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Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Nemirowski
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entronnen war und von nun an das Recht hatte, im Feldherrnzelt zu wohnen.
    Sein Vater lehnte jede ärztliche Behandlung ab und behandelte sich mit erprobten Hausmitteln, die in Kräutertees und Gebeten zu den Schutzgöttern der Familie bestanden. Als die Wunde am Arm dennoch nicht heilte, schickte er Kylon, einen in Capri geborenen griechischen Seefahrer, der in seinen Diensten stand, mit einem kunstvoll geschmiedeten Silberarm nach Antium, zum Tempel des Äskulap, der bei den Römern als Gott der Heilkunst verehrt wurde. Kylon sollte den Silberarm auf dem Altar des Gottes niederlegen und dadurch für den Konsul Genesung erbitten. Während Kylon unterwegs war, verband Publius seinem Vater die Wunde. Er pflegte den Verwundeten so liebevoll und sachkundig, daß dieser am liebsten öffentlich verkündet hätte: Meine Genesung habe ich allein meinem Sohn zu verdanken! - Aber er schwieg, weil er den Zorn der Götter fürchtete.
    Wenn er mit seinem Sohn allein war, teilte er ihm häufig seine Überlegungen mit und weihte ihn in seine Pläne ein.
    „Die größte Sorge macht mir das Schicksal der Legionen, die ich unter dem Befehl meines Bruders Gnaeus auf dem Seewege nach Iberien geschickt habe", sagte er. „Es ist unwahrscheinlich, daß Hannibal sein gesamtes Heer nach Italien geführt hat. Er muß doch wissen, daß er bei den Iberern ebenso unbeliebt ist wie wir bei den Galliern. Aber wen hat er als seinen Stellvertreter in Iberien zurückgelassen? Und wie viele Truppen? Wird es Gnaeus gelingen, in Iberien Fuß zu fassen und die Iberer zum Kampf gegen Karthago aufzurufen?"
    Publius war auch dabei, wenn sich sein Vater von den Kommandeuren über die im Lager eingetroffenen Verstärkungen, über die Stimmung unter den Truppen und über die Bewegungen des Gegners Bericht erstatten ließ, wenn er gefangene karthagische Kundschafter verhörte und die Abgesandten des Senats empfing, die sich nach seinen Schwierigkeiten und Absichten erkundigten.
    Eines Tages kam Sempronius, der zweite Konsul, sichtlich erfreut zu seinem Vater ans Krankenbett.
    „Du kannst mich beglückwünschen!" rief er. „Meine Legionäre haben die numidischen Reiter, als diese einen Raubzug unternahmen, bis zum karthagischen Lager verfolgt. Da hast du Hannibals unbesiegbare Reiterei! Sie flohen wie die Hasen. Meine Legionäre triumphieren. Ich habe ihnen die Siegesgewißheit zurückgegeben."
    Der Vater machte ein ungerührtes Gesicht. Dieses Ereignis schien für ihn ganz unwichtig zu sein.
    „Jetzt brauchen wir nicht mehr zu zögern", fuhr Sempronius fort. 
    „Wir wollen unsere Heere vereinigen und den Feind gemeinsam schlagen."
    „Überschätze deinen Sieg in diesem Geplänkel nicht!" warnte Publius' Vater. „Du kennst Hannibal nicht. Er ist ein hinterlistiger, gefährlicher Feind. Wir müssen noch warten."
    „Warten? Worauf?" fuhr Sempronius hoch. „Auf den dritten Konsul mit seinem Heer oder darauf, daß die Gallier ganz und gar zum Feind überlaufen?" 
    Publius wußte, daß die Bemerkung über den dritten Konsul nichts als Spott war - es gab in Rom nach dem Gesetz nur zwei Konsuln. 
    „Vergiß nicht", erwiderte sein Vater gelassen, „daß ein Krieg nicht allein durch erfahrene, mutige Feldherren und ihre Heere entschieden wird, sondern auch durch andere Mächte. Ja, ich warte auf das, was du als dritten Konsul bezeichnest. Dieser Konsul wurde nicht vom Volke gewählt und vom Senat bestätigt. Dieser Konsul ist die Zeit, und seine Legionen sind die Tage, Wochen und Monate der Untätigkeit des feindlichen Heeres. Bedenke, daß Hannibal sich im Ausland befindet und daß es in Afrika keinen zweiten Hannibal gibt, der seinen Alpenübergang wiederholen und ihm Verstärkungen bringen könnte. Den Galliern wird bald die Lust vergehen, den gefräßigen karthagischen Heuschreckenschwarm zu füttern. Die Gallier sind ungeduldige Leute, sie wollen schnelle Siege sehen. Und wenn solche Siege ausbleiben, werden sie zu unseren Bundesgenossen."
    Unter widersprüchlichen Gefühlen lauschte Publius dem Streit der beiden Konsuln. Die klugen Einwände seines Vaters flößten ihm Achtung ein. Dennoch vermochte er als junger Kommandeur nicht zu begreifen, warum sein Vater sich nicht zur Schlacht stellen wollte, obwohl der Feind das Land verheerte und sich Rom unablässig näherte. 
    In den früheren Kriegen hatte Rom doch auch mit der Waffe in der Hand den Sieg errungen! sagte er sich. Zweimal stellten sich unsere Vorfahren dem König Pyrrhos zur Schlacht, und

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