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Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Titel: Die Elben - 02 - Die Könige der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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die Bibliothek, in der Hoffnung, dort vielleicht seine geliebte Ruwen anzutreffen.
    Unterwegs traf er nicht auf einen einzigen Elben. Er schien vollkommen allein im Palas zu sein. Auch die Bibliothek machte einen verlassenen Eindruck. Von Ruwen keine Spur.
    Keandir war mittlerweile davon überzeugt, dass Magie am Werk war. Eine andere Möglichkeit kam für ihn nicht in Frage, denn dies war ganz bestimmt kein neuerlicher Albtraum. Eine unheimliche Schattenwelt schien die Wirklichkeit mit ihrer Magie zu überlagern und war real geworden.
    Er verließ den Palas und schritt über die Stufen des Portals in einen wie ausgestorben wirkenden inneren Burghof. Er durchquerte ihn, stieg eine steinerne Treppe empor zu einem der Wehrgänge und blickte hinaus auf den äußeren Burghof und die Stadt Elbenhaven. Nirgends war auch nur ein einziger Elb zu sehen. Völlig verwaist waren die normalerweise gut besetzten Befestigungsanlagen und die sonst so zahlreich frequentierten Plätze. Auch beim Hafen, in dem stets ein geschäftiges Treiben herrschte, rührte sich nichts. Die Schiffe zerrten im Rhythmus der Wellen an den Tauen, mit denen sie an den Kaimauern festgemacht waren, doch nirgends war jemand zu sehen, der mit einem von ihnen hätte in See stechen wollen. Selbst das Rauschen des Meeres schien nicht mehr vorhanden zu sein.
    Zuerst glaubte Keandir, dass der unerträglich laute Hufschlag es überdeckte. Aber das fein ausgebildete Gehör eines Elben war durchaus in der Lage, sich auf einzelne Geräusche innerhalb eines scheinbar chaotischen Klanggemischs zu konzentrieren. Und mit Erschrecken stellte König Keandir fest, dass da außer dem Hufschlag der herannahenden Reiter nichts anderes war. Kein Meeresrauschen, kein Wind, der leise um die Türme pfiff. Nicht einmal das Klappern eines Fensterladens.
    Keandir lief über mehrere Wehrgänge, bis er zwischen den Zinnen in Richtung des elbianitischen Hochlands schauen konnte. Dort glaubte er inzwischen den Ursprung des Hufschlags lokalisiert zu haben. Ihm war immer noch kalt, obwohl die Sonne schien. Deren Schein war ebenso wenig in der Lage, ihn zu wärmen, wie das Kaminfeuer im Königsgemach.
    Seine Augen verengten sich. Er konzentrierte sich auf einen bestimmten Punkt in den nahen Bergen. Eine Straße führte dort in das Binnenland von Hoch-Elbiana und mäanderte in Serpentinen die Hänge empor.
    Und da waren sie – Reiter, die im ersten Moment kaum mehr als winzige Punkte zu sein schienen. Aber der äußerst empfindliche Gesichtssinn des Elbenkönigs vermochte doch eine Einzelheit zu erfassen, auch wenn er sie mehr erahnte als tatsächlich sah. Es waren monströse, mit einer Doppelklinge ausgestattete Streitäxte, die jene Reiter mit sich führten.
    5
    KRIEGER DER DUNKELHEIT

    König Keandir rief die Namen seiner Getreuen, dabei erwartete er nicht mehr, Antwort zu erhalten, sondern nur eine letzte Bestätigung dafür, dass er vollkommen allein in Elbenhaven war.
    Welch mächtiger Zauber war nur in der Lage, die gesamte Bevölkerung aus der Hauptstadt der Elben verschwinden zu lassen? Aber Keandir sann auch über die andere Möglichkeit nach: Vielleicht war es umgekehrt, und nicht die Bevölkerung Elbenhavens war verschwunden, sondern ein Zauber hatte ihn in eine schattenhafte Sphäre versetzt, die gewisse Gemeinsamkeiten mit jener Welt aufwies, in der er zu Hause war.
    Der Hufschlag wurde geradezu unerträglich laut. Er dröhnte Keandir in den Ohren und quälte sein empfindliches Gehör.
    Außerdem spürte er die Anwesenheit von etwas sehr Altem, sehr Bösem und sehr Mächtigem.
    Durch Konzentration war es für den Elbenkönig möglich, den donnernden Hufschlag in den Hintergrund zu drängen, wodurch die gespenstische Stille, die ansonsten über allem schwebte, drückend auf seinem Gemüt lastete. Der Hufschlag war tatsächlich das einzige Geräusch, das zu hören war. Selbst die eigenen Schritte vernahm er nicht. In welch eine geheimnisvolle, lautlose Albtraumwelt war er nur geraten?
    »Vater!«, vernahm er eine Stimme hinter sich, und er wirbelte herum. »Den Namenlosen Göttern sei Dank!«
    Es war Magolas, der auf einmal vor ihm stand. Er musste aus dem Westflügel der inneren Burg gekommen sein. Seine Stimme klang vertraut und doch auf eine gewisse Art auch vollkommen fremd in dieser stummen Albtraumsphäre.
    Er schritt auf Keandir zu, die rechte Hand am Griff seines noch namenlosen Schwertes. Es war nicht zu hören, dass seine Stiefelsohlen den Boden berührten; abgesehen

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