Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Nemirowski
Vom Netzwerk:
weiter zurück. Dumpf hallten die Hufe über den steinigen Boden.
    Die Kundschafter hatten dem Konsul gemeldet, daß Hannibals Heer die Alpen überquert hatte und noch zwei Tagesmärsche vom Ticino entfernt war. Er staunte über den Wagemut dieses Mannes. Wer hätte annehmen können, daß Hannibal mit seiner Reiterei und seinen Elefanten die Alpen überqueren würde? Dadurch hatte er alle Pläne des Konsuls über den Haufen geworfen.
    „Mir blieb nichts anderes übrig", erklärte der Konsul seinem Sohn, der neben ihm ritt, „als mein Heer zu teilen. Die eine Hälfte habe ich nach Iberien geschickt - sie wird von meinem Bruder Gnaeus geleitet -, und die andere Hälfte habe ich auf dem schnellsten Wege nach Italien gebracht. Ich bin fest überzeugt, daß der Alpenübergang den Karthagern viel Kraft gekostet hat. Ich muß sie schlagen, bevor sie sich erholt und ihre gelichteten Reihen wieder aufgefüllt haben."
    Eine Meile von der Brücke entfernt bemerkte der Konsul eine dichte Staubwolke. Da er von der Richtigkeit der Meldungen seiner Kundschafter überzeugt war, nahm er an, daß sich in der Staubwolke Gallier befanden, die ihre Viehherden aus Angst vor feindlichen Übergriffen von den Weiden trieben. Erst als die Staubwolke nahe herangekommen und ein Rückzug nicht mehr möglich war, sah der Konsul, daß sich feindliche Reiterei darin verbarg. Es waren hagere, dunkelhäutige Männer, die zu sechsen nebeneinander ritten und mit ihren Pferden wie verwachsen waren. Angeführt wurden sie von einem etwa dreißigjährigen Mann mit schwarzem Ringelbart. Er trug einen funkelnden Panzer und einen langen Purpurumhang. Hannibal! durchfuhr es den Konsul, doch bevor er einen Befehl geben konnte, brachen die Numidier in ihr Kriegsgeschrei aus. Die Erde dröhnte unter den Hufen. 
    Die leichtbewaffneten römischen Fußsoldaten suchten angstvoll Schutz hinter der römischen Reiterei und trugen dadurch Verwirrung in ihre Reihen.
    Ein Befehl von Hannibal, und die Numidier änderten in vollem Galopp ihre Richtung und griffen die Römer in der Flanke an. Speere pfiffen durch die Luft. Entsetzensschreie und Schmerzensrufe waren die Folge. 
    Der junge Publius befand sich noch immer nahe bei seinem Vater. Er sah, daß dieser sein Pferd ruckartig anhielt, in unnatürlicher Bewegung den rechten Ellenbogen hochriß und langsam zu Boden glitt. Die römischen Kavalleristen bildeten einen engen Kreis um den Verwundeten. Aber ihre Reihen lichteten sich, und das Kriegsgeschrei der Numidier klang schon in allernächster Nähe. Da sprengte Publius in rasendem Galopp auf seinen Vater zu, riß den Verwundeten blitzschnell zu sich aufs Pferd und jagte mit ihm dem römischen Lager zu. Seine Wangen brannten, der Wind pfiff ihm um die Ohren, das Herz klopfte vor Aufregung. Rechts und links ritten schützend die Liktoren des Vaters. 
    Schon kam das römische Lager mit seinem Pfahlzaun in Sicht. Die Posten hoben den Balken, der das Tor ersetzte. Aus den anderen Toren marschierten schwerbewaffnete Infanterieeinheiten. Als die Numidier erkannten, daß sie die Flüchtlinge nicht einholen würden, machten sie kehrt.
    Behutsam ließ Publius seinen Vater vom Pferd gleiten und half ihm, sich auf einen Umhang zu legen, den ein Krieger auf der Erde ausgebreitet hatte. Der Legionsarzt kam, nahm dem Konsul die Rüstung ab und hob die blutgetränkte Toga, um ihn zu verbinden. 
    Der Konsul wandte seinem Sohn das bleiche Gesicht zu. 
    „Du hast nicht schlecht begonnen, mein Junge!" murmelte er. 
     
     
Überläufer
     
    Die Floßbrücke, die die Römer noch vor dem Gefecht über den Ticino geschlagen hatten, war unbeschädigt geblieben. Die Räder des Reisewagens ratterten über ihre Bohlen und rollten dann lautlos auf der regenfeuchten Erde weiter.
    Publius deckte seinen Vater, der eingeschlafen war, sorgsam mit der Toga zu und sprang von der Kutsche ab. Vor ihm lag der breite Po. Die mit düsterem Wald bestandenen Ufer wirkten so traurig, daß ihm die griechische Sage von dem unbesonnenen Phaethon einfiel, dem Lenker des Sonnenwagens, der einstmals mit seinem Gefährt am Po zur Erde herabgestürzt sein soll. Ob jene Pappeln, die sich dort über den Fluß neigten, vielleicht Phaetons Schwestern waren, die in Pappeln verwandelt wurden und seitdem Bernsteintränen über ihren Bruder vergossen?
    Publius vernahm dumpfe Schläge. Die Legionäre zerstörten die Brücke, weil der Feind sie nicht benutzen sollte. Publius wandte sich wieder der Kutsche zu. Der Vater war

Weitere Kostenlose Bücher