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Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Titel: Die Elben - 02 - Die Könige der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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den Signalen nach, die den heulenden Wind übertönten, hatten mehrere Dutzend Trorks an verschiedenen Stellen die Mauern überwunden; sie waren mit den Stadtwachen in Nahkämpfe verwickelt.
    Innerhalb kürzester Zeit war Waffenmeister Thamandor wieder in voller Ausrüstung, während Isidorn und Keandir noch gar nicht zu Bett gegangen waren. Thamandor traf den Herzog und seinen König vor dem Portal des Palas, und Isidorn deutete auf den Flammenspeer, den Thamandor mit sich führte. »Der Einsatz dieser Waffe kommt innerhalb der Mauern Turandirs nicht in Frage«, gebot er. »Wir brauchen eine Stadt nicht zu verteidigen, wenn wir ohnehin zulassen wollen, dass sie zerstört wird!«
    Auf Thamandors glatter Stirn erschien eine tiefe Furche. Er schaute den Elbenkönig Hilfe suchend an, der in diesem Fall die höchste Autorität für ihn war. Doch Keandir unterstützte Isidorn. »Alarmiert den Hauptmann Eurer Garde Armbrustschützen«, verlangte er von Thamandor. »Sie werden die Trorks wieder aus den Gassen von Turandir vertreiben!«
    »Wie Ihr meint, mein König«, entgegnete der Waffenmeister kleinlaut und etwas gepresst; es war ihm deutlich anzusehen, dass er anderer Ansicht war. Die Garde der Einhandarmbrustschützen kommandierte Thamandor schon seit einiger Zeit nicht mehr selbst. Die Entwicklung neuartiger Waffen und die Überwachung der Produktion seiner Manufaktur ließen ihm dazu keine Zeit. So standen die Armbrustschützen unter dem Kommando eines überaus begabten Schülers des Waffemeisters. Er hieß Rhiagon, war ein Elbianiter aus Siranee und führte die Garde im Rang eines Hauptmanns. »Ich werde ihm Bescheid geben«, versicherte Waffenmeister Thamandor.
    »Und dann kehrt Ihr hierher in den Palas zurück«, bestimmte Keandir.
    Thamandor runzelte die Stirn. »Ihr glaubt, dass ich der Versuchung nicht widerstehen könnte, den Flammenspeer wider Eurer Weisung doch einzusetzen, mein König? Da unterschätzt Ihr meine Treue!«
    »Nein, Ihr missversteht mich, werter Thamandor«, erwiderte der Elbenkönig. »Ich möchte auf den Herzog Rücksicht nehmen, der die Ängste der Elben von Turandir sicher besser einzuschätzen weiß als ich. Aber falls eine Situation eintritt, in der wir doch noch gezwungen sein sollten, auf den Flammenspeer zurückzugreifen, möchte ich Euch und die Waffe in meiner Nähe wissen!«
    »Sehr wohl, mein König«, sagte Thamandor und verneigte sich leicht, bevor er sich entfernte.
    Keandirs Linke umfasste den Griff seines Schwerts Schicksalsbezwinger. Am liebsten hätte er sich selbst in den Kampf gestürzt. Es drängte ihn, etwas zu unternehmen und endlich dieses Gefühl der Lähmung abschütteln zu können, das seit der Schlacht an der Aratanischen Mauer ständig, wenn auch mehr oder weniger stark, sein Begleiter war. Er kam sich mehr denn je wie ein Spielball der Mächte des Schicksals vor, und nicht wie deren Herr und Meister. Der Name seines Schwerts erschien ihm in diesem Augenblick fast wie Ironie.
    »Kommt mit auf den Hauptturm des Palas!«, drang Herzog Isidorns Stimme in seine finsteren Gedanken, nachdem Thamandor gegangen war. »Das ist der höchste Punkt in Turandir und der letzte Rückzugspunkt, wenn Stadt und Burg erobert werden sollten.«
    »Ihr sagt das, als wäre diese Möglichkeit durchaus gegeben.«
    »Ich habe die Trorks kämpfen gesehen, mein König«, erklärte der Herzog düster, »und zweifle nicht an ihrem Willen, Turandir gegen alle Widerstände einzunehmen und vielleicht sogar dem Erdboden gleichzumachen.«
    Keandir folgte Isidorn den Turm hinauf über eine schmale Wendeltreppe. Von den Zinnen des Turms hatte man tatsächlich einen hervorragenden Blick über die Stadt. Die Luft war noch immer feucht. Gewaltige Wolkenberge verdeckten den Mond und den Großteil der Sterne, und Dunst quoll wie ein gespenstisches, amorphes Etwas durch die Stadt und stieg nach und nach aus den Gassen auf. Man konnte nicht viel erkennen, dafür aber umso mehr hören. Schmerzens- und Todesschreie und dass in der Nähe des Hauptstadttors gekämpft wurde.
    Nur im Süden und Südosten gab es freien Blick auf ebenes, karges Land, von dem bei Dunkelheit kaum Einzelheiten erkennbar waren. Von den anderen Seiten wurde Turandir von der Küste des Quellsees und den schroffen Felshängen der nordbergischen Gipfelketten begrenzt. Wie riesige, drohende Schatten wirkten diese Gipfel in so einer Nacht.
    Auch wenn es nicht mehr regnete, so hing doch so viel dunstige Feuchtigkeit in der Luft, dass

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