dazu versteht Ihr vielleicht zu wenig von der Natur des Menschen – auch wenn Ihr vielleicht doch Lichtgötter sein mögt, wenn auch keine unverwundbaren.«
Die Medizin Nathranwens zeigte schon nach kurzer Zeit ihre Wirkung. Magolas, der ebenso wie Larana dabei gewesen war, als die Heilerin ihre Kunst angewandt hatte, erzählte dem König von der Stimmung, die er unter den Offizieren der Norischen Garde erkannt hatte. »Ich bitte Euch um eins: Legt Eure Bewachung in die Hände meiner Truppen! Ich stelle eine ganze Kompanie eigens dafür ab, Euch zu schützen, darunter die besten Einhandarmbrustschützen.«
»Ich soll meiner Garde misstrauen?«
»Ich bin überzeugt davon, dass von ihr die gegenwärtig größte Gefahr ausgeht.«
»Es gibt immer wieder Gerüchte darüber, dass sie von Agenten des Kaisers unterwandert sein soll. Aber ich kann und will das nicht glauben.«
»Ganz gleich, ob nun Agenten des Kaisers dahinterstecken oder es einfach nur die Unzufriedenheit mit Eurer Regierung oder gar der Machtdurst einzelner Offiziere ist – Ihr müsst mit einem Aufstand rechnen.«
Der König schüttelte den Kopf. »Wenn ich der Garde die Bewachung des Palastes entziehe, könnte genau dies den Aufstand erst auslösen, weil ich damit Männer beleidige, die mir seit Jahren treue Dienste leisten. Manche von ihnen dienen dem Königshaus von Aratan schon in der dritten oder vierten Generation.«
»Dennoch müsst Ihr durchgreifen, oder Euer Leben und alles, wofür Ihr Euch während Eurer Regentschaft eingesetzt habt, ist endgültig verloren!«
»Prinz Magolas hat recht, Vater«, mischte sich nun Larana ein. »Ihr solltet ihm mehr vertrauen als der Garde.«
Der König zuckte mit den Schultern. »Ausgeliefert bin ich anscheinend so oder so. Also sei es!«
Kurze Zeit später zogen sich Magolas, Larana und Nathranwen in einen anderen Teil der Burg zurück.
Nathranwen wandte sich nun an Larana. »Ich habe den Prinzen Magolas nicht als Kriegsheilerin begleitet«, erklärte sie. »Um ehrlich zu sein, bin ich eigentlich Euretwegen hier.«
»Meinetwegen?«, fragte Larana erstaunt. »Ich bin nicht krank!«
»Ihr tragt den Keim des frühen Todes in Euch. Das mag ein Kennzeichen Eures Volkes sein, aber Prinz Magolas sieht darin eine Krankheit, die geheilt werden sollte, und ich habe ihm versprochen, es wenigstens zu versuchen, auch wenn ich zugestehen muss, dass die Aussicht auf Erfolg nicht groß ist.«
Larana schüttelte den Kopf. »Ich bin jung! Gerade erblüht, würde man sagen, und nicht von Altersschwäche gezeichnet!«
»Ihr seht die Zeichen nicht. Das ist der Unterschied zwischen Euch und mir.«
Larana wandte sich an Magolas. »So bin ich Euch jetzt schon nicht schön genug? Das ist bedauerlich, mein geliebter Prinz.«
Magolas fasste sie bei den Schultern, denn sie schien ernsthaft betrübt. »Nein, so ist es nicht. Aber der Verfall ist Eurem Körper eingegeben, und früher oder später wird er sich bemerkbar machen. Doch vielleicht kann man dagegen etwas tun – und zwar bevor die Zeichen sichtbar werden! Danach dürfte es zu spät sein.«
»Ich werde Euch keine allzu großen Hoffnungen machen«, sagte Nathranwen. »Bei einem Elben ist es mir gelungen, die unnatürliche Altersschwäche zu heilen. Aber bei einem Rhagar ist sie Teil der Natur. Ich habe mich dennoch bereit
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